tl;dr: Jede Tragödie wiederholt sich als Farce.
Die eine kam scheinbar aus dem Nichts, wollte die gesellschaftlichen Umwälzungen des Internet in Politik umsetzen und bündelte die Unzufriedenheit in linksliberale Forderungen. Die andere wurde von Professoren und Wirtschaftsvertretern gegründet, um eine Politik rechts von der CxU und gegen den Euro zu betreiben.
Die eine schaffte es in vier Landesparlamente, bis der Hype vorüber war und sie in internen Streitigkeiten versank, von denen sich die Wähler mit grausen abwendeten. Die Mitglieder der anderen haben offenbar auch keine Kinderstube – macht aber nichts, ihre Wähler nämlich auch nicht.
Die eine wurde u.a. gegen staatliche Überwachung im Internet gegründet, spielt aber seit Beginn der Snowden-Enthüllungen politisch keine Rolle. Die andere wurde gegen Euro und Währungsunion gegründet, wahr aber ausgerechnet während der Griechenland-Krise nicht wahrzunehmen.
In der einen Partei zahlen viele Mitglieder keine Beiträge. In der anderen auch nicht, aber sie bekommt umfassende Kredite von bekannten Wirtschaftsvertretern und verkauft zwischendurch auch mal Gold.
Die eine führte einen außerordentlichen Parteitag in Halle an der Saale durch, weil viele Mitglieder es offenbar nicht ertragen konnten, dass andere Mitglieder sich gegen Rechtsradikale engagieren. Die andere hatte letztes Wochenende ihren Parteitag in Essen.
Auf dem einen Parteitag steht es Zweidrittel gegen Eindrittel. Die Lager stehen sich weitgehend unversöhnlich gegenüber und wählen einen viel geschmähten Bundesvorstand ab, für den sie so ungefähr alle denkbaren Schimpfwörter und Verschwörungstheorien parat haben. Auf dem anderen Parteitag auch.
Auf dem einen Parteitag wird ein Vorsitzender gewählt, der für die Minderheit nicht erträglich ist. Auf dem anderen Parteitag eine Vorsitzende.
Auf dem einen Parteitag hält ein bis heute in der der Öffentlichkeit sehr bekannter damaliger Landesvorsitzender eine Rede, in der er kein Blatt vor den Mund nimmt, was den Zustand der Partei betrifft. Er wird ausgebuht und zeitweilig wird ihm das Mikrofon abgestellt. Auf dem anderen Parteitag passiert dasselbe mit den scheidenden Bundesvorsitzenden.
Die eine Partei erlebte auf ihrem Parteitag einen Rechtsruck. Die andere auch.
In einer Partei wurde vor dem Parteitag ein Verein namens „Weckruf“ gegründet, um das moderate Drittel zu sammeln. Parteiabspaltung nicht ausgeschlossen. Auf dem anderen Parteitag gründete sich eine Gruppe namens „Progressive Plattform“, um einen Flügel zu bilden. Parteiabspaltung nicht ausgeschlossen, aber aus Desinteresse bisher nicht umgesetzt.
Aus der einen Partei tritt der ehemalige Vorsitzende aus. Aus der anderen Partei tritt der oben erwähnte Landeschef zurück und aus.
Die eine Partei verliert draufhin in weniger als einer Woche 10% ihrer Mitglieder und nennt das „Befreiungsschlag“. Die andere Partei verliert in einem Jahr rund die Hälfte ihrer Mitglieder und nennt das „Konsolidierung“.
Einige Leute in der eigenen Partei finden, sie seien der politische Arm von Pegida. In der anderen Partei gibt ein Landesvorsitzender sehr gerne Interviews bei „RT Deutsch“.
Die eine Partei will sich jetzt auf ihre Kernthemen konzentrieren, das heißt in erster Linie Ausländer scheiße finden. Die andere Partei konzentriert sich auf ihr Kernthema Snowden-Verehrung und es ist ihr egal, wenn ihre Mitglieder nebenbei ein wenig Ausländer scheiße finden, solange sie nicht auf die Idee kommen, sich gegen Rechts zu engagieren.
Die eine Partei hat keinerlei politische Forderung, die für Masse der Bevölkerung von Relevanz ist. Die andere Partei auch nicht, aber hey: Ausländer scheiße finden zieht immer!
Eigentlich ist es egal, welche Partei welche ist. Man sollte sich nur bewusst sein, dass die Piratenpartei auch keine Alternative für Deutschland ist.
Eine Antwort zu „Zwei Parteien“