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  • Bringt der Storch die Babys? Big Data zwischen Rationalität und Aberglaube

    Da geht mal wieder ein Gespenst um, nicht nur in Europa, sondern vor allem im Silicon Valley. Es heißt Big Data und klingt verdächtig nach »Big Brother«. Was wird mit diesem Begriff nicht alles in Verbindung gebracht: totale Überwachung und Verhaltenskontrolle vorzugsweise durch amerikanische Internetkonzerne, Automatisierung unter dem Stichwort »Industrie 4.0« und die dadurch zu erwartende Arbeitslosigkeit, die völlige Verdatung des Menschen und sogar dessen Abschaffung oder – für viele die schlimmere Dystopie – die Abschaffung des Bargeldes. Big Data dreht Wahlkämpfe und installiert Präsidenten, verdrängt Mieter aus ihren Wohnungen, prekarisiert Taxifahrer und macht uns krank: Wenn der Burn-out nicht von alleine kommt, erledigt die allgegenwärtige Handystrahlung den Rest. Zeit, einen Schritt zurückzutreten und den Begriff Big Data nüchtern zu betrachten.

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  • Links der Woche

    • Zehn Jahre iPhone: Stehender Sturm – Carta:

      “Niemand muss heute mehr vorm Apple Store campieren, um die nächste Generation des iPhones zu ergattern, oft will man sie schon gar nicht mehr haben. Die siebte hatte einen Pickel als Linse und bog sich, wenn man sich draufsetzte. Bei der zehnten wird man nur noch stöhnen wie im Sozialismus über „this year’s model“ von Gummistiefeln oder Plattenspielern – und als im Netz zappelnder Appleianer doch irgendwann wieder eines kaufen. Auf gewisse Weise hat sich das iPhone zu Tode gesiegt, indem alle Smartphones heute mehr oder weniger so aussehen.”

    • Racial Profiling: In neun Monaten hat mich die Berliner Polizei 23 Mal kontrolliert:

      “23 Ausweiskontrollen später bin ich es leid, nach meinen Papieren
      gefragt zu werden. Nach meiner Herkunft und was ich denn hier mache. Ich
      ärgere mich über den Polizeibeamten, der mich herauspickt und mich nach
      meinem Pass fragt, während ich mit einer Gruppe weißer Freunde
      herumstehe. Ich ärgere mich darüber, dass ich aus der Ruhe eines
      Spaziergangs am Sonntagmorgen gerissen werde, weil ein Polizist glaubt,
      meine Identität überprüfen zu müssen.“

    • The same procedure:

      “Ich habe in den letzten Tagen übrigens versuchsweise ein wenig Social-Media-Pause gemacht, kein Twitter, kaum FB, ich wollte das auch einmal probieren, quasi Digital Detox und so. Ich hatte die Erkenntnis, dabei keine tiefschürfende Erkenntnis zu haben. Ich bin dadurch weder entspannter noch besser gelaunt, ich lese auch keine schlaueren Bücher. Ich bin nicht konzentrierter und schreibe keine abgründigeren Texte. Ich habe auch kein harmonischeres Familienleben, ich laufe in der Freizeit nicht plötzlich mehrfach um die Alster oder lerne Klavier. Ich habe nur ab und zu spontan auftauchende Pointen im Kopf, die ich ohne soziale Medien nirgendwo schnell loswerden kann, das ist auf Dauer etwas lästig.”

  • App-Fasten

    tl;dr: Tschüß, Instagram.

    stpeterording

    Alle jubeljahre, wenn ich mein Betriebssystem neu installieren muss oder ein neues Telefon bekomme, installiere ich auf dem Gerät alles neu. Ist klar, das ist eine Menge Arbeit und mittlerweile wäre es kein Problem, Daten und Installationen einfach rüberzuholen, aber ich mag dieses Gefühl, nur die wirklich wichtigen Apps zu installieren, ein aufgeräumtes Telefon (bzw. Notebook) zu haben und weitere Programme und Apps dann erst wieder zu installieren, wenn ich sie auch wirklich benötige. Menschen, die meinen Hang zu Minimalismus und Einfachheit teilen und diesen Drang kennen, auszumisten und Dinge zu verschenken, kennen das Problem.

    Diesjähriger Anlass war ein kaputtes Smartphone, das in der Familie einen Ringtausch auslöste. Ich war eigentlich sehr glücklich mit meinem OnePlus One, fand es aber in vielen Situationen einen Tick zu groß. Außerdem hatte ich gelegentlich Probleme mit Telefonaten, die trotz aller Basteleien nie ganz verschwanden. Also habe ich mir ein neues gekauft und zwar diesmal mit Absicht keinen High-End-Boliden, kein Samsung S7 oder ähnliches (iPhone kam eh nicht in Frage, da ich iOS nicht mehr leiden kann und mittlerweile in vielen Details unpraktisch und einschränkend finde) mit riesigem Display, sondern etwas kleines, kompaktes. Die Wahl fiel auf ein Sony Experia Xcompact. Nichts weltbewegendes, Mittelklasse, sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis,  alles drin was ich brauche und vor allem: einen Tick kleiner und handlicher, worüber ich mich gerade quasi täglich freue. Das Gerät macht auch nach einer Woche noch Spaß. Dem einzigen, das ich nachtrauere, ist CyanogenMod, das doch in vielen Details sehr viel besser ist als das Android-Derivat von Sony.

    Die zentralste App, die beim diesmaligen Telefonwechsel über die Klinge springen musste, ist Instagram. Das ist ziemlich bemerkenswert, habe ich mir doch 2010 eigens ein iPhone 4 gekauft, unter anderem, weil ich unbedingt Instagram haben wollte, es die App aber noch nicht für Android gab. Instagram war neben Twitter lange Zeit meine Lieblingsbeschäftigung. Es war mir so teuer, dass ich sogar die Übernahme von Facebook verschmerzt habe. Ich nutze Facebook nur im Browser, weil ich nicht möchte, dass es abgreift, was ich außerhalb von Facebook so treibe. Ich finde, Facebook muss weder meinen Browserverlauf kennen noch meine Standort-Daten. Reicht dass Google die hat und dass die Daten, die ich so produziere, schön in verschiedene Datensilos wandern, die sich untereinander nicht grün sind. Facebook kommt mir als App also nicht aufs Telefon und Whatsapp nutze ich aus ähnlichen Gründen schon seit Jahren nicht mehr. Wer mir eine Nachricht schicken will, findet zwölfzig andere Wege, das zu tun.

    Von Instagram konnte ich nicht lassen. Das hat mir zu viel Spaß gemacht. Und dieser Spaß ist irgendwann letztes Jahr gekippt, als Instagram die Timeline von chronologisch auf algorithmisch umgestellt hat. Ich weiß auch nicht so genau, warum, aber aber seitdem macht mir das Durchscrollen der Timeline einfach nur noch sehr viel weniger Spaß. Was ich zu sehen kriege, interessiert mich nicht besonders. Was mich interessiert, kriege ich nicht unbedingt zu sehen. Bei Facebook ergibt die algorithmisch sortierte Timeline viel Sinn, bei Twitter und Instagram wirkt sie sich katastrophal auf das Nutzungsverhalten aus. Das ist hoch subjektiv, aber ich weiß, dass ich mit diesem Gefühl nicht alleine bin.

    Allerdings hinterließ Instagram eine Lücke. Ich brauche ein App, mit der ich schnell nette Fotos machen, mit allerlei Einstellungen aufhübschen und diese dann direkt aus der App ohne Fummelei auf Twitter, Facebook oder beidem posten kann. Und ich pflege meinen Blogpost Fotos im Instagram-Stil voranzustellen und brauchte eine App, mit der ich solche Bilder erstellen kann, ohne Photoshop anzuwerfen. All das scheint EyeEm sehr angenehm, zuverlässig und mit einer schönen und einfach zu bedienenden UI zu erledigen. Bis auf weiteres wird das also meine Foto-App der Wahl. Interessanterweise waren schon sehr viele von euch da, als ich meinen Account klickte, die meisten haben aber nur einen Account und posten nicht. Vielleicht kriege ich auf EyeEm ja sogar wieder eine hübsche Foto-Timeline zusammen. Einstweilen tut die App, was sie soll und die nächste Zeit wird es also mal wieder mehr #Nachtkatzencontent geben. Mal sehen, ob ich sie in ein paar Monaten noch mag.

  • Verteidigung der Selbstoptimierung

    Selbstoptimierung ist vielen suspekt. Wenn schon in der Arbeitswelt alles streng durchoptimiert ist, brauchen wir dann zusätzlich noch privat eine weitere Tretmühle aus Schrittzählern und Pulsmessern? Werden wir zu Sklaven unserer Daten, unterworfen von Algorithmen, die unseren Alltag strukturieren? Droht gar ein neues puritanisches Zeitalter der Verhaltensvorschriften? Und wie viele Pillen werfen wir nur ein, um im kapitalistischen Rattenrennen mithalten zu können?

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  • Von China lernen heißt zensieren lernen

    Russland will künftig das Internet streng kontrollieren. Allerdings fehlt es der russischen Regierung dafür an Know-how und Technik. Die möchte Präsident Wladimir Putin deshalb in China einkaufen.

    Seit dem Sommer gilt in Russland das sogenannte Jarowaja-Gesetz zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Inoffiziell benannt nach der Initiatorin Irina Jarowaja, einer regierungstreuen Duma-Abgeordneten, sieht es hohe Haftstrafen für die Beteiligung an Terroranschlägen im In- und Ausland vor, geht aber weit darüber hinaus. So wird das »Unterlassen des Meldens einer Straftat« mit einem Jahr Gefängnis bestraft, die »Rechtfertigung von terroristischen Handlungen« mit sieben Jahren Haft. Da kann ein unbedachter Facebook-Post schlimme Folgen haben, zumal das Mindestalter für die Strafmündigkeit bei diesen Vergehen auf 14 Jahre abgesenkt wurde.

    Das Gesetz zielt auf klassische Medien wie Zeitung und Fernsehen genauso wie auf Beiträge privater Internetnutzer in sozialen Medien. Zudem müssen Telekommunikationsunternehmen sämtliche Korrespondenz ihrer Kunden für sechs Monate aufbewahren – die zugehörigen Metadaten sogar für drei Jahre. Außerdem müssen Anbieter von Verschlüsselung auf Verlangen des russischen Geheimdienstes FSB Nachschlüssel bereitstellen.

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  • Kein Fall für die CyberNATO

    Während am Adventssonntag die erste Kerze angezündet wurde, ging für fast eine Million Kunden der Telekom das Internet aus. Was wie ein großflächiger Cyberangriff auf das Telekom-Netz aussah, war wohl nur Kollateralschaden der tagtäglich im Netz herumwühlenden Scripte und Viren. Es gab einen Angriff – wer dahintersteckt, ist bislang nicht bekannt –, aber das Ziel war nicht das Telekom-Netz, sondern ein Standardprotokoll, das den kryptischen Namen »TR-069« trägt und der Fernwartung von DSL-Routern dient. Haben solche Router eine bestimmte Sicherheitslücke, kann ein Angreifer sie per Fernzugriff kapern und für Angriffe aller Art zweckentfremden. Deshalb scannen Angreifer ununterbrochen und automatisiert das Internet nach Geräten mit unter anderem dieser Sicherheitslücke. Das geht normalerweise geräuschlos vonstatten.

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