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  • Hören nach Zahlen

    Wie misst man eigentlich Schwerhörigkeit? Indem man Menschen tiefe, mittlere und hohe Töne vorspielt und so lange lauter macht, bis sie sie hören. Das ergibt dann so ein Audiogramm wie oben. Es zeigt mein rechtes Ohr vor der Operation. Das Hörgerät musste also früher alles um 75-95 dB verstärken, damit ich etwas höre.

    Dezibel ist eine logarithmische Skala: alle zehn Dezibel verdoppelt sich die Lautstärke. 85 dB entspricht ungefähr dem Krach an einer Hauptverkehrsstraße. Ein Fernseher auf Zimmerlautstärke ist etwa 60 dB laut und ein in 100 m Entfernung vorbeifliegendes Kampfflugzeug 110-140 dB. Hier liegt auch in etwa die Schmerzschwelle und die Schwelle, ab der auch nach kurzer Einwirkung bleibende Hörschäden zu erwarten sind. Bei 120 dB spricht man auch von Taubheitsschwelle. Ab wo man von „gehörlos“ sprechen kann, ist umstritten. In letzter Zeit wird die Bezeichnung eher pragmatisch benutzt, sodass ich mich mit obigem Audiogramm als gehörlos bezeichne, weil ich ohne Hörgeräte oder CI eben Stille um mich habe, wenn gerade kein Kampfjet vorbeifliegt. Medizinisch gesehen spricht man eher von an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit.

    Es gibt aber noch eine andere wichtige Messgröße: Das Sprachverständnis. Dazu gibt es viele verschiedene Tests. Der einfachste und zugleich für den Probanden schwierigste ist der Freiburger Sprachverständnistest. Dabei werden eine Reihe von einsilbigen Wörtern wie „Schnee“, „Mund“ und „Klotz“ vom Band vorgespielt, die nachgesprochen werden müssen. Ein gut hörender Mensch sollte hier 100% schaffen. Auch ein normal hörender Mensch wird hier eventuell mal ein Wort nicht verstehen.

    Diesen Test habe ich heute zum wiederholten Male durchgeführt. Im Frühjahr 2011 hatte ich mit (wirklich sehr guten) Hörgeräten ein Sprachverständnis von 25%. Heute mit Cochlea-Implantat schaffe ich auf dem rechten Ohr 75%, auf dem linken Ohr 85% und mit beiden Ohren gemeinsam 90%. (Ja, das linke Ohr, obwohl erst im Oktober operiert, hat mein rechtes überholt. Der Audiologe staunt auch.)

  • No sleep till #Offenbings

    Was macht man, wenn man zum Parteitag will und keine Kohle hat? Man besorgt sich eine Schlafgelegenheit bei @InsideX und @nad_no_ennas und fährt da mit der Regionalbahn auf Behi-Ausweis hin. Seit dem 1. Oktober 2011 geht das auch offiziell – die 50-km-Beschränkung ist abgeschafft. Für die die 550 km braucht man mit der Regionalbahn 10 Stunden und steigt fünf mal um. Was wie eine Qual klingt, ist eigentlich ganz gemütlich, jedenfalls wesentlich angenehmer als eine Bus- oder Autofahrt.

    Die 10 Stunden waren auch nicht verplempert: Ich habe halt das Antragsbuch (PDF) durchgearbeitet. Wichtigste Frage: Gibt es ein Leben ohne ICE und Steckdose am Platz? Am Ende hatte mein Minilaptop/Riesennetbook (Acer Aspire 1810TZ) noch 34% Akku nach ca 7 Stunden Nutzung netto. Es muss also nicht immer Apple sein. Das iPhone hatte zwar auch noch 30%, war aber außerhalb von Bahnhöfen im Flugzeugmodus.

    Akustisch war der Parteitag die Feuerprobe: Jawoll, ich bin wieder in der Welt der Hörenden angekommen. Ich konnte mühelos der Versammlungsleitung und den Redebeiträgen folgen, auch ohne hinzusehen, und wenn ich etwas nicht mitbekommen habe, dann weil ich schlicht und ergreifend abgelenkt war oder meine Aufmerksamkeit nachließ. Das einzige Problem: halblaute Gespräche, während Reden gehalten werden. Dafür bitte ich dann doch noch vor die Tür. War aber die zwei Tage eigentlich nur einmal nötig.

    Mehrmals bin ich gefragt worden, was ich da am Kopf habe. Manche tippten auf Handy, andere auf Hörgerät. Einer wollte mir nicht glauben, dass es sich um ein Implantat handelt, das Signale auf meinen Hörnerv gibt. Dem sagte ich dann, in Wahrheit sei das auch das iPhone 5, was aber noch streng geheim sei, was die Person aber auch nicht zufrieden stellte.

    Ansonsten war es einfach nur großartig. Viele Leute wieder gesehen oder endlich überhaupt mal getroffen, unzählige Hände geschüttelt, irgendwann die Fähigkeit verloren, Gesichter zuordnen zu können. Lang wurde es mir eigentlich nie: Anträge und Debatten waren spannend, manchmal kam Stadion-Laune auf und selbst dem GO-Anträge-Foo konnten wir oft noch viel Spaß abgewinnen.

    [youtube]hXgaWAsCLAU[/youtube]Dazu kommt, dass der Parteitag fast alle Einzelpunkte so abgestimmt hat, wie ich selber. Das war dann schon mein Weihnachten – was sonst soll ich mir wünschen?

  • Links der Woche

    • Leitfaden für Lauscher:

      Auch beim Verdacht auf “normale” Straftaten meinen die Münchner Fahnder, ohne besondere Genehmigung Fahrzeuge über die bordeigenen Systeme tracken zu dürfen. Begründet wird dies damit, dass es ausreicht wenn eine “Einverständniserklärung” des Herstellers und des Fahrzeugeigentümers vorliegt. Fahrzeugeigentümer kann ja auch ein Dritter sein, z.B. Autovermietung, Arbeitgeber oder Leasingfirma.

    • Die Welt lässt sich nicht berechnen:

      Die neoklassische Lehre vom Markt etwa wird fälschlicherweise vom Gütermarkt auf andere Märkte übertragen. Der Gütermarkt wird über Angebot und Nachfrage beschrieben. Angebot ist eine monoton wachsende Funktion des Preises und Nachfrage eine monoton fallende Funktion des Preises. Diese beiden Linien kreuzen sich irgendwo, und da entsteht das Gleichgewicht, auf das sich der Markt einstellt. Der Anschaulichkeit halber wird das mit dem berühmten Bild eines Marktplatzes beschrieben, auf dem sich Anbieter und Nachfrager treffen und die Preise aushandeln. So fangen alle VWL-Lehrbücher an, die sich kreuzenden Linien der Funktionen aus Angebot und Nachfrage bilden das sogenannte Marshall-Kreuz, das jeder VWL-Student kennt. Und dann der Fehler: Dieses Modell wird auf Teufel komm raus auf alle möglichen Situationen angewandt, etwa den Arbeitsmarkt. (…) Im Niedriglohnbereich ist die Annahme einer monoton wachsenden Angebotsfunktion nicht korrekt. Wenn ich die Löhne senke, muss jemand, der davon leben will, mehr arbeiten, um auf dieselbe Summe zu kommen. Die Modellannahme geht aber davon aus, dieser Jemand würde dann weniger arbeiten, weil der Einsatz seiner Arbeitskraft für ihn nicht attraktiv ist. Das geht an der Wirklichkeit vollkommen vorbei, wird aber einfach so behauptet und als Argument gegen Tarif-oder Mindestlöhne herangezogen.

  • Bezirksbeauftragter, Partei-Foo und Dementi

    schrieb ich gestern auf Twitter und Facebook, was neben Gratulationen (Vielen Dank!) offenbar von vielen missverstanden wurde. Daher ein kurzes Dementi: Das ganze war „no big deal“. Es gab fünf Kandidaten und die Versammlung beschloss, die Zahl der Beauftragten ebenfalls auf fünf zu erhöhen, was ich gut finde, weil letztes mal einer der drei Beauftragten zurückgetreten ist und die Arbeit an nur zwei Leuten hängen blieb. Es gab also keinerlei dramatische Kampfabstimmung, es musste lediglich jeder der fünf Kandidaten mehr als die Hälfte der Anwesenden von sich überzeugen. Es gibt keine feste Aufgabenverteilung unter den fünf Bezirksbeauftragten, aber de facto werde ich mich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern und unter anderem das Blog und den Twitter-Account pflegen. Was genau alles ansteht, kann dort mitgelesen werden.

    Für Nicht-Berliner und Nicht-Piraten: Vergleichbar ist das ganze mit einem Kreisvorstand. Es handelt sich um ein Ehrenamt, das ich in meiner Freizeit ausübe, und nicht um eine bezahlte Stelle und hat schonmal gar nichts mit den Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus oder den Bezirksverordnetenversammlungen zu tun. Im Gegenteil: Parteiarbeit darf nicht aus Fraktionsgeldern bezahlt werden und in der Piratenpartei gibt es (fast) keine vergüteten Stellen. Meine Jobsuche ist also noch nicht vorüber und ich freue mich weiterhin über Angebote.

     

     

  • Twitter im November

    Zum Nachfaven bitte draufklicken:

  • S21: Was wir aus der Volksabstimmung lernen können

    Die Menschen in Baden-Württemberg haben beim Volksentscheid für den Weiterbau des neuen Bahnhofs in Stuttgart gestimmt. Die Enttäuschung der Aktivisten und Demonstranten, die bis aufs Augenlicht gegen den Umbau gekämpft haben, ist riesig. Das gibt den Zynikern, die sich über die Proteste echauffieren, noch lange nicht recht. Selbstverständlich darf man gegen einen Bahnhof demonstrieren, obwohl es scheinbar wichtigere Dinge gibt. Der Widerstand gegen Stuttgart 21 war ein Erfolg – nämlich weil er dieses Plebiszit überhaupt herbeiführte.

    Und das ist zugleich der Haken an der Sache: Nur weil eine Gruppe laut trommelt und in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, sie habe die Meinungsführerschaft oder vertrete gar die schweigende Mehrheit, heißt das noch lange nicht, dass das auch stimmt. Die geringe Wahlbeteiligung und die Mehrheit für den Weiterbau haben gezeigt, dass die S21-Gegner sich verkalkuliert haben. Das Ergebnis sagt nichts darüber aus, ob der Umbau des Bahnhofs nun richtig oder falsch ist, es sagt aber aus, dass die Mehrheit der Abstimmenden keine Bahnhofsnostalgiker und keine Parkschützer sind und der Mehrheit der Wahlberechtigten insgesamt die ganze Sache sogar egal ist. Wer Bäume oder Bahnhöfe retten will, muss das bitter finden.

    Anhänger von Volksabstimmungen und direkter Demokratie sind jetzt hoffentlich ein wenig ernüchtert: Der größte Feind des Plebiszits ist noch immer die Ignoranz. Direkte Demokratie bedeutet, dass zwei Wölfe und ein Schaf darüber abstimmen, was es zum Essen gibt. Bestimmte Fragen (wie zum Beispiel die über die Einführung/Abschaffung der Todesstrafe) möchte ich lieber nicht ungefiltert dem Volk überlassen. Demokratie sollte eben nicht die Herrschaft der Mehrheit sondern die Herrschaft des Volkes an sich bedeuten, wozu das Abwägen von Kompromissen gehört. Egal wie groß der Ekel vor dem Politikbetrieb ist, etwas besseres als die derzeitige parlamentarische Demokratie haben wir eben weiterhin nicht – außer vielleicht Liquid Democracy.

  • Links der Woche

    • Facebook-Revolution revisited:Es wäre aber auch genauso verkehrt, das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten als Vehikel gesellschaftlicher Transformationsprozesse zu unterschätzen. Im Moment sorgt die ägyptische Studentin Aliaa Magda Elmahdy für Furore. Per Selbstauslöser hatte sie eine Serie von Nacktbildern aufgenommen und zunächst bei Facebook hochgeladen. Nachdem Facebook die Bilder aus ihrem Profil entfernte, fragte ein Freund, ob er die Serie per Twitter veröffentlichen soll, und mit ihrer Zustimmung brachte Elmady den Stein richtig ins Rollen. Mit den Nacktbildern wolle sie „gegen Gewalt, Rassismus, sexuelle Belästigung und Heuchelei” in der ägyptischen Gesellschaft protestieren.

    • Das qualitätsjournalistische Reality Distortion Field:So dreist hab ich noch nie jemanden lügen sehen. Jeder, der einen Internetanschluss besitzt, kann sich innerhalb von 5 Minuten vom Gegenteil überzeugen. Guttenberg sitzt auf einem riesen Berg aus Scheiße und behauptet, er rieche nichts.

    • Ein Spielfilm „im Netz“ (Pornorama):Fast begann der Film schon eine Wim-Wenders-hafte Langeweile auszustrahlen, da trat urplötzlich und unmotiviert ein drahtiger Jüngling zur Tür herein. Es entspann sich ein belangloser, später etwas anzüglicher Wortwechsel, der, seis aus kognitiven Beschränktheiten, seis aus dramaturgischen Gründen, die Handlung zunächst nicht wesentlich vorantrieb. Aber der Dame wurde offenbar dennoch warm von der Konversation. Knopf auf Knopf öffnete sie ihr Kleid und verschaffte sich Kühlung, dabei unversehens und gewiss unbeabsichtigt gewisse Reize enthüllend.

  • Es werde Musik!

    Zwei Wochen nachdem auch auf der linken Seite das Cochlea-Implantat angeschaltet wurde, ist meine Stimmung leicht mau. Alles ist zu leise, auf der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung in Pankow verstehe ich weniger als erwartet und allgemein hört sich alles elektrisch an. Dafür aber endlich Richtungshören. Das linke Ohr reagiert anders als das rechte auf das CI, nämlich mit einem heftigen Tinnitus, der aber verschwindet, sobald ich das CI aufsetze und einschalte. Wahrscheinlich muss sich der Hörnerv aber noch an die elektrische Reizung gewöhnen. Davon abgesehen entwickelt sich das Hören auf der linken Seite extrem schnell. Es ist immer noch ziemlich vom „Wling“ unterlegt und Menschen klingen, als hätten sie Helium inhaliert, die Entwicklung ist aber viel schneller und schon jetzt verstehe ich mit beiden CIs viel besser als zuvor mit Hörgeräten.

    Beim Anpassungstermin hatten wir dann nochmal beide Seiten vorgenommen und erneut komplett durchgespielt: Wann höre ich einen Ton, wann ist er laut, sind Ton 1 und Ton 2 gleich laut usw. Da floss mit ein, dass ich sagte, alles sei insgesamt zu leise. Am Schluss machte mein Audiologe noch ein Hinweis: Der Prozessor ist so eingestellt, dass laute Geräusche automatisch runtergepegelt werden. In dem Moment fiel bei mir der Groschen. Warum ich Musik oder Filme viel zu laut mache. Warum ich beim Heavy Metal Bäcker nicht mehr richtig bestellen kann. Warum die heißgeliebte Morgenstimmung von Grieg eine indifferente Pampe ist und Metallicas Creeping Death wie Scooter klingt. Ich dachte, die Dynamik sei futsch, weil das CI nur bis zu 10 Elektroden im Ohr gleichzeitig befeuert, und versuchte mich schon gedanklich an ein Leben zwischen Depeche Mode und Sebastien Tellier zu gewöhnen. Ganz falsch.

    Ich insistierte also, er möge das bitte jetzt sofort machen und mir auf das sonst nicht benötigte Programm 2 legen. Der Sprachprozessor des CI hat nämlich 4 Programme, die per Fernbedienung oder etwas fummelig über die mehrfach belegten Tasten am CI umgeschaltet werden können. Bei mir sind das jetzt 1: „Alltag mit Runterpegeln“, 2: jetzt „Alltag ohne Runterpegeln“, 3: „Fokus in lauter Umgebung“ (eine Art Richtmikrofon und mein akustisches Killerfeature in Kneipen und lauter Umgebung) und 4: „Musik“ (lässt alles möglichst ungefiltert durch, klingt aber furchtbar und hat noch immer sehr viel „Wling“).

    Wieder zu Hause habe ich mir zuerst die Tagesschau im Web ohne Untertitel angesehen (alles bestens verstanden) dann eine ganze Weile Musik gehört und wurde dabei immer euphorischer. Ja, der Sound ist noch künstlich, elektrisch und Sänger klingen übers linke Ohr leicht albern, aber plötzlich war alles da und ich konnte die Musik (zumindest rechts) präzise und kristallklar wahrnehmen. Die Sonne hebt sich bei Grieg wieder langsam und majestätisch über den Horizont. Der Lautsprecher will nach den ersten Takten Akustikgitarre in Saxons „Crusader“ wieder aus der Box fallen. Und die zweite Hälfte von Metallicas „One“ ist wieder Stakkato statt Matschepampe. Und das wichtigste: Wenn man aufdreht wird es auch laut.

    Ganz allgemein kann ich nun auch über Lautsprecher viel besser hören, ohne das CI an einen Kopfhörerausgang anzuschließen, was sonst eigentlich nötig war, wenn ich mir ein Video ohne Untertitel ansehen wollte. Auf Twitter schrieb ich später: „Da ändert man eine winzige Detaileinstellung im #CI und es ändert sich alles. Geil. Noch ein wenig testen, dann gibts ein Update im Blog.“ und später „(Höre Grieg und überlege, ob mein Audiologe ein Gott oder ein Idiot ist.)“ und meinte damit, dass ich diese spezielle Einstellung doch schon viel eher hätte haben können, aber über die neuerliche Verbesserung viel zu glücklich bin, um mich zu beklagen.

    Was habe ich seither getan: Viel Musik aller Art gehört und auch genossen; mich in einem Bus und in der Tram sowie an einer lauten Straße unterhalten, teilweise ohne die Person anzusehen, sowie zu viert in der S-Bahn dasselbe; Jan-Uwe Fitz beim Vorlesen aus „Entschuldigen Sie meine Störung“ zugehört und endlich auch seine kleinen Späßchen zwischendurch verstanden; ein Kneipengespräch im Übereck (ruhig); FC St. Pauli gegen Hansa Rostock im Oberbaum-Eck gucken und dabei durchaus ein wenig mit den Leuten reden (alles andere als ruhig); verstehen, was jemand im Nebenzimmer laut zu mir sagt. Letzteres war wohl ungefähr das erste mal seit 1988 oder so.

    Was ich mit der neuen Einstellung noch nicht gemacht habe: Beim Heavy Metal Bäcker frühstücken, telefonieren, in einen Club oder auf ein Konzert gehen und eine BVV-Sitzung besuchen. Aber morgen beginnt ja eine neue Woche.

  • Links der Woche

    • Ein deutscher Bezirk: Wo die braven Leute wohnen:Bevor Grebe also zu singen anhob, fragte er noch einmal ins Publikum, ob hier jemand aus dem Prenzlauer Berg sei? Eine Kollegin, die das Konzert besuchte, hob – todesmutig, wie man im Nachhinein sagen könnte – die Hand. Mit ihr zusammen tat das noch genau eine andere Frau. Eine einzige! Und die ganze Waldbühne begann daraufhin, die beiden auszubuhen. Natürlich wohnt auch Rainald Grebe selbst im Prenzlauer Berg. Wo sonst?

    • EsoWatch » Freie Waldorfschule Kempten: Ein ehemaliger Schüler berichtet:Während der Zeit in der ich an der Schule war habe ich sehr viel Schrott gelernt. Geschichten von Atlantis, wo es schwebende Menschen gegeben haben soll, wurden im Geschichtsunterricht erzählt. Auch nordische Götter wie Odin, Thor usw. nahmen viel Raum ein in den ersten Jahren. Eurythmie hatte ich natürlich auch. Selbst in der 11. Klasse wurde uns beigebracht, dass es keine Elektronen gäbe.

    • „Datenschutz greift nicht mehr“:Entweder ich sage, ich möchte das Konzept Datenschutz bewahren, weil mir etwas liegt an der informationellen Selbstbestimmung des Individuums. Oder ich sage, ich werfe das über Bord und kämpfe für eine meinetwegen positive Utopie – dafür, dass wir uns alle transparent machen können, ohne dass dies zu Diskriminierungen führt. Tut mir leid, dass ich prinzipiell nicht der Meinung bin, dass wir – schon gar nicht auf die Schnelle – aus dieser Gesellschaft eine hierarchiefreie, von Machtinteressen befreite Gesellschaft machen können.

    • Charles Mingus Cat Toilet Training Program:Don’t be surprised if you hear the toilet flush in the middle of the night. A cat can learn how to do it, spurred on by his instinct to cover up. His main thing is to cover up. If he hits the flush knob accidentally and sees that it cleans the bowl inside, he may remember and do it intentionally.

    • Die große heilige Inquisition vs. Schockwellenreiter (2):Es gibt Neues zu berichten in der Sache »Die große heilige Inquisition vs. Schockwellenreiter«: Ich habe es nicht geglaubt, aber die Berliner Staatsan­walt­schaft hat tatsächlich eine Anklage erhoben, sie flatterte mir an diesem Wochenende ins Haus. Aufgrund eines mittelalterlich anmutenden Paragraphen, des Gotteslästerungsparagraphen, der laut einem Bericht der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen aus dem Jahre 2011 »mit den allgemeinen Menschenrechtsstandards inkompatibel« ist.

    • Eurokrise: Und vergib uns unsere Schulden:Die Anthropologie weiß längst, dass die auf Adam Smith zurückgehende Geschichte ökonomischen Handelns eine Fiktion ist. Noch heute glauben wir, es habe erst den Tauschhandel gegeben, der dann, aus Gründen der Bequemlichkeit, von Geld abgelöst worden ist. Dafür, so Graeber, gibt es keine einzige Quelle. Er unterscheidet recht wirkungsvoll zwischen „kommerziellen Ökonomien” und „menschlichen Ökonomien”. Tatsächlich beginnt die Geschichte der menschlichen Ökonomie mit Krediten und ohne Geld. (…) Erst als Geld zur Sache wurde und schließlich zu einer creatio ex nihilo, die den Wert aus sich selber schafft, begann es, massiv soziale Beziehungen zu korrumpieren.

  • Links der Woche

    • Nicht das Urheberrecht ist das Kernthema:Erstens werden die Piraten das Problem nicht lösen, genau wie keine andere politische Partei das tun wird, weil es so nicht geht. Denn zweitens ist das Urheberrecht nicht das Problem – wenn man Lena Falkenhagen oder sonst eine Person ein neues Urheberrecht schreiben ließe und es in ein Gesetz gösse – es würde nichts ändern. Denn das Problem ist nicht das Recht, das Problem ist der durch das Internet bewirkte Strukturwandel. Während die Industriealisierung millionenfach manuelle, repetetive, gefährliche und langweilige Arbeit weg rationalisiert hat, bewirkt das Internet auf eine ganz andere Weise ähnliches bei den Kopfarbeitern und Kreativen.

    • Lieb mit Ferkeln:Cengiz ist der Freundliche-Mensch-Mann. Eines Tages tritt er bei LIDL vorm Käse-Regal auf mich zu, breitet die Arme aus, blinzelt mich forschend aus seinen dreiviertelblinden, spülwasserfarbenen Augen an, die hinter den glasbausteindicken Brillengläsern kaum zu ahnen sind, und streckt mir die Hand entgegen. Seine Brillenbügel sind mit Tesafilm geflickt, was ihm eine nonchalant verwegene Note verleiht. Sein Händedruck ist fest und bestimmt. – „Sie sind gutte-freundliche Mensch!“

    • Wenn Sprache behindert:Journalisten_innen neigen dazu, die Extreme einer Person beziehungsweise einer Geschichte hervorzuheben und zu überhöhen. Dann überstrahlt das schwere „Schicksal“ des „Sorgenkinds“, alles, was diesen Menschen über seine Behinderung hinaus auszeichnen könnte. Das andere Extrem ist der „Superkrüppel“, jener Mensch, der seine Behinderung offenbar „überwunden“ hat, den Mount Everest mit seinem Rollstuhl erklimmt, und als Held gefeiert wird. Wenn jemand etwas „trotz“ statt „mit“ seiner Behinderung schafft, dann ist es sofort eine besondere Leistung. Dabei liegt doch die Wahrheit, wenn wir ehrlich sind, höchstwahrscheinlich in der Mitte. Aber warum sehen wir sie nicht? Wo bleiben die blinde Kassiererin, der Erzieher mit Down- Syndrom oder die Bankangestellte im Rollstuhl?

    • Nostalgie ist was für Pussies:Menschen, die zu Kindern sagen, “Genieß die Zeit, es ist die schönste deines Lebens.” sind nur Menschen, die nicht die Chuzpe haben, die Freiheit, die sich ihnen nun bietet, auch zu nutzen. Sich in eine Zeit zurück zu wünschen, in der man abhängig war, unselbstständig und unemanzipiert, bedeutet nicht, dass man nostalgisch ist. Es bedeutet nur, dass man feige ist.