Mein Austritt aus der Piratenpartei: Ich schulde euch noch einen Blogpost (Update)

tl;dr Ich bin aus der Piratenpartei ausgetreten.

austritt

Am 11. April bin ich nach fast 4 Jahren aus der Piratenpartei ausgetreten, habe zugleich sämtliche Beauftragungen niedergelegt und werde ab sofort keinerlei Tätigkeiten mehr in oder für die Partei wahrnehmen, auch nicht übergangsweise.

Bereits im November 2012 war ich kurz davor auszutreten und habe einen langen, nie veröffentlichten Blogpost darüber geschrieben, mit dem ich euch jetzt nicht weiter langweilen will. Viele Vorkommnisse und Enttäuschungen hatten sich zu einem Gebirge aufgetürmt, nicht zuletzt Mobbing und persönliche Angriffe gegen meine Person, mit denen ich in der Partei weitgehend alleine gelassen wurde und die keinerlei Konsequenzen für die Täter haben.

Der Anlass für meinen Austritt war schließlich der Genderfilter im Syncforum. Ich habe mit zwei anderen Mitgliedern zusammen einen Antrag gestellt, diesen zu entfernen, welcher abgelehnt wurde. Die Geschichte ist bei den Popcorn-Piraten nachzulesen. Was ich von diesem Filter halte, habe ich schon aufgeschrieben. Eine umfangreichere Betrachtung, der ich vollkommen zustimme, findet sich in der Kulturproktologie.

Bisher habe ich die Piratenpartei als eine Partei der „Plattformneutralität“ wahrgenommen, eine Partei zu deren Zielen es gehört, jedem ohne Ansehen der Person Zugang zum gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Es konnte sozusagen jeder Freak sein Ding machen, ohne dafür angemacht zu werden, solange niemand dadurch beeinträchtigt wurde. Sehr viele Piraten gehen sogar so weit, wegen dieses Ideals Nazis und Rechtspopulisten in der Partei zu tolerieren.

Dennoch gilt diese Neutralität nicht allen gegenüber – zum Beispiel nicht Menschen gegenüber, die gegenderte Sprache benutzen und damit auf ihre Weise versuchen, so etwas wie „sprachliche Plattformneutralität“ herzustellen. Anders gesagt: Feministen werden in der Piratenpartei wesentlich leidenschaftlicher bekämpft als Nazis. Vorstände werfen völlig ohne persönliche Konsequenzen mit Wörtern wie „Schreihenne“, „Feminazi“ oder „Fotzenknecht“ um sich, die Konferenz „PiratinnenKon“ hat einen ganzen Schwall frauenfeindlicher Reaktionen der widerwärtigsten Sorte hervorgerufen und derlei ist in der Partei an der Tagesordnung.

Damit möchte ich nichts mehr zu tun haben.

Update: Den Kommentaren ist zu entnehmen, dass ich das ganze nicht gut genug erklärt habe. In ihrem Blog erklärt Katja das Problem nochmal in ganz einfachen und verständlichen Worten.

Update vom 12. Mai 2013: Krasse Story. Eigentlich war ich wirklich raus. Das Thema, das mich noch beschäftigte, war die SMV und in welchem Maße und wie ich mich weiterhin mit Liquid Democracy beschäftigen möchte. In meiner Auszeit – die mir nach Aussagen von drölfzig Leuten gut getan haben muss – sah ich das Video eines japanischen TV-Senders über die Piraten (Link such ich noch raus), das sich stark auf Liquid Democracy bezog und bei einem Gespräch mit Jörg Blumtritt kam mir in Erinnerung, wie er von dem großen Interesse in den USA berichtete, als der Liquid Feedback dort fortstelle. Das Thema ist größer als die kleine deutsche Piratenpartei, es geht darum, Demokratie zu revolutionieren mit den Mitteln die das Internet zur Verfügung stellt. Freitag und Samstag sah ich dem Stream mit wachsenden Schmerzen zu. Nachdem auch der Samstag Abend äußerst enttäuschend verlief, bekam ich mit, dass Leute Fahrgemeinschaften organisieren wollten. Ich klärte mit einem Vertreter des LaVo die Formalia und fuhr dann los – drei Uhr morgens und ins blinde. Ich wusste nicht, wer fährt, und ob es überhaupt noch einen Platz im Auto gab. Den Rest habt ihr heute mitbekommen. Tatsächlich ist die SMV zentral: Mit ihr hätte ich zum Beispiel den (zwischenzeitlich wieder entfernten) Gender-Filter und viele andere Dinge der Basis zum Entscheid vorlegen und ggf. meine Konsequenzen ziehen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die SMV den gekippt hätte. Nur ein Beispiel. Jetzt bin ich ratlos. Statt SMV-Sushi gibt es eine Tütensuppe in Form der Anträge SÄA003/X11. Die sind broken by Design. Ich will mich die Tage umschauen, wie die Chancen stehen, den zu fixen und ob es andere Leute gibt, die das wollen. Davon mache ich abhängig, ob mein LaVo ein weiteres Austrittschreiben von mir erhält.

 

Update vom 21.09.2014: Austritt 2.0. Wer halbwegs um den Zustand der Piratenpartei weiß, braucht keine weitere Begründung.


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