Nachdem die Schadsoftware einer kriminellen Hackergruppe mehr als 200.000 Rechner weltweit außer Gefecht gesetzt hatte, unter anderem Computersysteme von Krankenhäusern und Anzeigetafeln von Bahnen sowie Kassenautomaten, begann die Suche nach den Schuldigen – und das sind nicht nur die Hacker. In den vergangenen zwei Wochen wurden auch Microsoft und die NSA für den Angriff mitverantwortlich gemacht. Generell, da sind sich viele Kommentatoren und Experten sicher, seien aber ganz besonders die Nutzerinnen und Nutzer selbst schuld, wenn sie keine Sicherheitsupdates auf ihre Systeme einspielen. Dabei ist die Frage, wie die Wannacry-Attacke passieren konnte, und vor allem, wie sich ein solcher Angriff in Zukunft vereiteln ließe, komplexer, als die Schuldzuweisungen vermuten lassen.
Blog
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Infowar à la française
Am Freitag vor der Stichwahl um die französische Präsidentschaft wurden neun Gigabyte Daten über Wikileaks und das Webportal 4chan ins Internet gestellt: E-Mails, Dokumente und vielleicht auch kompromittierendes Material von den Servern Emmanuel Macrons. Dahinter steckte wahrscheinlich der russische Hacker »Fancy Bear«, dessen Gruppe auch schon im US-Wahlkampf eine Rolle gespielt hatte und direkt oder indirekt für Wladimir Putin arbeiten soll. Was angesichts der Umfragewerte kurz vor dem Wahltag wie eine verzweifelte Attacke der Unterstützer Marine Le Pens wirkte, könnte wegen einer Besonderheit des französischen Wahlrechts durchaus so geplant gewesen sein. In Frankreich dürfen am Wahlsonntag und am Tag zuvor weder Kandidaten noch Presse politische Äußerungen im Hinblick auf die Wahl tätigen. Gelangen in dieser Zeit Vorwürfe gegen einen Kandidaten an die Öffentlichkeit, hat dieser praktisch keine Chance mehr, sich zu wehren.
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Renaissance des „Und was ist mit…?“
Wie staunte man, als Donald Trump im Wahlkampf alle möglichen Vorhaltungen einfach an sich abperlen lassen konnte. Dafür griff er zu einem rhetorischen Taschenspielertrick: Wann immer er angegriffen wurde, attackierte er Hillary Clinton wegen ihrer E-Mail-Affäre. Wer könnte heute noch all die Skandale aufzählen, die Trump im Wochentakt produzierte? Haften blieb stattdessen das böse Wort von „crooked Hillary“ – der unehrlichen Hillary Clinton. Genannt wird dieses Muster „Whataboutismus“.
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Links der Woche
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Nüsse machen die Schokolade auch nicht männlicher:
“Die ganze Geschichte fing wohl damit an, dass sich Marketingleute überlegten, wie sie verschiedene Menschengruppen genauer ansprechen könnten. Schön und gut. Diversifikation und Eingehen auf Bedürfnisse Verschiedener ist doch toll. Da Frauen und Männer scheinbar so unterschiedlich sind wie Alien und Predator, müssen daher anders angesprochen werden.”
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Kritisches Tanztheater über Comicfigur
Superhelden sind fast immer weiß. Bis auf eine Ausnahme: Cyborg. Aber selbst der sei rassistisch dargestellt, meinen die Theatermacher Christoph Winkler und Zen Jefferson. Ihr Stück „Black Cyborg“ nimmt dies aufs Korn. Cyber-Experte Enno Park hat es sich in Berlin angesehen.
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Cyborgs sind auch nur Menschen
Der philosophische Science-Fiction-Anime »Ghost in the Shell« von 1995 hat das Medium populär gemacht. Der Realverfilmung mit Scarlett Johansson kommt das Visionäre abhanden.
#SPOILER
Major Motoko Kusanagi (Scarlett Johansson) arbeitet als Ermittlerin in der geheimen Cybercrime-Abteilung »Sektion 9« einer nicht näher genannten fernöstlichen Regierung, die in einer Megastadt wie Tokio oder Hong Kong ihren Sitz hat. Die Frau ist ein Cyborg, ein Mischwesen aus Mensch und Maschine, und das ziemlich radikal: Lediglich ihr Gehirn ist noch biologischen Ursprungs, ihr restlicher Körper hingegen vollständig synthetisch. Ihr femininer, aber asexueller Techno-Körper verleiht ihr übermenschliche Fähigkeiten. Während sie ihr Fahrzeug mit der Kraft ihrer Gedanken steuert, kommuniziert sie gleichzeitig mit der Zentrale. Wenn sie nicht gerade einen mysteriösen Hacker jagt, hadert sie mit ihrem Cyborg-Dasein und fragt sich, ob sie eigentlich noch ein Mensch ist. Scarlett Johansson agiert in ihrer Rolle etwas blutleer, was aber nicht verkehrt sein muss, wenn es darum geht, einen fast vollständig synthetischen Cyborg darzustellen.
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Wie Cyborgs Filmgeschichte schrieben
Beim Cyborg denken wir vor allem an Terminator und die Borg aus Star Trek. Doch seit wann gibt es eigentlich Cyborgs im Film und wie werden sie dargestellt? Hat sich das Bild vom Cyborg über die Jahrzehnte verändert? Von wohl ersten richtigen Cyborg-Film „Cyborg 2087“ von 1966 bis zum heute im Kino startenden Remake von „Ghost in the Shell“ habe ich für Deutschland-Radio Kultur eine Mini-Kulturgeschichte des Cyborg-Films zusammengestellt und mich mit Timo Grampes darüber unterhalten.
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Bilder des Scheiterns, Babyparty und noch mehr Bilder des Scheiterns
„Volle Kanne“ Netzschau vom 30.03.2017
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Unsere demokratische Internetprothese
Was macht die Digitalisierung mit uns – oder besser: Wir mit ihr? Ein Gespräch von Lars Fischer und mir über die Demokratie der Algorithmen und die Technik als wahre Natur des Menschen.
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Links der Woche
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Es ist wieder soweit!:
“Und so werden wir Zeugen eines seltsamen Rituals, das sich jedes halbe Jahr, am letzten Sonntag im März und im Oktober stets auf neue abspielt: Behold! Wir sehen in einer x-beliebigen Fernsehsendung, wahlweise Nachrichtensendung einen Mann oder eine Frau hinter oder neben einem Moderationstisch und im Hintergrund das Bild einer Uhr. Manchmal ein wenig verschwommen-unscharf, als würden die Zeiger sich ganz schnell bewegen. Vor. Oder zurück. Je nachdem.”
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Wahrheit:
“Ein Gedanke von Michael Seemann hat mich in den letzten Wochen elektrisiert und nicht mehr losgelassen. Sein mehrteiliger und erst höchstens halbfertiger Essay über “demokratische Wahrheit” lohnt eine intensive Lektüre – am besten wirklich von Teil I an und da durchhangeln und auf die Teile V bis VIII oder so warten.
Die Idee, vergröbert und verkürzt, dass Wahrheit heute gefühlt und – vor allem – wirkmächtig einer Demokratisierung unterworfen sei, verstört, ist für mich aber überzeugend und erklärt einiges, was sonst schwer zu erklären ist.”
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