Astoria, Zwickau
Pfunde sind sexy. Die Texanerin Renée Zellweger hat sich nicht nur den passenden Dialekt eingeübt, sondern auch ein hübsches Sümmchen Pfunde angefuttert, um eine leicht übergewichtige Londonerin zu verkörpern, die ihr Leben mit zu viel Süßigkeiten, Alkohol und Zigaretten verbringt – mit mehr als ansehnlichem Ergebnis.
Zumindest ist das Ergebnis ausgesprochen ansehnlich, was die Zellweger betrifft. Selten waren Pausbäckchen und ein rundlicher Hintern im Kino niedlicher zu betrachten. Ob der Film als ganzes ansehnlich ist, daran scheiden sich die Geister, auch wenn das Lob stark überwiegt. „Bridget Jones“ ist ein „Frauenfilm“, eine typische romantische Komödie. Und sie ist pseudo-britisch. So einen Film gibt es so ziemlich jeden Sommer. Er spielt in London, zeigt eine romantische Liebeskomödie, für Kurzweil sorgen die Zoten einiger spleeniger Engländer. Und der Film stammt ansonsten aus den USA, ist ein stromlinienförmiges Marktprodukt und hat wenig mit dem britischen Kino als solchem zu tun. Die berühmtesten Beispiele sind „Notting Hill“ und „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“.
Die Story ist einfach wie nett. Bridget Jones ist eine Verlagsangestellte, die mit ihrem Leben nicht so recht klarkommt: zuviele Pfunde, zuviel Alkohol, zu viele Zigaretten, ein zu loses Mundwerk und einen zielsicheren Instikt für peinliche Situationen, sowie die Gabe, sich exakt die falschen Männer auszusuchen. Der Rest der Handlung besteht aus einem Parcours aufgereiter Fettnäppchen, den die Titelhelden meisterlich abarbeitet, in Verbindung mit einigen Turbulenzen sowie zwei Männern: dem Schönling (hier mal angenehm: Hugh Grand), der sich als Arsch entpuppt, und dem biederen, hölzernen Anwalt, der sich als der richtige erweisen wird.
Besonders erfreulich ist das Thema und die Umsetzung: Endlich mal ein Pummelchen in der Hauptrolle, das auch endlich mal im Happy End so aktzeptiert wird, wie es ist. Endlich mal ein Film, der vielleicht die eine oder andere Frau dazu bringt, sich selber nicht zu dick zu finden. Die Botschaft bleibt fraglich. Die reale Zellweger hat die Pfunde leider wieder abgestrampelt, und die fiktive Jones wird streckenweise als derart trottelig und peinlich dargestellt, dass wohl kaum eine Frau sich so recht mit ihr identifizieren mag – besonders an der Stelle, wo sich der Film über ihren breiten Hintern lustig macht. Eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer. Aber vielleicht merkt die Industrie noch, dass Frauen vielleicht weniger schlankheitswahnmäßig terrorisiert werden wollen und dass es durchaus viele Männer gibt, die nicht immer nur Klappgestelle der Marke Gwyneth Paltrow im Kino sehen möchten.
Wer diese Art Film mag, bekommt auf jeden Fall sehr gute Unterhaltung geboten. Ein frisches Drehbuch gepaart mit guten Darstellern und einer flotten Inszenierung ohne grobe Fehler ist vorhanden – an Tiefe mangelt es natürlich etwas. Ein paar Blätter muss ich aber aus dem Lorbeerkranz rupfen, den die Medien dem Film vorab verpasst haben. Renée Zellweger (die hier stark an Doris Day erinnert) und ihre Kollegen spielen ordentlich – mehr nicht! Der Film ist unterhaltsam, nicht genial. Größter Wermutstropfen: Gelegentlich werden die Situationen, die komisch sein wollen, so peinlich, dass man sich als Zuschauer am liebsten verstecken mag. Gelegenglicht übertreibt Zellweger ihr Spiel auch maßlos. Beides zum Glück wirklich nur gelegentlich. Und man muss dem Film eines lassen: Er verzichtet darauf, das (weibliche) Pubklikum mit einer übermäßigen Menge an Schmalz und Tränentreiberei zu bombardieren, was sehr löblich ist.
England/USA 2001, 97 min
mit Renée Zellweger, Hugh Grant, Colin Firth
Regie: Sharon Maguire