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  • Park’s Law

    Ich bin größenwahnsinnig geworden und trete hiermit in die Fußstapfen von Godwin, indem ich ein Gesetz aufstelle und es bei der Gelegenheit gleich mal nach mir benenne. Sollte Park’s Law schon woanders formuliert worden sein, bitte ich um Mitteilung: Ich konnte nichts finden. Es geht um ein Kommunikationsmuster, das mir schon lange auffällt, aber die letzten Wochen zum Beispiel rund um die Pseudonymdebatte oder auch den Tod von Amy Winehouse sehr ins Auge gestochen ist. Es handelt sich um eine Variante von Godwin’s Law:

    Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für den Vorwurf, das Diskussionsthema sei irrelevant angesichts anderer viel wichtigerer Dinge, dem Wert Eins an.

    Auf den ersten Blick sieht es aus wie Godwin’s Law („Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins an.“), funktioniert aber im Detail anders. Beispiele:

    • „Wie könnt ihr über den Tod von Amy Winehouse trauern, die ja schließlich selber schuld war, während in Norwegen 80 unschuldige Jugendliche ermordet wurden?“
    • „Was soll die Diskussion über die Klarnamenpflicht bei Google? Habt ihr keine echten Probleme?“
    • „Ihr diskutiert ernsthaft über Diäten, während in der 3. Welt Kinder verhungern?“
    • „Wie kannst du in deiner Situation von Diskriminierung reden angesichts Millionen ermordeter Juden?“
    • „Woher nimmst du die Frechheit, dich zu beklagen, wo doch der Herr für dich am Kreuze starb?“

    Im Gegensatz zu Godwin’s Law werden obige Äußerungen in der Regel nicht von Diskussionsteilnehmern gemacht, die „gewinnen“ wollen, sondern von „Diskussionspassanten“, die zum Beispiel via Facebook oder Google+ eher zufällig in eine Debatte geraten und offenbar ein Problem damit haben, dass andere Menschen angeregt ein Thema diskutieren oder einen Sachverhalt beklagen, den sie nicht für relevant halten (was sie nicht daran hindert, sich im folgenden in der Diskussion festzubeißen).

    Mit solchen Äußerungen verschafft sich der Störer eine Art moralische Instant-Überlegenheit. Dem liegt die Vorstellung zu Grunde, nur weil es irgendwo objektiv größeres Leid oder größere Probleme gibt oder mal gegeben hat, dürfe man sein eigenes mehr oder weniger kleines Problem nicht diskutieren oder gar öffentlich beklagen. Das gipfelt häufig in den typischen Ausspruch „Get a life!“ also der Unterstellung, man führe kein sinnvolles Leben, wenn man sich mit dem betreffenden Thema befasst (oder twittert oder ein iPhone besitzt). Es handelt sich also prinzipiell um ein Denk- und Fühlverbot.

    Besonders beliebt ist auch die Verharmlosung psychischer Erkrankungen („Stell dich nicht so an“), das Leugnen mitmenschlicher und gesellschaftlicher Verantwortung („Du bist selbst für deine Gefühle verantwortlich.“),  die Unterstellung von Disziplinlosigkeit („Reiß dich zusammen.“) oder die Rechtfertigung von Unrecht mit anderem Unrecht („Anderen passiert sowas auch.“) und der Vorwurf der Instrumentalisierung („Du willst dich damit ja bloß profilieren.“).

    Während ein Nazivergleich eine Diskussion meistens beendet, fängt sie nach einem der oben genannten Einwürfe oft erst an, hitzig zu werden, wechselt aber das Thema hin zur Rechtfertigung der Diskussion als solcher, was dann allerdings meistens durch das Eintreten von Godwin’s Law endet. Es gibt gute Chancen, die Diskussion am Leben zu erhalten, wenn man der klassischen Regel „Don’t feed the troll“ folgt und Einwürfe dieser Art ignoriert, was zugegeben selten leicht fällt. Problematisch dabei ist, dass diese Trolle sich selbst nicht für welche halten.

    Ergänzung: Eine schöne Auflistung der „Internet-Gesetze“ gibt es bei Felix Schwenzel. Man könnte sich jetzt fragen, ob „Get a life“ nicht auch eine Abwandlung von Hartges zweitem Gesetz ist, aber ich glaube eher nicht. Auf G+ moniert jemand, man dürfe Gesetze nicht nach sich selbst benennen, sondern nur nach anderen. Hier mache ich von meinem Recht auf multiple Identitäten Gebrauch.

  • Aus einer anderen Zeit

    Ich schließe mich Häkelschwein und Opalkatze an und poste diesen Text aus einer anderen Zeit. Vielleicht nehmen ja ein paar weitere Blogger den Faden auf und eine kleine Welle wird draus? Wenn nicht, wird der Text den einen oder anderen Leser nachdenklich machen. Was nur ist seit 1969 eigentlich schief gegangen?

    „Wir wollen mehr Demokratie wagen. Wir werden unsere Arbeitsweise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun. Wir werden darauf hinwirken, daß durch Anhörungen im Bundestag, durch ständige Fühlungnahme mit den repräsentativen Gruppen unseres Volkes und durch eine umfassende Unterrichtung über die Regierungspolitik jeder Bürger die Möglichkeit erhält, an der Reform von Staat und Gesellschaft mitzuwirken. (…)

    Wenn wir leisten wollen, was geleistet werden muß, brauchen wir alle aktiven Kräfte unserer Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die allen weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen offen sein will, ist auf ethische Impulse angewiesen, die sich im solidarischen Dienst am Nächsten beweisen. Es kann nicht darum gehen, lediglich hinzunehmen, was durch die Kirchen für die Familie, in der Jugendarbeit oder auf dem Sektor der Bildung geleistet wird. Wir sehen die gemeinsamen Aufgaben, besonders, wo Alte, Kranke, körperlich oder geistig Behinderte in ihrer Not nicht nur materielle Unterstützung, sondern auch menschliche Solidarität brauchen. (…)

    Der permanente wirtschaftliche und soziale Wandel ist eine Herausforderung an uns alle. Er kann ohne die Initiative des einzelnen nicht gemeistert werden. Die Eigeninitiative braucht jedoch die Unterstützung der Politik. Wir dürfen keine Gesellschaft der verkümmerten Talente werden. Jeder muß seine Fähigkeiten entwickeln können. Die betroffenen Menschen dürfen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen werden. (…)

    Das Ziel ist die Erziehung eines kritischen, urteilsfähigen Bürgers, der imstande ist, durch einen permanenten Lernprozeß die Bedingungen seiner sozialen Existenz zu erkennen und sich ihnen entsprechend zu verhalten. Die Schule der Nation ist die Schule. (…)

    Die finanziellen Mittel für die Bildungspolitik müssen in den nächsten Jahren entsprechend gesteigert werden. Die Bundesregierung wird sich von der Erkenntnis leiten lassen, daß der zentrale Auftrag des Grundgesetzes, allen Bürgern gleiche Chancen zu geben, noch nicht annähernd erfüllt wurde. Die Bildungsplanung muß entscheidend dazu beitragen, die soziale Demokratie zu verwirklichen. (…)

    Die Regierung kann in der Demokratie nur erfolgreich wirken, wenn sie getragen wird vom demokratischen Engagement der Bürger. Wir haben so wenig Bedarf an blinder Zustimmung, wie unser Volk Bedarf hat an gespreizter Würde und hoheitsvoller Distanz. Wir suchen keine Bewunderer; wir brauchen Menschen, die kritisch mitdenken, mitentscheiden und mitverantworten. Das Selbstbewußtsein dieser Regierung wird sich als Toleranz zu erkennen geben. Sie wird daher auch jene Solidarität zu schätzen wissen, die sich in Kritik äußert. Wir sind keine Erwählten; wir sind Gewählte. Deshalb suchen wir das Gespräch mit allen, die sich um diese Demokratie mühen.“

    Aus der Regierungserklärung Willy Brandts vom 28.10.1969

  • Links der Woche

    • Plündern ist… :

      • wenn Investoren sich in Äthiopien 600.000 Hektar Land krallen und die lokalen Bauern vertrieben werden.
      • wenn immer mehr Menschen im Niedriglohnsektor arbeiten müssen. In Deutschland sind das fast 7 Millionen Leute.
      • wenn die Mieten in Berlin in drei Jahren um 12 Prozent steigen und in Stadtteilen wie Neukölln sogar um 23 Prozent.
    • Der Überwachungsgott ist tot:

      Der Maschinengott der Sicherheit ist hier ganz offensichtlich tot. Gehuldigt wird ihm allenfalls noch durch das Tragen einer Kapuze, aber niemand lässt sich davon abhalten, den Laden zu plündern, zuzuschauen, herumzustehen und das Spektaktel zu geniessen. Die schiere Menge der Straftaten und Vergehen und ihre Ausführung führt vor Augen, wie sicher und ungestört sich die Menge im überwachten Raum fühlt.

    • 50 Jahre Mauerbau: Die Mauer schweigt:

      Ein von sich selbst abgesperrtes Leben? Gemeint ist zum Beispiel dies: wenn man darauf bedacht sein muss, nur rasch zu heiraten, um sich als verheirateter Staatsbürger frühestmöglich für eine eigene Wohnung anmelden zu können, die auf anderem Wege als über die staatliche Wohnraumlenkung nicht zu erlangen ist und auf die man sich auch als Verheirateter wenig Hoffnung machen kann, solang man keine Kinder hat. Weshalb man also mit der allzu früh Angetrauten rasch Kinder zeugt, um einer Wohnungszuweisung doch immerhin in absehbarer Zeit würdig zu sein. Dies sind lebensplanerische Erwägungen, die eines freien Menschen absolut unwürdig sind.

    • Irrational:

      Warum nehmen die rationalen Wissenschaftstheoretiker nicht endlich einmal zur Kenntnis, daß die Praxis höchst irrational ist. Man findet dies in zahlreichen Texten von Einstein, Pauli, Planck, Maxwell, Heisenberg und vielen anderen. Da wird mit einer spezifischen Kristallstruktur als Mandala meditiert, da werden Träume gedeutet und archetypische Gegebenheiten beachtet, da werden freie Erfindungen aus ästhetischen Quellen gemacht, da werden innere Stimmen zitert, die Formel flüstern, und die Wissenschaftstheoretiker nehmen das alles nicht zur Kenntnis.

    • Von der Dienstleistung zum Machtmonopol:

      In meiner naiven Weltsicht dachte ich, dass Bürgeramt, Standesamt, Hausverwaltung und Finanzamt Dienstleister wären, die – wenn auch nicht direkt – aber eben immerhin indirekt von mir bezahlt werden, damit sie mir behilflich sind. Das ist natürlich Humbug! Solche Stellen sind dafür da, mein ansonsten perfekt harmonisches Leben aufzuwühlen und in mir lang vermisste Gefühle wiederzubeleben.

    • Wenn Twitter geht, verschwindet auch die Echtzeit-Gesellschaft:

      Twitter war vom ersten Tag an eine öffentliche Plattform, die sich eher als sichtbare Mikroblogosphäre denn als abgekapseltes Social Network verstand. Das erlaubte uns schon nach wenigen Jahren, die Welt in ihrer Ganzheit zu erfassen. Die Entwicklung führte zur Verschlagwortung der globalen Gefühlswelt. Heute werden weltweit 65 Millionen Tweets pro Tag publiziert: Keine Umfrage, keine Statistik und keine Analyse leistet für soviel für die Transparenz auf der Erde, wie Twitter es tut (und das zudem kostenlos und in Echtzeit). Wir wissen, wo es brennt, wo man protestiert, wo man liebt, wo man wählt und wo man sich unterhält.

    • Der rechte Abschied von der Politik:

      Es ist kein Zufall, dass die Finanzmärkte in den letzten 15 Jahren die Treiber der Politik sind. Vor der Krise wurden sie mit Gefälligkeiten aller Art umworben; nach der Krise mit tausenden Milliarden gerettet; heute sind sie auf der Jagd nach den verschuldeten Rettern. So dass die reichsten Staaten der Welt vor dem Bankrott stehen.

    • Persönlichkeitsrecht = Persönlichkeitspflicht:

      Aber auch Realnamenszwang ist Regelungswut gegenüber dem Kommunikationsfluss. Kommunikations-Akte nur noch zulassen, soweit sie auf bürgerliche Identitäten zurückgebunden werden können, ist Einschränkung der Kommunikations-Freiheit. Den Leuten vorschreiben, wie sie sich zu nennen haben, ist Einschränkung der Kommunikations-Freiheit.

  • Ein Manifest zur Daten(schutz)ethik

    Michael Vogel und Benjamin Siggel haben ein Manifest zur „Daten(schutz)ethik“ als pragmatischen Kompromiss zwischen Aluhüten und Spackeria skizziert, das ich für ein sehr brauchbares Gegenmodell zu Michael Seemanns „radikalem Recht des Anderen“ halte, (das vereinfacht besagt, dass alle Informationen über dich automatisch Michael Seemann gehören und es unethisch sei, sie ihm vorzuenthalten. ;)

    Das Manifest berücksichtigt, dass zwar nicht mehr aus der Welt zu bekommen ist, was einmal publiziert wurde, fordert aber ansonsten einen Ausgleich zwischen Sender und Empfänger in der Mikroöffentlichkeit. Unter anderem heißt es:

    Menschen sind unterschiedlich. Was du ohne mit der Wimper zu zucken veröffentlichen würdest, kann für einen anderen ein intimes Detail sein und umgekehrt. Du musst daher keine Daten von Personen schützen, die dies nicht wünschen – andererseits aber auf Wunsch persönliche Informationen auch dann vertraulich behandeln, wenn du es selbst nicht nachvollziehen kannst. Respektiere das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Individuums und setze nicht deine persönliche Sicht der Dinge an seine Stelle, denn auch deine Privatsphäre hängt von der Rücksichtnahme Anderer ab.

    Der komplette Text ist ein gutes Stück umfangreicher und sehr pragmatisch und verständlich formuliert. Mir gefällt, dass er der Datenschutzkritik der Spackeria, Wikileaks, Facebook-Realität, Google Streetview und der Postprivacy durchaus Platz einräumt, aber trotzdem die informationelle Selbstbestimmung des einzelnen betont. Der Filtersouveränität des Empfängers wird die Filtersouveränität des Senders gleichberechtigt gegenüber gestellt. Zwischen beiden ist ein Ausgleich vorzunehmen.

    Am besten ganz schnell ins Parteiprogramm damit, bevor sich Spackeria und Aluhüte in der Piratenpartei noch weiter zerfleischen. Bitte weiter verbreiten!

  • Links der Woche

    • Ich will gar keinen schönen Sommer:

      Ich mag Sommer nicht so gern wie andere. Mai ist für mich gerade noch okay. Und ab September geht’s dann langsam wieder. Insektenangst, Hautkrebsangst, Heuschnupfen, eine Temperaturtoleranz, die höchstens die Spanne von 22–25 Grad als erträglich einstuft.

    • Herr Müller hatte gestern wohl keinen so guten Tag:

      Der Staat soll als die Liebesbeziehungen seiner Bürger stabilisieren? Ähm, ja… Genau das wünsche ich mir: einen Haufen Politiker und Beamter, die mir mit Gesetzen und Dienstvorschriften helfen, meine Liebe lebendig zu halten. Keoni und ich wüssten gar nicht, wie wir es miteinander aushalten sollten, wenn der Staat nicht unsere stabile Beziehung schützen würde.

    • Die Privatisierung der Öffentlichkeit:

      Die Wände, die uns umgeben, werden durch das Netz immer durchlässiger und poröser, als würde sich das löchrige Gewebe, das ein Netz ja darstellt, nun auch auf die übrigen Teile der Welt übertragen. Was sich im Netz abspielt, fühlt sich inzwischen oft an wie Beichten ohne Sünde: Alle packen aus, alles öffnet sich. Der Hauptspaß besteht darin, sich selbst in die Welt hinauszuschütten und von durstigen, aufmerksamen Augen getrunken zu werden.

    • Zum besseren Verständnis der Kategorien “Links” und “Rechts” in der Polizei-Statistik:

      Die Zählweise, was jeweils linke oder rechte Straftaten, wahlweise linker oder rechter Extremismus ist, ist nicht immer einfach zu durchschauen. Der bayrische Verfassungsschutz möchte seit Oslo sogar einen neuen Extremismus einführen, denn rechts kann das ja nicht gewesen sein. Ob die Berliner Autos von linken oder anderen oder einfach Pyromanen angezündet werden, ändert sich je nach politischer Großwetterlage.

    • Studieren mit Tourette-Syndrom: Mit allen Tics:

      Erst im vergangenen Jahr hat ihn sein Tourette mit einem neuen Tic überrascht: sich den Finger ins Auge rammen. Mittlerweile sieht er auf der linken Seite fast nichts mehr.

    • Debatte über Online-Identität – Das Netz muss Anonymität zulassen:

      Ob die Todesdrohungen gegen Atheisten auf der Facebook-Präsenz von Fox News oder die Beleidigungen gegen Nationaltorwart Manuel Neuer auf dessen Facebook-Fanseite nach seinem Transfer: Klarnamen verhindern im Zweifelsfall keine verbalen Entgleisungen. Umgekehrt können Pseudonyme sogar Schutz bieten: Foren für Missbrauchsopfer oder Opfer seltener Krankheiten könnten nach der Zuckerberg-Logik dicht machen, Beamte und Angestellte in Foren jede berechtigte Kritik an ihrem Arbeitgeber unterlassen, regimekritische Blogger in Unrechtsstaaten sich gleich freiwillig bei der Polizei melden.

    • Filtern und Filter haben:

      Dass das nötige Filtern und Selektieren in sozialen Netzwerken das glatte Gegenteil dessen ist, was man eigentlich als sozial bezeichnet, ist vielleicht sogar ein Vorteil: Dann gibt es eventuell ja auch einen Markt für die Momente, in denen man nicht filtern und asozial sein will.

    • schönhauser- und pappelallee:

      heute früh einige eigenartige tattoos gesehen. eins sah aus, als ob einer frau wollfäden aus einem loch im oberarm quellen würden. ein anderes sah aus als ob ein hund seinem frauchen aufs bein gekotzt hätte – oder sie mit blutigem sprühstuhl defäkiert hätte. eben lief eine frau vorbei die aussah, als ob ihr knöterich auf der schulter wachsen würde.

    • Kulturkampf nach Breiviks Massenmord – Wehe, Sie sind #iminternetgeboren:

      Der aktuelle Kulturkampf ums Virtuelle, eröffnet durch die sehr reale Bluttat des Anders Behring Breivik, hat viel mit der Angst vor Fremdem zu tun und damit, wie Politiker diese Ängste schüren oder nutzen. Manche Diskussionsbeiträge sind so platt, dass man auf den Gedanken kommen könnte, die konservativen Vordenker in den Volksparteien probierten es nun mit Digitalphobie, nachdem Xenophobie beim Durchschnittswähler kaum noch verfängt. “Es ist Mode geworden, die Freiheitsrechte des Bürgers in den Vordergrund zu stellen”, sagt im ZDF Uhls Gesinnungsgenosse Siegfried Kauder von der CDU, als wäre Freiheit etwas Modisches.

    • Ich kann ja nicht überall sein:

      Oder man teilt auf. Endlich, es ist Feierabend steht ab jetzt in Google , mit einem Link auf das Bild in Facebook, das auf einen Eintrag in Twitter verlinkt, der da lautet #Feierabend.

    • Scheißtext:

      Nehmen Sie dieses Stück Scheiße und dann einfach fangen in der Übersetzungs-Engine. Hin und wieder zurück zu bringen einfach so, um einen Schlüssel. Bemühen Sie sich völlig frei Wörterbuch werden. Dies schafft den Klang von Lehrbüchern, die Schaffung der Poesie von Spam.

  • Elektrisches Ohr ist elektrisch

    Deshalb braucht es Strom, und zwar ziemlich viel davon. Da wurde ich natürlich ärgerlich, als sich Cochlear Deutschland bei mir meldete, meine Krankenkasse verweigere die Erstattung der Batteriekosten – immerhin ca 40-50 Euro im Monat, ganz genau kann ich das nicht sagen. Zum Glück scheint die Sache aber jetzt geklärt zu sein.

    Ich habe jetzt ziemlich lange nicht mehr zum Thema Cochlea-Implantat gebloggt. Das liegt vor allem daran, dass sich mein elektrisches Gehör ganz langsam weiterentwickelt, aber im Gegensatz zu den ersten Wochen nur noch unmerklich. Nach acht Wochen habe ich den ersten Hörtest gemacht. Mein Sprachverständnis (Freiburger Einsilbertest) ging auf dem rechten Ohr hoch von 25% auf 65%. Die Operation war also definitiv ein voller Erfolg.

    Ich muss dazu sagen, dass die Ärzte eigentlich nach acht Wochen noch nicht messen – für viele Patienten ist das noch zu früh und ein maues Testergebnis könnte sie unnötig verunsichern. Ich hatte aber darauf bestanden. Der Test hatte noch ein anderes interessantes Resultat: Das Sprachverständnis ist auf meinen linken Ohr mit Hörgerät zurückgegangen von 25% auf 10%. Mein Gehirn scheint alles, was über das Hörgerät reinkommt, nur noch als irrelevante Zumutung zu empfinden und orientiert sich am rechten Ohr, auf dem ich das CI trage.

    Gestern war ich auf dem Sommerfest unserer Firma und musste die Story natürlich 1000fach erzählen. Häufigste Frage war, wie es klingt: Nein nicht metallisch, sondern elektrisch. Anders kann ich es nicht beschreiben… Bei den Gesprächen im lauten Bierzelt habe ich irgendwann das Hörgerät herausgenommen und eingesteckt und nur noch einseitig mit dem CI zugehört, weil es für mich ohne den Krach von links einfacher war, die Leute zu verstehen. Ich ertappe mich sowieso schon dabei, das Hörgerät oft gar nicht zu tragen. Ich glaube, ich werde links auch noch ein CI haben wollen…

    Stand der Dinge nach 10 Wochen: Das Wling ist noch da und verschwindet nur sehr langsam. Ob ich es höre oder nicht und wie stark die Überlagerung ist, scheint aber stark von meinem Gehirn abzuhängen. Oft vergesse ich dieses Geräusch einfach und höre es dann auch nicht mehr – ähnlich wie ein Tinnitus ist es aber sofort da, wenn ich an es denke. Filme ohne Untertitel verstehe ich mittlerweile fast vollständig, allerdings nur, wenn ich das CI direkt an den Computer anschließe, auf dem ich die DVD sehe.

    Im Kino verstehe ich gefühlte Dreiviertel der Dialoge – noch gehe ich nicht wirklich gerne in Filme ohne Untertitel. Bei englischen Inhalten kann man das je nach Akzent nochmal halbieren. (BE geht besser als AE.) Ein versuchtes Telefonat (Arzttermin vereinbaren) endete allerdings im Chaos. Ansonsten schwankt mein Hören stark nach Tagesform. Während es gestern ganz prima lief, habe ich vor ein paar Tagen, als ich mit Freunden essen war, den ganzen Abend so gut wie nichts verstanden.

    Musik hören ist noch sehr durchwachsen: Genießbaren „Sound“ gibt es nur mit dem Hörgerät, dafür gibt mir das Implantat viele neue „akustische Informationen“, die aber klanglich mit Musik eher wenig zu tun haben. Immerhin muss ich mich nicht mehr auf Stehblues beschränken, sondern kann dazu tadellos so etwas wie eine Discofox-Simulation improvisieren, wie ich gestern zu fortgeschrittener Stunde bemerkt habe. Das war so ziemlich das erste mal seit… äh ja, überhaupt?

  • Mondverschwörung

    Es ist jetzt bestimmt 10 Jahre her, dass ich das letzte mal geradewegs aus dem Kino kommend über einen Film bloggen musste. Es geht um mein vernachlässigtes Steckenpferd: Esoterik in Verbindung mit Verschwörungstheorien. Der amerikanische Journalist Dennis R.D. Mascarenas vom deutschsprachigen TV-Sender DDCTV reist kreuz und quer durch Deutschland, um mit Menschen zu sprechen, die ein besonderes Verhältnis zum Mond haben. Merkbefreite, Freaks und Denkabstinenzler aller Couleur kommen zu Wort. Sie erzählen zum Beispiel von Mineralwasser, welches vom Mond beschienen beim Gefrieren wohlgeformtere Kristalle entwickele, weil es sich freier entfalten könne als das brutal in Rohre gezwängte Leitungswasser – besonders wenn man ihm klassische Musik vorspielt. Weder Chemtrails noch die Zahl 666 in Barcodes oder Rudolf Steiner werden ausgelassen. Konsequenterweise landet der Film irgendwann beim Thema Nazi-Raumbasis auf der Rückseite des Mondes, wo die Reichsdeutschen das jüngste Gericht vorbereiten und die US-Amerikaner an der Raumfahrt hindern, weshalb letztere damals die Mondlandung fälschen mussten, zumal man für Raumfahrt ja auch Flugscheiben brauche, da sie mit Raketen nicht funktioniere, die nach dem Rückstoß-Prinzip arbeiten, was im Vakuum ja unmöglich sei. Ich weiß nicht, was faszinierender ist: all diese Leute, die bar jeder Ironie ihre Logorrhö vortragen, oder die vielen furchtbaren Provinzhotelzimmer. Der Film endet in der Nähe der Antarktis unter Pinguinen – auf der Suche nach Neuschwabenland oder wenigstens dem Eingang (oder Ausgang) der Hohlwelt. Beim einsetzenden Abspann schwöre ich mir, nie, nie, niemals wieder voreingenommen gegenüber US-Amerikanern zu sein, bloß weil sie den Bible Belt, Scientology und Sarah Palin hervorgebracht haben. Dass wir Deutschen in Sachen Hirnverbrannz kein Stück besser sind, beweist jede Waldorfschule. Vielen Dank an Florian Freistätter fürs Draufaufmerksammachen. Wer kann, sehe sich den Film an. Eine DVD gibt es noch nicht. Derzeit läuft die Mondverschwörung im Berliner Sputnik am Südstern.

    (Außerdem kommt Guido Westerwelle drin vor.)

  • Links der Woche

    • Das neurotische Pferd im Fahrstuhl:

      Die Menschen hier im Haus haben nun diverse Lösungen ersonnen, um den stockenden Fahrstuhl wieder anzuwerfen. Ein Nachbar geht, wenn der Fahrstuhl hängt, ganz nach vorne an die Tür und hüpft dort dreimal auf und ab, er sagt, der Fahrstuhl ginge dann wieder. Ein anderer geht ebenfalls zur Tür, wedelt aber mit der Hand am oberen Rand herum.

    • Digitalisierter Erinnerungsverlust:

      Das Gedächtnis entsteht nicht nur in, sondern vor allem zwischen den Menschen. Daraus folgt der Schluss, das Identität nur im Austausch mit dem Gegenüber entstehen kann. Und hier kommt in Bakhtin ins Spiel: “Only when there is an Other can you know who you are… and there is no identity… without the dialogic relationship to the Other. The Other is not outside, but also inside the Self.”

    • Einzeltäter:

      Die SPD muss sich schämen, einen Vordenker wie Sarrazin in ihren Reihen zu haben, uund man sollte den deutschen Sozis in Berlin ins Gesicht spucken dafür, dass sie nicht den Mut hatten, diese Figur davonzujagen. Die Vorstellung, dass es tatsächlich so etwas wie eine geplante Übernahme des Westens gibt, wurde von all jenen dauerventiliert, die sich im Wettkampf um Aufmerksamkeit stets überbieten mussten, und nach Sarrazin haben sich diese Theorien fast schon in den normalen Politikbetrieb hinein verselbstständigt.

    • Elefantenbeerdigung. Schweigen oder Schreien?:

      Heute wird von Print, TV und Internet auch jede noch so winzige Denkpause mit einem übel riechenden, klebrigen, hirnzersetzenden Geschwätz vollgekübelt. Voll aufgedreht sind die Phrasophone und Trivialtrompeten und ergießen routiniert und gnadenlos ihre Plapperkaskaden, in Livetickern und Leid-Artikeln, ihren würgenden Brei aus Tränensülze und zähem Worthülsenstroh, der nichts offenbart als die sinistre Geistesferne, Gemütskälte und Herzensleere eines sich um sich selbst drehenden Apparates.

    • Halbnackte Fettnutten:

      Wenn ich von der Schule kam und es im Haus nach Urin roch hatte Mutti entweder Nierchen zubereitet oder Oma war zu Besuch. Großmutter war ebenfalls für ihre deftigen Leckerbissen bekannt. Während sie selbst am liebsten Entenfüße kochte um sie zu einer seichten Unterhaltungssendung abzuknappern, gehörte es zum guten Ton, dass bei Familienfesten Zunge serviert wurde. Während sich die Erwachsenen am genoppten Sinnesorgan labten aß ich am Kindertisch, kaute geduldig auf einem adrigen Stück Leber herum und beobachtete meine Schwester und Cousine dabei wie sie sorgfältig Zunge, Bäckchen und Gehirn aus ihren Hasenköpfen pulten.

  • Pseudonymintoleranz

    Ich habe heute mal was in dieses Google-Plus reingeschrieben, das so umfangreich und fehlerhaft war, dass ich es lieber hier noch mal redigiert bloggen möchte. Ich finde, ich habe in diesem Text meinen Standpunkt relativ erschöpfend zusammengefasst, und habe damit einen Link, den ich allen Pseudonymphobikern an den Kopf werfen kann – oder auch Leuten, die der Auffassung sind, ich wolle mich mit dem Thema nur profilieren.


    Mir kommt bei dieser Pseudonym-Diskussion den Verdacht, dass ein Teil derjenigen, die auf Klarnamen bestehen, in Pseudonymen einen kulturelle Affront sehen und sie sich deshalb in einem Netz der Pseudonyme fühlen wie Sarrazin in Kreuzberg. Das betrifft vor allem diejenigen, die schon gar nicht mehr den Text lesen, den ich verlinke, sondern munter drauflos kommentieren. Ich fühle mich gerade in dieser Debatte ein wenig wie Sascha Lobo – der kennt ja auch das Problem, dass manche reflexartig das Maul aufreißen, sobald er überhaupt etwas schreibt – egal was und worüber eigentlich.

    Mir geht es um das gute alte „On the Internet, Nobody Knows You’re a Dog“. In dieser Hinsicht bin ich wohl etwas konservativ. Ich finde diese alte Sicht aufs Netz gut. Dabei geht nicht nur darum, dass keiner Wissen soll, wer ich bin, sondern dass ich Freiheitsgrade gewinne, mit meiner eigenen Identität zu spielen und sie zu erforschen. Anders gesagt: „Die Ennomane“ gäbe es ohne das Internet gar nicht und sie deckt sich auch nicht zu 100% mit „Enno Park„. Trotzdem bin ich sowohl „Die Ennomane“ als auch „Enno Park“ und wenn eine der beiden Identitäten weniger echt sein sollte, dann wüsste ich noch nicht einmal zu sagen, welche von beiden denn eigentlich.

    Es geht aber auch um reale Anonymität und dass sie Menschen schützt. Anonymität mag zwar eine Illusion sein, aber in der Praxis ist hinreichende Anonymität im Internet sehr wohl möglich, auch wenn sich theoretisch mit hohem Aufwand die Personalausweis-Identität jeder Person feststellen ließe. Theoretisch kann man sich aber auch bei Clubtreffen der Anonymen Alkoholiker an den Eingang stellen und schauen, ob da jemand reingeht, den man kennt. Die Frage, in welchem Grad Anonymität eigentlich möglich und machbar ist, hat also kein genuines Problem des Internet und spielt in dieser Debatte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle.

    Die Liste unter „Who is harmed by a „Real Names“ policy?“ ist geradezu erschlagend. Zumindest für Teile der in dieser Liste genannten Zielgruppen, Minderheiten und Menschen ist es essenziell, Pseudonyme zu verwenden. Leute, die das als Befindlichkeiten oder Mimimi abtun, sollte man mit Fug und Recht als Ignoranten bezeichnen dürfen. Und auch wenn es in Deutschland keine politische Unterdrückung geben mag: Stalking, Sexismus und Diskriminierung im kleinen kommen auch hier sehr wohl vor.

    Auch will mir das Argument, Google habe ein „Hausrecht“ auf seiner Plattform, nicht einleuchten. Natürlich ist niemand gezwungen, Google+ zu verwenden – hat man aber ein gesellschaftliches Anliegen und möchte man dieses vortragen, dann ist es eine empfindliche Einschränkungen, von Plattformen wie Google oder Facebook ausgesperrt zu werden – auch wenn Google+ diese Relevanz derzeit noch nicht hat. Ich wage die Behauptung, dass Pseudonymintoleranz eine Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit ist – sogar eine recht empfindliche, weil schon die Basis der Meinungsfreiheit betroffen ist, nämlich unter welchem Namen oder mit welcher Identität ich mein Grundrecht eigentlich ausüben will. Schließlich wirkt jede Äußerung eines Menschen immer auch im Kontext der Person, die sie ausspricht.

    So etwas wie ein „Hausrecht“ kann deshalb sehr wohl durch Gesetze eingeschränkt sein: Zum Beispiel muss eine Zeitung Gegendarstellungen abdrucken – und auch ein Anbieter von Online-Communities ist zumindest in Deutschland nach dem TMG gesetzlich dazu verpflichtet, die Nutzung unter Pseudonym zu ermöglichen.

    Als wäre das alles noch nicht genug, hält sich Google noch nicht einmal an die eigenen Richtlinien. Auch die neuesten Statements von Google-Mitarbeitern fordern weiterhin Klar- bzw. Alltagsnamen, die eine eindeutige Zuordnung erlauben. Gleichzeitig wurden aber Leute wie Michael „mspro“ Seemann, ich selbst und einige andere Pseudonym-Nutzer wieder freigeschaltet. Selbst wenn Google+ langfristig wegen der Klarnamenspflicht verxingt und nur noch als Plattform für Business-Auftritte mit verbalem Schlips taugen sollte, so muss doch wohl gleiches Recht für alle gelten.

    „Get a life“ ist an dieser Stelle auch nur ein Argument derjenigen, sie sich ein Leben außerhalb ihres eigenen Tellerrandes nicht vorstellen können. Es kommt ja regelmäßig vor, dass Leute es für nötig halten, meine selbstgewählte Lebensweise zu kritisieren. Meistens mit dem Tenor, das sei ja alles nicht echt in diesem Internet und könne das „reale Leben“ nicht ersetzen. Die meisten verstummen dann, wenn ich ihnen sage, dass schriftliche Kommunikation im Kontext meiner Gehörlosigkeit irgendwie ja doch ziemlich toll und hilfreich ist. Nur warum muss ich das überhaupt sagen? Warum mich eigentlich dafür rechtfertigen? Ich rufe auch niemandem „Get a life!“ zu, der seine Zeit gerne mit dem Fernseher verbringt, was ich persönlich als Zeitverschwendung empfinde.

    Es ist wie mit der Beweislastumkehr: Jemand, der etwas verbietet, muss begründen, warum es verboten sein soll, und nicht umgekehrt. Die einzigen Argumente, die ich bisher für ein Pseudonymverbot gehört habe, sind „hilft gegen Trolle“ und „ich will wissen, mit wem ich es zu tun habe“. In beiden Fällen ist den Leuten sehr einfach geholfen, indem sie Pseudonym-Identitäten einfach nicht in ihre Google-Plus-Kreise aufnehmen. Wie absurd diese Argumentation ist, sieht man daran, dass man mit ihr eine Klarnamenspflicht auf Datingseiten noch viel besser begründen könnte.

    Am Ende kommt dann das Argument, ich wolle mich ja bloß auf Kosten des Themas profilieren. In dieser Hinsicht kann es sowieso niemandem Recht machen. Schreibe ich Google-kritisch, dann betreibe ich „Google-Bashing“. Schreibe ich Google-freundlich, bin ich ein Fanboy und habe gut Reden so als freigeschalteter Pseudonym-Nutzer, der etwas gleicher als die anderen ist. Manche Leute scheint es aus irgendwelchen Gründen zu stören, dass ich überhaupt schreibe und dann auch noch frecherweise über Dinge, die sie gar nicht interessieren oder in denen ich – der Gipfel der Perfidie – eine andere Meinung vertrete als sie selbst. Dabei ist niemand gezwungen, meinen Sülz zu lesen. Niemand muss mich in seine Circles packen. Niemand auf Twitter folgen. Wie übrigens alle anderen Pseudonym-Nutzer auch. So einfach ist das.

  • Links der Woche

    • Intelligenz: Dich kenn ich doch!:

      Rabenvögel gelten als schlau. Ihr Potenzial aber wird erst jetzt offenbar: Die Tiere erkennen Gesichter, ordnen sie ein – und geben ihr Wissen an Artgenossen weiter

    • Leiharbeit und Niedriglohn: Die Reformwut der Politik:

      Eine Meldung mit Gewohnheitswert ist heute der Aufmacher bei FR-Online: Die “Nettolöhne sinken”. Eine Studie des DIW belegt nicht nur dies, sondern auch, dass Einkommenssteigerungen in den letzten zehn Jahren (der Zeitraum davor wurde nicht untersucht) Reichen vorbehalten blieben. Wer arm war und ist, wird es bleiben: Die Geringstverdiener haben die größten Verluste zu tragen. Sie haben Reallohneinbußen in Höhe von 22% zu verkraften. Das sind dann übrigens in aller Regel die, denen man keine Erhöhung ihres Regelsatzes zubilligt.

    • Die Grünen – Kohls Erben?:

      Dennoch ist an der Äußerung des Grünen-Chefs zweierlei bemerkenswert: 1. dass sich die Grünen inzwischen als Erben Helmut Kohls bezeichnen. Das ist ein weiter Weg, den sie zurückgelegt haben. 2. dass an Özdemirs Behauptung etwas Wahres dran ist. Die unbedingte Verteidigung Europas wird tatsächlich immer mehr zum grünen Alleinstellungsmerkmal.

    • der große meck-pomm-camping-erfahrungsbericht:

      alles stand in einer etwa 4 cm tiefen braunen pfütze. ich machte mich an die arbeit und brachte unter anderem einen sack durchweichter grillkohle, pappkartons mit frühstücksflocken und einen berg schuhe in sicherheit. dann legte ich mich wieder auf die leere luftmatratze und schloss die augen.

    • Der kleine Staatsbankrott am Delaware:

      Stundenlang hat das Feuer gewütet. Acht Stunden oder zehn, so genau weiß Mister Lee das nicht mehr. Nachts war der Brand ausgebrochen, und als Lee am Morgen darauf in die Winslow Street fuhr, um in seinem koreanischen Imbiss nach dem Rechten zu sehen, gab es kein Durchkommen. Da loderten die Flammen noch immer. (…) Camden ist pleite, es muss rigoros sparen, auch bei der Feuerwehr.

    • Marshall McLuhan: Der Magier:

      Der Avantgardist des Medienzeitalters war, milde gesagt, kein Freund der Moderne und ihrer liberalen Gesellschaft. Die Reformation betrachtete McLuhan als großes Verhängnis, als schrecklichen Sieg der »Gutenberg-Galaxis«. Mit Anfang 20 lobte er Franco und Hitler und fand, sie seien »auf dem richtigen Weg« zwischen der »Gier des Kapitalismus« und der »Entmännlichung durch den Sozialismus«. Im Jahr 1937 trat McLuhan zum Katholizismus über, und was er danach über Homosexuelle und Feministinnen dachte – darüber schweigt des Sängers Höflichkeit.

    • Sex der Youporn-Generation – „Ich halte Lifestyle-Magazine für schädlich“:

      Es gibt einen riesigen Abgrund zwischen der Ebene der Sprache, der Sprachbilder und der Ebene des Erlebens und der Tat. Beim Schreiben meines Buches hatte ich schon das Gefühl, dass das Darstellen der eigenen Sexualisiertheit oder das Wecken des Begehrens im anderen, als Inszenierung einer Sexiness (…) die Begegnung mit dem anderen ersetzt. Diese Begegnung ist aber notwendig.

    • Intersexualität und die Folgen: Nicht einfach wegoperierbar:

      Nicht nur geschlechtlich, auch rechtlich bewegen sie sich in einer Grauzone: Intersexuelle Menschen kämpfen gegen die medizinische Deutungshoheit über ihre Existenz.

    • Das schwarze Fanal:

      Messerscharfe Analysen, gegründet auf solides Sachwissen und logisch bis zum Ende durchdacht, liegen wieder voll im Trend bei deutschen Kolumnisten und Publizisten! Diese Intellektualisierung des Diskurses ist natürlich auch Aufforderung für ein Blog wie dieses, das messerscharfes Fachwissen als seine Kernkompetenz betrachtet und sich im Zweifel nicht einmal scheuen würde, selbst den Focus Online intellektuell herauszufordern! Und so wurde auf der heutigen Redaktionskonferenz der einstimmige Beschluß gefasst, mit einem eigenen Text zum aktuellen Geschehen all den Online-Publizisten mal zu zeigen, wie man eine richtige Kolumne schreibt!