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  • Telekom enteignen

    telekomenteignen

    tldr: Eine trotz des Titels durchaus differenzierte Betrachtung über die Abschaffung der Flatrate und die Traffic-Drossel bei der Telekom

    Die Telekom hat angekündigt, bei Neukunden ungefähr ab dem Jahr 2016 die Bandbreite zu drosseln, wenn Kunden ein bestimmtes Datenvolumen überschreiten. Seitdem steht das Netz Kopf und sogar die Bundesregierung hat sich in dieser Frage eingeschaltet. Aber es gibt auf weniger aufgeregte Stimmen. Alles Hysterie?

    Abrechnung nach Volumen würde die Anbieter sogar antreiben, die Netze wieder weiter auszubauen, so eine These. Ein wenig ist das wie mit Strom-, Gas- und Wasseranbietern. Im Haus misst eine Uhr den Verbrauch, gezahlt wird nach Verbrauch, den jeder Nutzer ganz gut einschätzen kann. Wer nicht gerade seine private Hanfzucht im Keller mit 25.000 Lumen beleuchtet, wird nicht viel zu befürchten haben. Die „Bild“ kann einmal im Jahr neben steigenden Sprit-, Gas-, Wasser- und Strom-Preisen auch noch über gestiegene (oder gesunkene) Internet-Preise berichten.

    Ist dem wirklich so? Auch wenn nicht alles, was hinkt, ein Vergleich ist, finde ich die klassische Auto-Metapher viel passender: Man stelle sich eine Straße vor, auf der nach 75 gefahrenen Kilometern statt 100 km/h nur noch 2,34 km/h gefahren werden kann. Das Internet von dieser Seite zu betrachten, ist gar nicht so absurd, wie es auf den ersten Blick wirkt. Bei Strom, Gas und Wasser verbrauchen wir einen konkreten Rohstoff und dieser Verbrauch hat einen Preis. Im Internet verbrauchen wir keine Ressourcen, wir nutzen nur Leitungen, wie wir Straßen nutzen. Nur so konnte sich im Netz eine Kultur herausbilden, in der wir ohne Sorge vor Engpässen die Cloud nutzen oder Videos anschauen können. Drosseln wir den Traffic begründen wir eine Mangelkultur der Traffic-Sparsamkeit, dürfte das die deutsche Internetwirtschaft noch weiter zurückwerfen als sowieso schon.

    Vorratsdatenspeicherung

    Aber auch wenn man das anders sieht als ich, bleiben gewaltige Nachteile. Eine Drosselung des Traffics bedeutet auch, dass der Traffic kontrolliert werden muss. Die Telekom muss schließlich Rechnungen schreiben und ggf. auch beweisen, dass ein Teilnehmer zuviel Traffic verbraucht hat. Die gerade erst überwunden geglaubte Vorratsdatenspeicherung müsste durch die Hintertür wieder eingeführt werden einschließlich aller damit einhergehenden Probleme was staatliche Überwachung und das Abmahnunwesen betrifft (und es gibt sicherlich etliche Politiker, denen das durchaus passen würde.)

    Netzneutralität

    Ähnlich schwer wiegt der Eingriff in die – sorry, sperriges Wort – Netzneutralität. Warum das ein Problem ist: Die Telekom bietet mit „Entertain“ Fernsehen über das Internet an. Dieser Traffic wird nicht mit auf das verbrauchte Datenvolumen angerechnet und funktioniert auch nach Drosselung mit voller Bandbreite. Dummerweise enthält das Angebot einen Video-on-Demand-Dienst. Alle anderen Video-on-Demand-Dienste haben jetzt ein Problem. Wenn ich als Telekom-Kunde nämlich einen Film aus Apple iTunes, Amazon Lovefilm oder Maxdome von ProSiebenSat.1 ansehen will, kostet mich das meinen Inklusiv-Traffic. Die Telekom verschafft also seinem hauseigenen Dienst einen unlauteren Wettbewerbsvorteil. Auf die Dauer wird das dazu führen, dass nur noch große Konzerne mit eigenen Leitungen oder viel Geld in der Lage sein werden, trafficlastige Anwendungen anzubieten.

    Netzneutralität bedeutet im Endeffekt nur: Jeder kann im Netz gleichermaßen publizieren und Dienste anbieten, und das ist geil. Deshalb steckt auch hinter „Telekom enteignen“ mehr als platter Populismus. Bis auf kleine Ausnahmen bei den Kabelnetzen und einigen Stadtnetzen besitzt die Telekom die einst aus Steuergeldern mitfinanzierten Leitungen, auf denen sie dieselben Dienstleitungen anbietet wie ihre Konkurrenten, die keine eigenen Leitungen haben. Die einzig sinnvolle Möglichkeit, hier einen echten Markt mit Wahlmöglichkeit für die Endkunden zu schaffen, wäre eine vollständige Trennung von Netz und Diensten/Inhalten. Das Problem steckt weniger in der Drossel als in der Verquickung dieser beiden Geschäftsbereiche. Natürlich möchte ich den Fehler vermeiden, einen neuen staatlichen oder privaten Netzmonopolisten zu schaffen: Das Netz sollte meiner Meinung nach in mehrere Teilnetze zerlegt werden, die genossenschaftlich organisiert werden könnten und miteinander kooperieren sollten. Gleichzeitig ist es hier Aufgabe der Regierung und Parlamente, für Rahmenrichtlinien zu sorgen wie zum Beispiel Ausbauziele im ländlichen Raum, die dann auch in Kooperation mit Initiativen wie Freifunk umgesetzt werden könnten.

    Und nun?

    Bleibt die Frage, was schneller passiert: Dass die Telekom ihre Pläne durchführt und damit eine Kettenreaktion auch bei den anderen Providern auslöst, an deren Ende die Netzneutralität großflächig verloren geht, oder dass die Netzneutralität in Deutschland gesetzlich verankert wird. Vielleicht findet sich ja die eine oder andere Partei, die das fordert. Die Bundesregierung beschränkt sich derzeit auf Drohungen an die Telekom, allerdings ist das Machtverhältnis wohl ein anderes: Die Telekom leitet einen guten Teil ihrer Gewinne in den Staatshaushalt. Allein die Behauptung, die Drossel sei nötig, damit sie auch weiterhin einzahlt, dürfte genügen, um die Regierung von echten Konsequenzen absehen zu lassen. Am Ende wiederholt sich wohl nur, was noch jedem Medium passiert ist: Nach einer anarchistischen Phase in den ersten Jahren und Jahrzehnten begannen Konzerne (und gelegentlich Staaten oder öffentlich-rechtliche Anstalten) die Kontrolle über das Medium zu übernehmen. Es gibt starke Anzeichen dafür, dass es dem Internet ähnlich ergehen wird.

  • Links der Woche

    • Die Alternative für Deutschland:

      “Was mich aber doch faszniert ist, wie hier eine Alternative beworben wird ohne laut auszusprechen, was diese Alternative ist. Ich glaube nicht, dass sie vielen gefallen würde.”

  • A Forest

    Irgendwann stellte ich fest, dass Online-Dating kalt und seelenlos ist und einfach nichts bringt. Versandhauskatalogmentalität. Keine Tiefe. Ihr kennt das. An diesem Punkt war ich und wusste nicht, wohin mit meiner Libido. Also ging ich raus in den Wald. Ich hatte gehört, dass es ein ganz besonderes Erlebnis sein soll, einen Baum zu umarmen.

    Zunächst drückte ich mich ratlos am Waldrand herum. Nervös betrachtete ich die bemoosten Schönheiten, wie sie im Dunst herumstanden. Ich sehnte mich nach einem Tresen mit einem Glas Bier um mich daran festzuhalten. Ich bereute, das Rauchen aufgegeben zu haben, und scharrte mit den Füßen im Humus.

    In einiger Entfernung flog eine Mittvierzigerin in bunter Wolle und grauen Locken auf eine Birke zu. Die beiden waren sichtlich erfreut, einander zu sehen, umarmten sich herzlich und verschwanden bald im Dunkel des Gestrüpps. Nur ein kleines Juchzen war noch ein-, zweimal zu vernehmen.

    Ich indes traute mich nicht, eines der Waldgeschöpfe anzusprechen. Schüchtern vermied ich jeglichen Blickkontakt. Irgendwann ging ich unverrichteter Dinge wieder nach Hause, aber schon wenige Tage später trieb mich die Sehnsucht erneut hinaus in den Wald. Einige der Bäume erkannte ich gleich wieder. Allerdings standen sie kühl herum, ohne mich zu beachten. Ich gehörte sichtlich nicht dazu.

    Stundenlang lungerte ich herum, doch von Einsamkeit übermannt riss ich mich schließlich zusammen und näherte mich vorsichtig einem leicht verkrüppelten Ahorn. Er stand ein wenig abseits und wirkte auf den ersten Blick eher wie ein Strauch als wie ein Baum. Vorsichtig berührte ich sein Geäst. Sofort erstarrte er und schien zurückzuweichen. Er stand nicht auf Männer. Welch ein Faux-Pas! Ich war verwirrt. Ein solches Verhalten hätte ich mir selbst nicht zugetraut. Verschämt verbarg ich meine Erektion und ging.

    Zuhause setzte ich mich an den Computer. Stundenlange durchforstete ich die Online-Shops von Gärtnereien und holte mir dabei ein einen runter. Besonders stand ich auf ordinär geschminkte japanische Traubenkirschen. Nur ein letzter Funken Anstand hinderte mich daran, in eine Baumschule zu schleichen und mich dort an der Jugend zu vergehen.

    Doch eines Tages, wieder auf Streifzügen durch die Wälder, begegnet ich ihr. Zunächst bemerkte ich sie gar nicht, und fast hätte ich sie übersehen, wenn sie mich nicht mit ihrem Zweig angestupst hätte, als ich gerade dabei war, lüstern eine Kastanie zu betasten. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich in das Antlitz dieser rundlichen Fichte sah. Ich erwiderte ihr Lächeln und auf eine einladende Geste hin berührte ich vorsichtig einen ihrer Zweige und streichelte ihre weichen jungen Nadeln. Es piekste nur leicht, wenn ich ihren angenehm festen Stamm berührte.

    Was dann geschah, verlor sich im Dunst des Waldes unter schräg einfallenden Sonnenstrahlen. Nie werde ich vergessen, wie wir gemeinsam unter dem Dach der Farne Liebe machten. Niemals wieder werde ich etwas ähnliches empfinden wie die Sanftheit ihres harzigen Astlochs, als wir zärtlich uns vereinten. Niemals wieder wird meine Nase den köstlichen Duft verlieren, welchen sie verströmte. Noch heute weiten sich meine Papillen bei dem Gedanken an den delikaten Geschmack, wenn meine Zungenspitze sie erforschte. Ein warmes Gefühl von Verbundenheit ergriff mich, wenn mein Blick zufällig unter ihre unrasierten Achseln fiel.

    Ich könnte heute nicht sagen, ob es Tage, Wochen oder Monate waren, die ich fortan durch’s Leben schwebte. Wir dachten schon daran, zusammen zu ziehen, als unsere Romanze ein jähes Ende fand. Eines morgens lief ich durch den Wald, die Nase in den Wolken und das Glück im Herzen, als ich aus der Ferne kreischende Geräusche vernahm. Ich warf alles von mir und rannte so schnell ich konnte zu unserem Treffpunkt. Dort blieb ich wie angewurzelt stehen. Unsere schattige Höhle aus Farn, Geäst und Licht hatte sich in eine Wüste aus Baumstümpfen verwandelt. Ich verlor die Besinnung und drosch wahllos mit einem Holzprügel auf die Männer in ihren Sicherheitswesten ein, die gerade dabei waren, einen Stamm durch den Baumschäler zu jagen.

    Ein größeres Unglück konnte vermieden werden, weil drei kräftige Förstereimitarbeiter mich festhielten, bevor es mir gelang, die Motorsäge in Betrieb zu nehmen. Blind vor Tränen rief ich nach meiner Angebeteten. Ich schrie ihren Namen in den Himmel hinaus.

    Doch sie war nicht mehr da.

    Drei Tage später meldete ich mich dann wieder Okcupid an.

  • Links der Woche

    • Vortrag: Über das Lesen im Digitalen:

      “Mein Begriff von Öffentlichkeit hat sich verändert. Öffentlich ist, was einen Link hat. Ein Text ist öffentlich, wenn jeder, der ihn gut findet, darauf hinweisen kann und jeder, der ihn schlecht findet ihn kommentieren und kritisieren kann. Öffentlich ist, was man vernetzen kann, mit dem eigenen mentalen Exoskelett, mit anderen Diskurse, mit den Diskursen des Anderen. Rein Gedrucktes ist immer nur das Privatvergügen einer eng abgrenzbaren Gruppe.”

    • Sprachbrocken 15/2013:

      “Was zumindest eines zeigt: die Sprache von nützlichen Lehnwörter aus dem Englischen zu säubern ist Bürgerpflicht, die Sprache von sexistischen Lehnwörtern aus der Vergangenheit zu säubern ist Hochverrat.”

    • Piraten be gone: Eine aussagekräftige Lücke:

      “Es ist also eine plumpe sprachreinigende Maßnahme, die aber jederzeit den Sinn eines Textes unbemerkt verschieben kann.”

    • Stephen Hawking predicts the imminent end of humanity on Earth:

      “Discussing the Earth’s most troubling concerns in an email interview with The Canadian Press, Hawking described space exploration as humankind’s most urgent mission. Predicting a planet soon made uninhabitable, he says that our only chance of long-term survival as a species is to “spread out into space.””

    • A Fat Pipe:

      “Paul returned to the server room and saw the same tangle of randomized pipes on the screen. The epiphany hit him like a turtle-shell to the face. Pipes was an OpenGL screen saver, and it was likely the 3D graphics ate too much CPU power while generating their colorful glory. Acting on his hunch, Paul used a performance monitor and waited to watch the pipes do their magic. After a few moments, he looked at the log and when the screen saver kicked it, it monopolized the entire processor on their dual CPU box. He changed the screen saver to “Blank”, and logged off.”

    • #PiratinnenKon und Queer:

      “Was alle Lesenden verstehen sollte, ist, dass queer nicht nur für schwul, lesbisch oder ein modernes „gay“ steht, sondern für jede Ausgrenzung aus „normal“. Also auch transsexuelle, bisexuelle oder andere Begehrensformen [1], die dem heteronormativen Normal widersprechen, der gesellschaftlichen Orientierung an heterosexuellen Beziehungen als Norm und Ideal. Lediglich Denkfaulheit oder falsch verstandene Hippness hat dazu geführt, dass sich „queer“ vor allem im deutschen Sprachraum als Synonym für „schwul/lesbisch“ durchgesetzt hat.”

    • Es reicht mit der Hartz IV Quälerei:

      “Die Job Center Angestellte Inge Hannemann ist schon seit einiger Zeit aktiv, um das leidige Thema der Gängelung von Harzt IV Empfängern bundesweit in die Diskussion zu bringen und für eine Reformierung zu sorgen. Ihre Argumente gegen Hartz-IV sind bestechend, wie ich finde.”

  • Mein Austritt aus der Piratenpartei: Ich schulde euch noch einen Blogpost (Update)

    tl;dr Ich bin aus der Piratenpartei ausgetreten.

    austritt

    Am 11. April bin ich nach fast 4 Jahren aus der Piratenpartei ausgetreten, habe zugleich sämtliche Beauftragungen niedergelegt und werde ab sofort keinerlei Tätigkeiten mehr in oder für die Partei wahrnehmen, auch nicht übergangsweise.

    Bereits im November 2012 war ich kurz davor auszutreten und habe einen langen, nie veröffentlichten Blogpost darüber geschrieben, mit dem ich euch jetzt nicht weiter langweilen will. Viele Vorkommnisse und Enttäuschungen hatten sich zu einem Gebirge aufgetürmt, nicht zuletzt Mobbing und persönliche Angriffe gegen meine Person, mit denen ich in der Partei weitgehend alleine gelassen wurde und die keinerlei Konsequenzen für die Täter haben.

    Der Anlass für meinen Austritt war schließlich der Genderfilter im Syncforum. Ich habe mit zwei anderen Mitgliedern zusammen einen Antrag gestellt, diesen zu entfernen, welcher abgelehnt wurde. Die Geschichte ist bei den Popcorn-Piraten nachzulesen. Was ich von diesem Filter halte, habe ich schon aufgeschrieben. Eine umfangreichere Betrachtung, der ich vollkommen zustimme, findet sich in der Kulturproktologie.

    Bisher habe ich die Piratenpartei als eine Partei der „Plattformneutralität“ wahrgenommen, eine Partei zu deren Zielen es gehört, jedem ohne Ansehen der Person Zugang zum gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Es konnte sozusagen jeder Freak sein Ding machen, ohne dafür angemacht zu werden, solange niemand dadurch beeinträchtigt wurde. Sehr viele Piraten gehen sogar so weit, wegen dieses Ideals Nazis und Rechtspopulisten in der Partei zu tolerieren.

    Dennoch gilt diese Neutralität nicht allen gegenüber – zum Beispiel nicht Menschen gegenüber, die gegenderte Sprache benutzen und damit auf ihre Weise versuchen, so etwas wie „sprachliche Plattformneutralität“ herzustellen. Anders gesagt: Feministen werden in der Piratenpartei wesentlich leidenschaftlicher bekämpft als Nazis. Vorstände werfen völlig ohne persönliche Konsequenzen mit Wörtern wie „Schreihenne“, „Feminazi“ oder „Fotzenknecht“ um sich, die Konferenz „PiratinnenKon“ hat einen ganzen Schwall frauenfeindlicher Reaktionen der widerwärtigsten Sorte hervorgerufen und derlei ist in der Partei an der Tagesordnung.

    Damit möchte ich nichts mehr zu tun haben.

    Update: Den Kommentaren ist zu entnehmen, dass ich das ganze nicht gut genug erklärt habe. In ihrem Blog erklärt Katja das Problem nochmal in ganz einfachen und verständlichen Worten.

    Update vom 12. Mai 2013: Krasse Story. Eigentlich war ich wirklich raus. Das Thema, das mich noch beschäftigte, war die SMV und in welchem Maße und wie ich mich weiterhin mit Liquid Democracy beschäftigen möchte. In meiner Auszeit – die mir nach Aussagen von drölfzig Leuten gut getan haben muss – sah ich das Video eines japanischen TV-Senders über die Piraten (Link such ich noch raus), das sich stark auf Liquid Democracy bezog und bei einem Gespräch mit Jörg Blumtritt kam mir in Erinnerung, wie er von dem großen Interesse in den USA berichtete, als der Liquid Feedback dort fortstelle. Das Thema ist größer als die kleine deutsche Piratenpartei, es geht darum, Demokratie zu revolutionieren mit den Mitteln die das Internet zur Verfügung stellt. Freitag und Samstag sah ich dem Stream mit wachsenden Schmerzen zu. Nachdem auch der Samstag Abend äußerst enttäuschend verlief, bekam ich mit, dass Leute Fahrgemeinschaften organisieren wollten. Ich klärte mit einem Vertreter des LaVo die Formalia und fuhr dann los – drei Uhr morgens und ins blinde. Ich wusste nicht, wer fährt, und ob es überhaupt noch einen Platz im Auto gab. Den Rest habt ihr heute mitbekommen. Tatsächlich ist die SMV zentral: Mit ihr hätte ich zum Beispiel den (zwischenzeitlich wieder entfernten) Gender-Filter und viele andere Dinge der Basis zum Entscheid vorlegen und ggf. meine Konsequenzen ziehen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die SMV den gekippt hätte. Nur ein Beispiel. Jetzt bin ich ratlos. Statt SMV-Sushi gibt es eine Tütensuppe in Form der Anträge SÄA003/X11. Die sind broken by Design. Ich will mich die Tage umschauen, wie die Chancen stehen, den zu fixen und ob es andere Leute gibt, die das wollen. Davon mache ich abhängig, ob mein LaVo ein weiteres Austrittschreiben von mir erhält.

     

    Update vom 21.09.2014: Austritt 2.0. Wer halbwegs um den Zustand der Piratenpartei weiß, braucht keine weitere Begründung.

  • #Stargate oder: Von den Nachteilen der Kommunikation an sich

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    Kommunikation hat per se den entscheidenden Nachteil, dass den Beteiligten Form oder Inhalt einer Nachricht nicht gefallen könnte. Dieses Problem beschäftigt die Menschheit seit Tausenden von Jahren, wobei Lösungen wie die Ermordung des Überbringers einer Botschaft oder weniger krasse Formen der Zensur verworfen wurden. Um kommunikative Zumutungen auf ein erträgliches Maß zu bringen, werden heute in der Regel Moderatoren eingesetzt, die störende Kommunikationsteilnehmer des Forums verweisen.

    Ganz gelegentlich kommen auch automatische Filter zum Einsatz, die unerwünschte (Schimpf-)wörter unterdrücken oder ersetzen. Diese Lösung ist selten, da sie sich allgemein als funktional unbefriedigend erwiesen hat: Allzu oft entscheidet der Kontext, ob ein Wort wie „Ficken“ stehen bleiben oder ersetzt werden sollte, allzu leicht ergibt sich eine empfindliche Einschränkung der Meinungsreiheit und allzu einfach ist es, solche Filter mit geschickten Formulierungen zu umgehen.

    Das hat aber den Entwickler des „Syncforums“ der Piratenpartei nicht davon abgehalten, einen Filter in die Forensoftware zu implementieren, als er auf ein besonders übles kommunikatives Problem stieß, das dringenden Handlungsbedarf erforderte, um Schaden von den Forumsteilnehmern abzuwenden. Gefiltert werden allerdings keine Beleidigungen, Pornographie oder Gewaltdarstellungen sondern das so genannte „Gender-Gap„.

    Dieses an sich harmlose Sternchen soll im Gegensatz um Binnenmajuskel („ProgrammierInnen“) anzeigen, dass Programmier*innen nicht nur Männlein oder Weiblein sein können sondern auch irgend etwas dazwischen. Es ist ein Sprachspiel, ein Versuch, Sprache so zu gestalten, dass sie so geschlechtsneutral wie möglich anwendbar wird. Man kann sich jetzt darüber streiten, ob das hässlich oder kreativ ist.

    Worüber man sich meiner Meinung nach jedoch kaum streiten kann: Es ist allein und ausschließlich Sache des Autors eines Textes, wie dieser sich ausdrücken möchte. Einen Filter für bestimmte Ausdrucksformen zu installieren, stellt diese Ausdrucksformen mit den eingangs erwähnten, im Grenzfall filternswerten Beleidigungen, Pornographie und Gewaltdarstellungen auf eine Stufe.

    Der Programmierer redet sich mit der Begründung heraus, ihn störe beim Gender-Gap die Ästhetik. Ich kann natürlich sehr gut verstehen, dass Menschen, die sich täglich mit Regular Expressions herumschlagen müssen, nach Feierabend mal keine Sternchen mehr sehen wollen. Trotzdem hat es ganz sicher mehr als nur ästhetische Gründe, wenn ein Vertreter der Hackerkultur, die Leetspeek hervorgebracht hat, versucht, das Gendersternchen und andere Arten gendergerechter Sprache zu unterdrücken. Wir sollten jetzt dringend darüber nachdenken, welche weiteren Kommunikationsformen aus ästhetischen Gründen gefiltert werden müssten.

    Im März lief dieser Filter weitgehend unbemerkt und filterte die gesamte Kommunikation des Syncforums, also eines großen Teils der Mailinglisten der Piratenpartei. Nach entsprechender Kritik wurde der Filter abgeschaltet, ist aber immer noch vorhanden und kann von jedem Mitglied eingeschaltet werden. Der entsprechende Menüpunkt lautete „Sprache normalisieren“. Maskulisten, Transphobiker und Sprachhüter wird das sicherlich freuen.

  • Links der Woche

    • “Code for Germany” – ein politisches Programm | Christoph Kappes:

      “So gesehen sollte eigentlich im Zentrum von internet-veranlasster Politik nicht „das Netz“, sondern die Entwicklung von Wissen, Software und Kultur stehen, die von jedermann nutzbar sind.”

    • Die SPD und die Sache mit der Partizipation:

      yannickhaan:

      Bevor ich vor vier Jahren in die SPD eingetreten bin hatte ich ehrlich gesagt keine Ahnung wie eine Partei funktioniert. Ich wusste nicht was ein Ortsverein ist, ich wusste nicht wie eine Partei aufgebaut ist und ich wusste nicht wie ein Parteitag abläuft. Nach vier Jahren, sehr vielen…

    • The Windows 7 Upgrade:

      “When Miguel started his contract with a state office, they issued him a laptop. For security reasons, he was forbidden from using any other machine, nor should anyone else use his. Also for security reasons, the laptop was not allowed to leave his desk. It was locked in place with a security chain too short to move the laptop more than a few inches.”

    • Der-Punkt-ist No.1 (noch ausm Herbst):

      “Der Punkt ist, am liebsten würde ich die Scheiben einschmeißen von dem Maklerbüro auf der anderen Straßenseite.”

  • Links der Woche

    • Folter, Kreuzigung, Kannibalismus: Gaga-Sekte feiert bizarres Splatter-Ritual:

      “Man will es sich nicht ausmalen: Mitten in Deutschland feiert eine obskure Kultvereinigung den blutigen Foltertod eines unschuldigen Menschen. Bilder und Skulpturen der Grausamkeiten werden vorgeführt, der widerwärtige Akt auch noch nacherzählt, besungen und befürwortet. Was unvorstellbar klingt, ist grausame Realität – die verrückte Sekte feiert heute ihr krankes Horror-Ritual: die sogenannte “Karfreitagsmesse”.”

    • Warum der Unterhaltsvorschuss (so wie er jetzt ist) ein Schuss in den Ofen ist.:

      “Was mich wirklich, wirklich, wirklich ankotzt ist die Tatsache, dass ich alle Pflichten habe und nur sehr eingeschränkt Rechte. Will meinen: Ich kann mich weder aus meinen Zahlungsverpflichtungen befreien, die einfach durch den Umstand entstehen, dass ich mit zwei Kindern zusammen lebe, noch kriege ich irgend eine Form von Vergünstigung durch meinen Status als Alleinerziehende. Miete, Strom, Ernährung: Ich kann mich nicht einfach hinstellen und mit Verweis auf die schlechte allgemeine Arbeitsmarktsituation die Zahlungen ungestraft einstellen. Oder einfach aufhören zu heizen weil ich mir`s halt nicht mehr leisten kann. Oder glaubt eine/r von euch, ich hätte mal einen Job bekommen WEIL ich zwei Kinder habe? Haha.”

    • Ihr fragt ob #Aufschrei was bewirkt hätte, really?:

      “Um das zu verstehen, muss man vermutlich erstmal über Schweigen reden.”

    • Fünf Tips zum Umgang mit Trollen:

      “Euch sollte immer bewusst sein, dass löschen, blocken oder Missbrauch melden keine Zensur ist! Zensur geht immer vom Staat aus, nicht von Privatpersonen (und auch nicht von Firmen). Kein Mensch muss sich auf jede bescheuerte Diskussion einlassen, nur weil er irgendwo öffentlich ansprechbar ist.”

  • Es hat einen Grund

    ostereier

    Ich habe heute einen großartigen Text des Postillon zum Karfreitag verbreitet. Ich fand ihn vor allem deswegen so gut, weil er sprachlich exzellent simuliert, wie ein Boulevard-Blatt christliche Riten beschreiben würde, wenn es sich wirklich nur um eine obskure Sekte handelte. Zwar kennt meine Leserschaft mich mittlerweile und lässt sich durch so etwas nicht mehr trollen, aber trotzdem haben sich natürlich ein paar Christen darüber beschwert, ob es denn nötig sei, derlei Geschmacklosigkeiten ausgerechnet am Karfreitag zu veröffentlichen und ob man da nicht etwas mehr Respekt zeigen könne.

    Kurze Antwort: Ja, es ist nötig. Und: Nein, das Christentum verdient hier keinen Respekt. Bei antiklerikalen Witzen und Texten am besten direkt zu den höchsten Feiertagen handelt es sich um weitaus mehr als um Klingelstreiche aus Spaß am Trollen. Vielmehr entstehen diese Texte aus reiner Notwehr heraus. Der Kaiser „Religion“ ist nackt, das kleine Kind hat’s längst gerufen, aber viele Menschen wollen das einfach nicht sehen. Das ist nicht schlimm. Aber sie verlangen immer noch, ein jeder möge ihrem nackten Kaiser die Ehre erweisen. Das ist schlimm. Da hilft dann nur noch: Auslachen.

    Glaubensfreiheit ist die Freiheit, auch an absurde Dinge glauben zu dürfen. Meinungsfreiheit ist die Freiheit, diese Dinge trotzdem absurd zu nennen. In diesem Sinne: Schöne Ostertage!

  • Links der Woche

    • Sprachbrocken 12/2013:

      “Dieser angebliche „Shitstorm“ (mitbekommen hat den niemand) wurde angeblich ausgelöst durch Martensteins Kritik (ich nenne es mal „Kritik“, das Wort aber bitte nicht auf die Goldwaage legen) an – Sie ahnen es – Unisex-Toiletten. Dabei hat Marteinstein die Niederungen der männer-unterdrückenden Sanitärtechnik längst hinter sich gelassen und kümmert sich diese Woche um ein ganz besonders schockierendes Beispiel der Unterdrückung weißer Männer – der Echo-Ausladung der Musikkapelle Frei.Wild.”

    • Esoterikzwang an der Bonner Universität:

      Für eine solche Patientin solle nach der TCM ein “Milz-Qi-Mangel” diagnostiziert und mit Umstellung der Ernährung auf „warme Nahrungsmittel“ und die „Mitte stärkende Nahrung“, sowie Akupunktur und Moxibustion therapiert werden. (…) Man muß sich wirklich einmal klar machen, daß das bedeutet, daß ein/e MedizinstudentIn an der Uni Bonn gezwungen wird, diesen Unsinn zu lernen, da man ohne die Klausur zu bestehen, in der auch diese Inhalte abgefragt werden, nicht zum Staatsexamen zugelassen wird. Dieser QB ist kein optionales Fach, die Teilnahme ist Pflicht und damit wird natürlich suggeriert, daß es sich bei dem oben beschriebenen Hokuspokus um anerkannte und wirksame medizinische Verfahren handelt, die gleichberechtigt neben echten und wichtigen Prinzipien wie Impfung, Behandlung mit Antibiotika oder Hygiene gelehrt werden sollten.”

    • Unsere Mütter, unsere Fehler:

      “Ringelpiez mit Anklicken”

    • Sex und das Internet:

      “Einigen von euch wird es noch in Erinnerung sein: Vor wenigen Wochen wurden mir über ein einschlägiges Forum massive Drohungen zugespielt. Die Seite wurde mittlerweile geschlossen, Screenshots davon habe ich nicht mehr (bzw. liegen bei der Polizei). Ich bekam auch Kommentare direkt in mein Blog. Das reichte von übelsten Beleidigungen bis hin zu konkreten Beschreibungen einer Vergewaltigung und Ermordung meiner Person. Echt-Bilder von aufgeschlitzten Frauen, deren Eingeweide mit Glasscherben entfernt wurden, waren auch dabei.”

    • Die FDP und die NPD: Wenn man Dummheit verbieten könnte:

      “Man kann darüber sinnieren, ob die platte Argumentation Röslers wirklich aus politischer Überzeugung entstanden ist. Wenn dem so wäre, sind die Opfer rechter Gewalt – egal, ob die NPD direkt oder indirekt daran beteiligt ist oder nicht – insgesamt nur die Folge von „Dummheiten“.”