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  • Wiedergutmachung für den ePerso

    Sicherheitslücken, Undurchschaubarkeit für den Durchschnittsbürger, Angst vor Überwachungsfunktionen – der elektronische Personalausweis ist unbeliebt. Das Bundesministerium des Innern reagiert mit einer PR-Kampagne.

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  • Links der Woche

    • Sacking Berlin:

      „It’s easy to talk about lost Golden Ages in Berlin. Everyone has their own romanticized era: louche Weimar Berlin before the Nazis, Iggy and Bowie’s seventies Berlin before the Wall fell, or maybe the squatter’s Berlin of the good old nineties. So when people start complaining that something has changed in the city, it’s tempting to dismiss it as insider one-upmanship, the old game of “I was here when.” And yet something has felt different in recent years.“

    • Homöostasis:

      „Drei Mahlzeiten am Tag sind wichtig, drei Mahlzeiten am Tag sind falsch, sind out, besser sind fünf, sieben, falls man abnehmen will, zwei, zu Abend isst man am besten gar nichts, oder jedenfalls nichts fettiges, nichts süßes, kein Fleisch, und am besten bis man satt ist, oder besser nur halb so viel, wie man möchte, oder vielleicht doch einfach nichts.“

  • Links der Woche

    • Little Boys Learn A Lot From Watching ‚Star Wars,‘ And It Isn’t All Good:

      „I didn’t think anything could rattle my confidence in the original „Star Wars“ trilogy, but Colin Stokes is doing just that. Check out 6:20 for a rundown of the Bechdel Test and 8:37 for a total bummer of a statistic. The real dynamite hit me at 9:55 when Stokes questioned the efficacy of girl power in a culture of boy power.“

    • Erster homöopathischer Klempnerbetrieb bietet alternativ-handwerkliche Reparaturen an:

      „Immer mehr Menschen vertrauen ihren Körper der Homöopathie an, sind aber bei sanitären Problemen nach wie vor auf konventionelle Klempner angewiesen“

    • Briefe an PRISM (1):

      „Seit ich weiß, dass jede meiner E-Mails von einem Mitarbeiter der amerikanischen Stasi und von einem Mitarbeiter der BRD-Stasi und von einem Mitarbeiter der Britischen Stasi gelesen wird, seit ich also weiß, dass ich selbst nicht der Einzige bin, der meine E-Mails liest, denn die, an die ich meine E-Mails schicke, lesen sie meist gar nicht, sie sagen, sie hätten sie nicht erhalten, sie seien im Spamordner gelandet, verloren gegangen, unwichtig gewesen, was auch immer, seit ich nun also weiß, dass es dennoch jemanden gibt, der meine E-Mails liest, erscheint es mir nicht mehr ganz so sinnlos, den Sendeknopf meines E-Mail-Programms zu drücken.“

    • „Ich sehe was was du nicht siehst“ – Erzeugen Smartphones und Co eine erweiterte Realität?:

      „Das Wissen der Welt ist nur einen Mausklick entfernt – diesen Satz hört man oft, wenn es um die stetig vernetzte Informationsgesellschaft geht. Durch Smartphones, Smartwatches und Datenbrillen verwischen die Grenzen zwischen der virtuellen und der physischen Welt endgültig.“

    • Wellness für Deutsch:

      „Wellness kann mit ziemlicher Sicherheit von der Liste der Pseudoanglizismen gestrichen werden.“

    • Das generische Femininum und die Gegner des Femininums:

      „Bei generischen Maskulina kommt hinzu, dass wir hier von Menschen reden. Wenn Maskulina unmarkiert und Feminina markiert sind, dann ist das genau das, was die feministische Sprachwissenschaft kritisiert. Dass Männer sprachlich als der Normalfall dargestellt werden und Frauen als die Ausnahme, ist genau der Zustand, den die feministische Sprachplanung beseitigen will.“

  • Homöopathie

    tl;dr: Homöopathie ist jenseits des Placebo-Effektes wirkungslos. Aber sehr unterhaltsam.

    homöopathie

    Ich hocke gerade krank zu Hause rum und habe alle Verabredungen fürs Wochenende abgesagt. Was passt da besser als die tausendste Homöopathie-Debatte auf Facebook? Was ich dort zusammengeschrieben habe, ist es wert, auch mal hier festgehalten zu werden.

    Homöopathen verwenden gerne den abwertenden Begriff „Schulmedizin“, wenn sie von evidenzbasierter Medizin sprechen. Das lustige am Begriff „Schulmedizin“ ist, dass er behauptet, dass Mediziner nur blind das tun, was ihnen ein Lehrer mal erzählt hat, obwohl die Medizin der permanenten wissenschaftlichen Revision unterliegt. Lustig ist das deshalb, weil eigentlich Homöopathie & Co. eine Schulmedizin sind, die sich blind auf das stützt, was ein Lehrer wie Samuel Hahnemann mal postuliert hat, und jede Kritik an ihren Grundlagen vehement ablehnt. Ein sehr schöner Brainfuck, den die Esos sich da ausgedacht haben.

    Aber selbst wenn man statt „Schulmedizin“ den Begriff der „Allopathie“ verwendet und ihr eine „alternative Medizin“ gegenüberstellt, ist das ungut. Da wird ein künstlicher Dualismus erzeugt, vereinfacht gesagt eine „gute“ und eine „böse“ Medizin. Welche Seite jeweils gut und welche böse ist, ist dann nur noch eine Frage der eigenen Perspektive. Dabei ist Medizin einfach alles, was wir so unternehmen, um Krankheiten zu lindern oder zu heilen. Selbstverständlich gibt es in der so genannten „Schulmedizin“ wirkungslose Therapien und unter den alternativen Behandlungsmethoden wirkungsvolle. Die Homöopathie gehört allerdings nicht dazu.

    Ich setze mich mit der Homöopathie auseinander, seit ich vor Jahrzehnten als Abiturient in einem homöopathischen Fachverlag mit Versandbuchhandlung gejobbt habe, darf also von mir behaupten, mich gut mit Homöopathie auszukennen und das aus einer zu Beginn positiven, unvoreingenommenen, „unverbildeten“ Haltung. Viele Menschen, die Homöopathika einnehmen, glauben, das sei eine Form von Naturheilkunde. Irgendwas mit Heilkräutern und vor allem: Sanft. Damit hat Homöopathie jedoch wenig zu tun. Sie basiert auf zwei Prinzipien: Der Simile und der Potenzierung.

    Das Simile-Prinzip ist ein schöngeistiges, metaphysisches Konstrukt. Vermutlich weil Menschen Muster und Symmetrien lieben, wurde versucht, es in vielen verschiedenen Kontexten anzuwenden. Es besagt, dass gleiches mit gleichem zu heilen sei. Es lebt heute in der Homöopathie fort, genauso aber auch in der Impfung. Der wissenschaftliche Stand ist, dass es nur genau da funktioniert, wo das Immunsystem involviert ist, also bei einem Befall des Körper mit krankheitserregenden Mikroorganismen. Lustig ist in diesem Zusammenhang, dass so viele Homöopathie-Gläubige zugleich Impfgegner sind. Noch lustiger wird das ganze, wenn man weiß, wie die Homöopathie versucht, die Wirkungsweise der Mittelchen festzustellen: nämlich im Selbstversuch. Homöopathen stecken alles in den Mund, was nicht bei drei auf den Bäumen ist: von Heilkräutern und Chemikalien über Uran und Urin bis hin zu Hundekot und Menstruationsblut. Nach Einnahme dieser Sachen horchen sie in sich hinein und versuchen, die Symptome, die sich an sich wahrnehmen (oder wahrzunehmen glauben) den Symptomen typischer Erkrankungen zuzuordnen.

    Das zweite Prinzip ist Potenzierung, die Verdünnung in Wasser bis hin zur Abwesenheit eines Wirkstoffes. Bei Potenzen wie D3 (1:1000) sind durchaus noch Wirkstoffe im Milligrammbereich im homöopathischen Mittel zu finden und können ggf. auch wirken. Bei (ganz überwiegend verabreichten) höheren Potenzierungen ist aber kein Wirkstoff mehr im Mittel enthalten. Wirken soll das trotzdem, indem Information irgendwie feinstofflich aus dem Wirkstoff auf das Wasser übertragen werden soll. Dann traut sich natürlich keiner mehr, gewöhnliches Leitungswasser zu trinken, weshalb diese Informationsübertragung natürlich nicht einfach so passiert, sondern nur, wenn man die Verdünnung mit rituellem Verreiben und/oder Schütteln verbindet. Anders gesagt: Es handelt sich um eine Form von Magie, weshalb es auch völlig korrekt ist, die Homöopathie der Esoterik zuzurechnen. Derlei magisches Denken ist reine Glaubenssache. Daran zu glauben ist nicht verwerflich, schließlich glauben wir viele Dinge, ohne sie zu wissen.

    Der einzig wissenschaftlich nachweisbare Wirkmechanismus in der Homöopathie bleibt der Placebo-Effekt. Der wird immer gerne abgetan, ist aber sehr wichtig in der Medizin und funktioniert gut (übrigens auch bei Tieren). Die besondere Hinwendung des Heilpraktikers zum Patienten kann ebenfalls heilende Wirkung haben, ist aber heute jedoch immer weniger gegeben, da heute Homöopathika am häufigsten von normalen niedergelassen Ärzten ohne tiefere Anamnese verschrieben oder gleich ohne jeden Arztbesuch vom Patienten in der Apotheke gekauft werden.

    Trotzdem wird immer wieder um die Wirkungsweise gestritten. Beliebt ist die Story von den „bösen Pharmakonzernen“, die Studien manipulieren. Dass hinter der Homöopathie heute ebenfalls ein Milliardenmarkt mit großen Konzernen steckt, wird dabei gerne übersehen. Homöopathie-Gläubige streiten wahlweise ab, dass die klassische Doppelblind-Studie Aussagekraft hat oder führen eigene Studien ins Feld. (Oft beides von den gleichen Personen.) Derlei Studien sind dann oft von Laien schon sehr leicht zu widerlegen. Zum Beispiel diese Pressemitteilung der Homöopathie-Union, dass ein bestimmtes homöopathisches Medikament innerhalb von 7 Tagen bei 90% der Probanden half, Erkältungskrankheiten zu heilen. Das klingt in der Tat eindrucksvoll. Aber nur solange, bis man sich klar macht, dass der übliche grippale Infekt unbehandelt üblicherweise 7-10 Tage dauert. Es ist eigentlich erstaunlich, dass am Ende der Studie nur 90% wieder gesund waren.

    Genau aus diesem Trugschluss stammt auch der Grund, warum so viele (einschließlich mir früher) das Gefühl haben, Homöopathie helfe ihnen. Das ist ein subtiler psychologischer Effekt: Die rote Ampel. Wir haben oft das Gefühl, viel mehr roten als grünen Ampeln zu begegnen. Das liegt daran, dass wir die roten Ampeln als Störung wahrnehmen, während die grünen sofort aus unserem Bewusstsein streichen. Wenn du krank bist, hast du eine 99,9%ige Chance, von alleine wieder gesund zu werden. Du nimmst dann Medikamente (egal ob homöopathisch oder andere) und dir geht es irgendwann besser. Dir wäre auch so wieder besser gegangen, aber das Gefühl „Homöopathie hat mir geholfen“ hat sich als Erfahrung abgespeichert. Daher der verbreitete Glaube an die Wirkung der Homöopathie. Untersuchen wir sie wissenschaftlich, finden wir aber nur gleichverteilte rote und grüne Ampeln. Homöopathie wäre eigentlich harmlos bis hilfreich, wenn manche Leute nicht auf die Idee kämen, sie auch bei ernsten und schweren Erkrankungen einzusetzen und damit sich oder gar andere (z.B. ihre Kinder) zu gefährden.

    Natürlich gibt es bornierte Ärzte und bornierte Wissenschaftler und vielleicht auch sinistre Pharmakonzerne, die ebenfalls unwissenschafltichen Bullshit in die Welt blasen. Sobald das genug Leute sehen und rufen: Der Kaiser ist nackt, verschwindet der Quatsch aber wieder in der Versenkung. Der Kaiser „Homöopathie“ läuft seit 200 Jahren nackt herum, aber statt zu rufen, „der ist ja nackt“ erzählen sich einige lieber Gerüchte über sein schönes Gemächt.

     

  • Links der Woche

    • „America knows everything“:

      „James sagte zu mir „off-the-record“, dass sie mich direkt ins Gefängnis werfen könnten. Ohne Richter, ohne alles. Daraufhin war ich komplett geschockt. Schlagartig wurde mir klar, dass es jetzt nicht mehr darum ging, den Flug zu erwischen, sondern aus dieser Situation irgendwie heil rauszukommen. Horrorbilder von US-amerikanischen Gefängnissen schossen mir sofort durch den Kopf. Ich wusste nicht, was genau das Problem war und was mit mir passieren sollte.“

    • Roboter, die Wurzeln schlagen:

      „In dem Projekt Plantoid wollen Forscher um Barbara Mazzolai vom Italian Institute of Technology (IIT) Roboterwurzeln entwickeln, die schlauer sind als die Pflanzenwurzeln.“

    • Infantile Sprachlosigkeit:

      „Es reicht nicht, das „verbotene“ „Neger“ durch das erlaubte „Schwarze“ zu ersetzen: Wer das tut, bleibt im Raster der rassistischen Sprache. Entgehen kann man ihm mithilfe von Präzision: Wer genau ist gemeint? Spricht man über Afrodeutsche? Über Togolesen? Über Massai? Wir sprechen ja auch selbstverständlich von Italienern und Franzosen, um der Vielfalt auf dem winzigen Kontinent Europa gerecht zu werden.“

    • ist mein telefon loyal?:

      „ein guter butler geht also, von berufs wegen, einer manischen datensammelwut nach. ausserdem bügelt und faltet er, wie ein gutes smartphone, jeden morgen die zeitung. die probleme, die wir heute (unter anderem) mit smartphones haben sind also keineswegs neu. zum beispiel die frage, welche daten sammelt das ding über mich? ist mein smartphone loyal und verschwiegen, bzw. schützt es die daten die es über mich sammelt, oder tratscht es die bei jeder gelegenheit aus? diese fragen haben sich in den letzten jahrhunderten sicherlich auch schon unzählige adelige oder privilegierte gestellt. und wir jetzt eben auch.“

    • Das gottverdammte Gottesteilchen:

      „Ich habe den Begriff einmal als Scherz in einer Rede benutzt. Er erinnerte sich daran und benutzte ihn als Arbeitstitel für das Buch. „Keine Sorge“, sagte er, „kein Verleger benutzt jemals den Arbeitstitel für das fertige Buch“. Der Rest ist Geschichte.“

    • “Es waren AUSLÄNDER” — Der falsche Kampf gegen die vermeintliche Selbstzensur:

      „Der Dortmunder Journalistik-Professor Horst Pöttker möchte von der Presse grundsätzlich darüber informiert werden, wenn Straftäter oder Verdächtige ausländischer Herkunft sind.“

    • Theorie:

      „All das ist egal, wenn man jemanden gefunden hat, über den man sich lustig machen kann. Auf den man mit dem Finger zeigen kann. Den man als Beispiel zeigen und vor allem vorführen kann. Als Beispiel dafür, wie blöd andere und unfassbar geil man doch selbst ist.“

  • Links der Woche

  • Aram Bartholl: Random Screen

    tl;dr: Aram Bartholl ist cool.

    helloworld

    Auf Einladung des Tokonoma Arpartments war ich diese Woche in Kassel, um vor Kunststudenten über Cyborgism zu reden. Mit blieb nichts anderes übrig, als vor der Heimreise noch einen Blick ins Museum Fridericianum zu werden, wo der Kasseler Kunstverein gerade die Ausstellung „Hello World“ von Aram Bartholl zeigt. Es war eine einzige Freude, wie virtuos er in seinen Installationen mit Technologie-Begriffen spielt, ohne sie an den Haaren herbeizuziehen. Sehr gefallen hat mir, dass die Smartphones der Ausstellungsbesucher ein integraler Bestandteil der Ausstellung sind. Einfache WLAN-Router werden zu Exponaten. Und ganz besonders großartig fand ich die Lichtinstallation „Random Screen“. Die hätte ich gerne im Wohnzimmer. Erwäge Drittkarriere als reicher Kunstsammler. Die Ausstellung ist noch bis zum 13. Oktober geöffnet.

  • Links der Woche

    • Dank “Tagesschaum”: Moderations-Trauma von Küppersbusch geheilt!:

      „Auch die Freiheit, dass alles möglich war und es keine feste Struktur gab. Wir hatten manchmal nachmittags um vier noch keine Vorstellung, wie die Sendung aussehen wird.“

    • Berlintrojaner: Berlin macht Geschäfte mit zwielichtiger Firma:

      „Das erworbene Produkt ermöglicht weitgehende Eingriffe in Computersysteme, einschließlich des Aufzeichnens von Tastaturanschlägen und des Abfilmens des Bildschirms, für die keinerlei Rechtsgrundlage besteht. Es ist somit nicht legal einsetzbar, was bereits beim Kauf hätte klar sein müssen.“

    • Des Roboters bester Freund:

      „Julie Carpenter von der Universität Washington hat nun verschiedene US-Soldaten befragt, was sie bei der Arbeit mit Robotern, die Sprengstoffe aufspüren sollen, empfunden haben. Sie fand heraus, dass die Soldaten über die Roboter nicht so redeten, als wären es Maschinen – sie gaben ihnen Namen und beschrieben sie wie geliebte Haustiere.“

    • Rückschlag für die Netzbewegung: Die Urne ist offline:

      „Wie zum Teufel konnten gesellschaftliche Mammutthemen wie die NSA-Überwachungsaffäre, die seit Wochen die Schlagzeilen mitbestimmt, solch erbärmliche Ergebnisse bei der Bundestagswahl zur Folge haben?“

  • Für Piraten ist heute Wahlmontag

    wahlmontag

    Deutschland hat wieder „eigentlich“ links gewählt, wenn man (wie Johnny Häusler es formuliert) beide Augen zudrückt und die SPD als „links“ betrachtet. Das ist gerechtfertig, will man die SPD an ihren Wahlkampfaussagen messen. Jetzt hätte sie die Chance, zusammen mit Grünen und (wo die Realos gerade eh ihre Probleme haben) und der Linken diese Versprechen einzulösen. Das wäre allerdings sehr heikel, angesichts einer äußerst knappen Mehrheit. Wahrscheinlich würde so eine Koalition nach kurzer Zeit auseinander fliegen. Eine Handvoll Abweichler bei SPD, Grünen oder Linken bei dieser oder jener Abstimmung genügen dafür. Säße ich im Willy-Brandt-Haus, bekäme ich da auch Muffensausen.

    Da wäre einem fast lieber, Angela Merkel hätte die letzten paar Prozente für eine eigene Mehrheit noch bekommen. Soll sie doch weiterwurschteln, wenn sie die Wahl gewinnt. Jetzt kann sie sich aussuchen, ob sie die SPD oder die Grünen kaputt koaliert. Und wenn beide davor Angst haben und es tatsächlich Neuwahlen geben wird, dürfte die CxU eher noch stärker daraus hervorgehen – sie wäre ja die einzige Partei, die nicht „blockiert“. Am Ende kämen gar noch FDP und AfD rein. Das kann niemand wollen. Also die Kröte küssen?

    Mir wäre da fast am liebsten, die Grünen überbacken die Kröte mit Käse. Weil ich ihnen am ehesten zutraue, aus einer weiteren Merkel-Regierung keinen Schrecken ohne Ende zu machen. Ich war immer gegen Schwarzgrün, aber hier geht es nicht um Verräter-Meme, sondern das beste draus zu machen. Dass ich sowas mal schreibe…

    Und Piratens? Wir sind da, wo wir hingehören, nach dem, was wir die letzten 18 Monate geliefert haben. Sorry, aber ist so. Christopher Lauer hat das schon aufgeschrieben, das muss ich alles nicht selber wiederholen. Frappierend finde ich den Punkt der fehlenden Analyse. Für mich war die Piratenpartei Ausdruck eines Zeitgeistes, vielleicht sogar einer Generation. So sieht’s gerade eher nicht aus. Vielleicht waren das 2011/2012 doch alles nur Protestwähler, die wieder weitergezogen sind? Wäre schmerzhaft. Noch gebe ich das ganze nicht auf, aber Piraten müssen zwei Dinge kapieren: Zum einen das mit der Mitsprache. Wir sind da mal angetreten, als die, die den (Nicht)Wähler einbeziehen wollen in die Meinungsfindung. Basisdemokratie, Mitsprache und so. Das können wir nicht glaubhaft vertreten, wenn wir es nicht selber auch einlösen, z.B. mit einer ständigen Mitgliederversammlung im Internet. Chaotische Riesenparteitage, zu denen kommt, wer Zeit & Geld hat und sowieso gut vernetzt ist – sorry, da ist jede andere Partei demokratischer organisiert. Will keiner hören, ist aber so.

    Zum anderen muss sich die Piratenpartei endlich entscheiden, wer und was sie sein will. Lobby-Truppe für Netzpolitik (die vom Wähler irrelevant gefunden wird), eine neue linksliberale Partei, die FDP ersetzt, oder eine emanzipatorische, progressive Partei, die Visionen hat und mal neue Wege ausprobieren will? Mir fällt die Entscheidung ja leicht. Einen Internet-Verein wählt keiner. Vor allem einen Internet-Verein, der das selber mit dem Netz nicht gebacken kriegt. Für die Piratenpartei ist ab heute Wahlmontag. Ich guck mir jetzt an, wie sich das aussortiert.

    Wirklich bitter waren die 3,6% in Berlin. Da hätte ich mir mehr erhofft.  Noch bitterer, dass wir aus dem Hype nichts, aber auch gar nichts mitgenommen haben. 1,9% war 2009 ein Achtungserfolg. 2,2% sind heute Stillstand, zumal die fehlenden 0,3% aus Sachsen kommen – der Landesverband hatte sich 2009 nicht an der Bundestagswahl beteiligt. „Wir sind die mit den Fragen“, haben wir mal plakatiert. Wenn wir das ernst nehmen, sollten wir endlich anfangen, auf die Antworten der Wähler zu hören.  Aber hey, positiv denken! Die AfD hat’s knapp verpasst, was auf Jeden zwei große Bier wert ist, und dabei noch die FDP kannibalisiert. Epochal. So schlecht war der Sonntag dann doch nicht.

  • Links der Woche

    • Neue BVV-Anträge im Pankow-Liquid: Eigentlich ja “leider geil”: Die nächste Sitzung der Pankower BVV steht vor der Tür und die Pankower MItglieder der Piratenpartei können etwas, was so fast nirgendwo sonst geht: Über diese Anträge mitbestimmen.

    • Elektrischer Reporter: Hörspiele, Schweine und Maschinenmenschen:ZDFinfo: Cyborgs – Wie Menschen mit technischen Hilfsmitteln ihre Sinne erweitern.

    • Deutschlands Cyborgs formieren sich:“Ich bin kein Nerd und ein Hacker schon gar nicht. Und wenn ich das Wort Cyborg höre, fällt mir das cyber-feministische Manifest von Donna Haraway, noch vor RoboCop ein. Aber seien wir ehrlich; wen fasziniert die Idee der Mensch-Maschine nicht?“

    • Offener Brief an Stefan Niggemeier:“Sie nutzten die psychiatrische Diagnose der „tiefgreifenden Entwicklungsstörung“ Autismus als Bezeichnung für Kanzlerin Merkel und ihren Konkurrenten Steinbrück. Was Sie genau damit bezwecken wollten, können wir nur raten, aber unsere bisherigen Erfahrungen mit der Verwendung dieses Begriffs in den Medien lassen uns Folgendes vermuten: Sie unterstellen den beiden Diskussionsteilnehmern, nicht zuzuhören, die Argumente anderer zu ignorieren und ‘in ihrer eigenen Welt zu leben’. “

    • AfD: Argumente fehlen da!:“Waren die Querelen in den verschiedenen Landesverbänden noch zu Anfang einigermaßen interessant aufzuarbeiten, so wiederholten sich die Muster bei den innerparteilichen Machtkämpfen und wurden langweilig. Gleiches gilt für die Unterwanderung von rechts. Unweigerlich stößt man in diesem Zusammenhang bei der Recherche auf Ecken im Internet die tiefbraun blubbern und brodeln.“