Tauss verurteilt: …und alle Fragen offen (Update)

Jörg Tauss ist wegen des Besitzes von Kinderpornographie zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus und sollte von juristisch besser bewanderten Bloggern analysiert werden. Ich würde mich nicht wundern, wenn Tauss in Berufung geht. Jörg Tauss will in Berufung gehen.

Wie schon vorher erwartet, klärt das Urteil eigentlich nichts. Es ging nicht um die Frage, ob er das „Material“ besessen hat – das stand schon vorher fest. Juristisch ging es um die Frage, ob er es als Abgeordneter des Bundestages in Ausübung seines Mandats besitzen durfte. Das hat das Gericht mit diesem Urteil verneint. Eigentlich ging es aber um etwas noch anderes, etwas juristisch kaum greifbares: Zu welchem Zweck er das Zeug besessen hat.

Da gibt es Indizien, die für einen „privaten Konsum“ sprechen wie zum Beispiel Tatsache, dass er nach Ende seiner Recherchen weder mit dem Ergebnis an die Öffentlichkeit ging, noch das Material vernichtete. Es gibt Indizien, die dagegen sprechen, wie die mittlerweile so häufig zitierte „szeneuntypische Menge“ und es gibt Scheinindizien wie die Unterbringung im Schlafzimmer, die nichts zur Sache tut, da ihm in seiner Dienst-WG sowieso nur ein Zimmer zur Verfügung stand.

Es ist egal, ob es bei diesem Urteilsspruch bleibt oder Jörg Tauss in Berufung gehen wird; klären kann man allenfalls, ob er doch durfte, was er tat. Nie klären können wir, ob er es aus unlauteren oder ehrenhaften Beweggründen tat. Jetzt wird nochmal deutlicher, was schon vorher klar war: Der „Fall Tauss“ ist eine Glaubensfrage, die letztlich über das tabubehaftete Thema und persönliche Sympathie oder Antipathie entschieden wird. Freilich: Die Öffentlichkeit wird nicht so stark differenzieren. Sie stellt lediglich die Worte „Tauss“, „Kinderpornographie“ und „verurteilt“ in eine Reihe.

Verliert er seine Mitgliedschaft in der Piratenpartei automatisch? Nach §5(1) der Bundessatzung passiert das bei Aberkennung der Wählbarkeit oder des Wahlrechts. Nach §45(1) StGB verliert jemand, der zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde, der für ein Verbrechen verurteilt wurde, auf das eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr steht, das passive Wahlrecht für fünf Jahre. Das ist hier der Fall, also müsste seine Parteimitgliedschaft eigentlich automatisch erlöschen, sobald das Urteil rechtskräftig wird. Das ist hier nicht der Fall, weil es sich nicht um ein Verbrechen sondern um ein Vergehen handelt; also gibt es auch keinen automatischen Parteiauschluss. (Dank an Jan Scheijbal für die nähere Erläuterung.)

Juristisch ist die Sache also (vorerst) geklärt. Politisch wird es keine Alternative zum Parteiausschluss geben, es sei denn, man ändert die Satzung oder Jörg Tauss wird in höherer Instanz doch noch freigesprochen. Menschlich bleibt alles eine Glaubensfrage, und da sollte nach wie vor „in dubio pro reo“ gelten – oder einfach die Anerkenntnis, dass er bereits bestraft wurde.

Allen, die tiefer in das Thema einsteigen möchten, empfehle ich sehr die Prozessbeobachtungen bei bruchsal.org.

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