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  • Ein Herz für Kunden (Update)

    Der Palm Pré ist längst wieder weg, hat mir aber eine böse Überraschung hinterlassen: Mehr als 100 € soll ich für UMTS-Traffic zahlen. WTF? Ich habe doch dieses „Internet-Pack M“ von O2, das nach 200 MB drosselt? Ich ärgerte mich nicht nur über die unerwartet hohe Abbuchung von meinem Konto sondern auch darüber, mich damit auseinander setzen zu müssen. Wer mich kennt und weiß, wie „gut“ ich höre, ahnt, vor welche Probleme mich ein simples Hotline-Telefonat stellt.

    Die erste angenehme Überraschung: Kein Anruf nötig. Auf der Webseite von O2 kann ich mit dem Kundendienst chatten(!). Das Gespräch ergab, dass ich zwar das Internet-Pack M hätte, aber eine alte Version davon. Bei mir würde nicht gedrosselt, sondern der zusätzliche Traffic nach Volumen berechnet. Mir war das nicht klar. Der wirklich freundliche Sachbearbeiter entschuldigte sich dafür, dass er rückwirkend nichts daran ändern könne, stellte aber meinen Tarif auf das „richtige“ Internet-Pack um und sorgte dafür, dass ich eine Gutschrift mit der nächsten Rechnung bekäme. Zitat aus dem Chat-Protokoll:

    XXXXX: Habe mir erlaubt ein wenig aufzurunden:)

    Das ist mehr als korrekt, er hätte mich schließlich auch einfach abbügeln können. Natürlich muss ich jetzt erst einmal die nächste Rechnung abwarten, aber wenn ich ehrlich bin, freut mich die Möglichkeit, auf diese Weise mit einem menschlichen Ansprechpartner unkompliziert und nicht telefonisch etwas klären zu können, fast schon mehr als die Gutschrift selbst. Ich möchte O2 und anderen Anbietern sagen: So muss das! Einen Anbieterwechsel, nur um ein paar Kröten zu sparen, hatte ich zwar sowieso nicht vor, kommt jetzt aber erst recht nicht mehr in Frage.

    Update: O2 hat Wort gehalten. Die letzte Rechnung enthielt eine Gutschrift in mehr als voller Höhe. Vielen Dank!

  • Statt Karten

    Ich wünsche Euch allen ein episches Weihnachtsfest und eine ausgeglichene Jahresbilanz.

  • Form.Submit und Datenbankabfragen via Ajax abwarten

    Für ein kleines Webprojekt habe ich ein paar Formular-Überprüfungen mit JavaScript geschrieben. Darunter ist eine, die eine Datenbankabfrage erfordert. Je nach Erfolg dieser Abfrage, soll das eigentliche Submit der Form ausgeführt werden, anderenfalls eine Fehlermeldung. Natürlich sollte es möglichst ohne separaten Server-Roundtrip mit jquery und Ajax realisiert sein.

    Dabei ergibt sich allerdings ein Problem: Dummerweise ist Ajax asynchron, das heißt, die Antwort des Servers liegt zur Laufzeit des Scriptes nicht vor. Es liefert also immer false zurück, weil es die Antwort des Servers nicht abwartet. Ein Submit der Form findet nicht statt. Es ist gar nicht so leicht, JavaScript dazu zu bringen, auf das Ergebnis der Query zu warten. Künstliche Warteschleifen sind eine sehr unschöne Lösung (die den Browser außerdem heftig belasten). Man kann Ajax auch in einen Synchronous-Modus schalten, aber muss dann alles „zu Fuß“ programmieren und kann jquery nicht mehr verwenden. Außerdem hat der Synchronous-Modus starke Probleme bei der Browser-Kompatiblität.

    Ich habe eine andere Lösung gefunden: Gar nicht erst warten. Das Script liefert false zurück und beendet sich. Der Teil des Scripts, der im Hintergrund die Datenbankabfrage vornimmt, läuft aber asynchron weiter. Dieser im Hintergrund laufende Teil des Scripts wartet darauf,  dass die Datenbankabfrage eine Antwort geliefert hat und gibt genau dann je nach Bedarf eine Fehlermeldung aus oder stößt das Submit-Event einfach nochmal an.

    Im HTML:

    <form action="submit.php" method="post" id="myform" onSubmit="return checkForm(this);">

    Im JavaScript:

    function checkForm(form)
    {
      if ($.formLoading != false) {
        $.post('dbtest.php', {
          val1:form.elements["val1"].value
          , val2:form.elements["val2"].value
        }, function(response) {
          if (response == "1") {
            $.formLoading = false;
            $("#myform").submit();
          } else {
            alert ("Eine Fehlermeldung.");
          }
        });
        return false;
      } else {
        return true;
      }
    }
    

    Damit das Script im Falle eines Erfolgs auch true zurückliefern kann, um das Submit auszulösen, wird noch eine Variable benötigt, die sich merkt, ob das Script schon einmal aufgerufen wurde:  $.formLoading. Weil eine normale Variable die Laufzeit des Scriptes nicht überleben würde, wird sie kurzerhand ins DOM der zugehörigen Webseite gehängt.

  • Warum ich den Palm Pré wieder verkauft habe (Update)

    Es war von Anfang an klar, dass ich auf zwei fast neuen Handys sitzend eines davon wieder verkaufen musste. Über beide, das Nokia N86 und das Palm Pré habe ich sehr wohlwollende Testberichte geschrieben. Die Entscheidung fiel mir bis zum Schluss ausgesprochen schwer, und wenn Ebay nicht die 12-Stunden-Frist hätte, wäre ich mir nicht sicher, ob ich die Auktion nicht doch noch beendet hatte. Und jetzt mit Ablauf verspüre ich ein leichtes Reuegefühl. Das Palm Pré ist wie ein Porsche, während mein gutes altes Nokia eine Art Passat Kombi ist. Einen Porsche verkaufen tut weh, aber zum Einkaufenfahren ist er trotzdem völlig ungeeignet.

    Das Grundproblem ist: Nutzen vs. Sexiness. Das Palm Pré ist sexy. Es zu bedienen, macht Spaß. Im Grunde ein Lifestyle-Handy oder wie Golem schrieb: ein Smartphone für iPhone-Verächter. Es hat viele großartige Features und ich bin immer noch der Meinung, dass das Pré von der Verarbeitung abgesehen dem iPhone überlegen ist. Aber hier geht es nicht ums iPhone sondern um ein klassisches Handy. Folgende Punkte gaben den Ausschlag, beim Nokia N86 zu bleiben:

    • Die Akkulaufzeit ist wesentlich länger. Das Pré muss im Laufe des Tages einmal ans Netz, wenn man damit den Abend überstehen will. Es macht absolut keinen Spaß, von einer Bloglesung wegen eines leeren Akkus nicht twittern zu können. Das Nokia hält deutlich länger als einen Tag durch. Bei gleicher Nutzung bekomme ich abends sogar noch einen fast vollen Akku angzeigt (auch wenn Nokia die Anzeige wohl frisiert).
    • Opera Mini ist der beste Handy-Browser. Auch wenn das Display kleiner ist, es keine Touchscreen-Bedienung gibt oder Webseiten auch mal unschön umbrochen werden: Oper Mini zeigt mir Seiten schon, wenn der Pré mit seinem Webkit-Browser noch lädt. Vor allem das Zurückblättern ist erheblich viel schneller. Die wichtigsten Webseiten kann ich in der U-Bahn auf dem N86 schneller, klarer und ohne Gestenfummelei betrachten. Das lässt sich auf die Formel bringen: Zoomst Du noch oder liest Du schon?
    • Touchscreen macht Spaß, aber kann auch nerven. Das Pré interpretiert meinen Daumen anders als ich. Auch nach mehreren Wochen Nutzung passiert es mir, dass ich die falsche Mail lösche oder ein Twitterlink geöffnet wird, anstatt die Liste zu scrollen. Anwendungen wie das Mail-Programm von Nokia oder Twibble für Twitter mögen zwar in Sachen Sexiness in einer anderen Liga spielen, aber mit ihnen passieren solche Fehlbedieunungen nicht.
    • Die Quertz-Tastatur ist toll, wenn man mal etwas längeres tippen muss – sie mit einer Hand zu bedienen aber nach wie vor eine Daumenqual. Auf einer klassischen Zifferntastatur schreibe ich (ohne T9!) fast genauso schnell, sehe aber an meinen Tweets, dass ich wesentlich weniger Tippfehler mache. Überhaupt sorgt die Kombination aus Zifferntastatur und Steuerkranz dafür, dass man ein Handy quasi blind bedienen kann, während ein Touchscreen mit Gestensteuerung die volle Aufmerksamkeit des Nutzers fordert. Mobil heißt aber eben unterwegs. Da hat meine Aufmerksamkeit aber oft der Straßenverkehr oder andere Leute oder ich brauche eine Hand, um mich in der U-Bahn festzuhalten oder oder oder…
    • Syncen mit dem Pré ist ein endloses Herumgefrickel. Es gibt keine Anwendung, mit dem ich Kontakte, Termine, Aufgaben und Notizen einfach mal so mit dem Mac oder Outlook synchronisieren kann. Schon gar keine kostenlose. Auch Missing Sync und andere separat zu erwerbende Programme können z.B. keine Aufgabenlisten synchronisieren. Sinn des ganzen ist, dass ich die Daten ubiquitär zur Verfügung habe, am PC genauso wie auf dem Handy. Sicher, das Konzept des Pré will genau das: Meine Daten sollen gefälligst in der Cloud liegen, was mir nicht behagt.  Synchronisieren kann ich mit Google, aber auch da wieder keine Aufgaben und Notizen. Und die Anbindung an Facebook hilft mir – Synergie hin oder her – kein Stück weiter. Wenn ein Anbieter mir die Cloud schmackhaft machen will, dann muss er mir auch die Möglichkeit geben, meine Daten in eben dieser Cloud mit Web 2.0-Anwendungen vollständig zu sichten und zu editieren. Genau das geht aber mit den von Palm gespeicherten Daten nicht. Die einzigen Geräte, die derzeit das Versprechen ubiquitärer Dateneinlösen, syncen direkt mit Desktop-Anwendungen. Es sind klasssiche Handys, klassische PDAs wie alte Palm-Geräte und die meisten Windows-Mobile-Geräte (die aus anderen Gründen ein Krampf sind). Auch Android und iPhone können hier bis heute nicht oder nur mit Zusatzsoftware wie Missing Sync mithalten. Vor dem Hintergrund der alten Palm-PDAs und des überaus funktionalen und ausgereiften Palm Desktop ist das ein ziemlich trauriges Fazit.
    • Ich weiß nicht woran es liegt, aber der GPS-Empfänger im N86 zusammen mit Nokia Maps zeigt mir erheblich präzisiere Ortsangaben als das Pré, das mich doch sehr häufig in irgendwelchen Parallelstraßen wähnte. Außerdem sind die Karten viel schneller auf dem Schirm, weil sie nicht erst von Google Maps nachgeladen werden müssen.
    • Der Palm Pré bietet keinen vernünftigen Start-Screen, auf dem mit einem Blick die Termine und Todos des Tages angezeigt werden. Ich muss separat in den Kalender schauen, dessen grafische Ansicht mich auch noch zwingt, herumzuscrollen, wenn ich morgens sehen will, ob abends ein Termin ist. (Die Ziehharmonika-Ansicht bekommt man erst bei mehreren Terminen pro Tag – Standardfall ist aber, dass ich morgens zur Arbeit gehe und abends eine Verbredung habe.) Ich muss explizit in meine Aufgabenliste schauen und da auch noch in mehrere. Ich möchte ein Gerät, dass mir nach Einschalten/Entsperren die wichtigsten Daten des Tages auf einen Blick zeigt, ganz so, wie es die alten Palm getan haben und es die meisten Handys und Smartphones heute noch tun.
    • Ich habe seit längerem keine Digicam mehr, weil die Bildqualität meiner bisherigen Handys einfach zu gut war und ich meistens dann ein Foto machen will, wenn ich sowieso keine Kamera dabei habe. Die Bildqualität des Palm Pré ist zwar irgendwie noch OK, aber im Vergleich zum Nokia N86 oder sogar einem Sony-Ericsson K800i einfach schlecht. Außerdem kann man mit dem Pré ohne Hacks keine Videos aufnehmen.

    Als ich das N86 wieder aus der Schublade genommen hatte, habe ich es gehasst. Diese steinzeitliche Bedienung, die niedrige Auflösung, das hässliche Screendesign… Nach kurzer Zeit habe ich aber schnell gemerkt, um wieviel praktischer doch so ein schnödes Mittelklassehandy ist. Dabei bin ich jemand, der so ziemlich alles mit einem Handy macht außer telefonieren. Eigentlich müsste ich der Smartphone-Anwender überhaupt sein. Trotzdem sind alle meine Versuche, mir ein Smartphone anzuschaffen, bisher gescheitert. (OK, ich hatte noch kein Android-Gerät und keinen Blackberry. Mal sehen, was der nächste Herbst so an Modellen bringt…)

    Eine Internet-Maschine wie das Palm Pré könnte mich ohne weiteres auf ewig glücklich machen. Das Konzept stimmt und geht in die richtige Richtung, wenn doch nur obige Punkte erfüllt würden: Eine bessere Kamera, eine einfache Zifferntastatur (zzgl. virtueller Quertz-Tastatur wie beim iPhone), der Rest ist eine Frage der Software. So sitzt der Pré derzeit zwischen allen Stühlen und taugt nur als Spaß- und Lifestyle-Gadget – eine  Nische die aber leider schon das iPhone besetzt hält.

    Update:

    Man kann es Unzurechnungsfähigkeit nennen oder Fanboytum: Ich habe den Pré einfach gebraucht wieder ersteigert. Die Gründe im anderen Blogpost und meine emotionale(!) Verbundenheit(!!) zu diesem Gerät(!!!) waren wohl stärker. Ich weiß jetzt, wie sich iPhone-Besitzer fühlen müssen. Immerhin kann ich mich jetzt damit rausreden, einen kleinen Differenzgewinn gemacht zu haben.

  • Ich oute mich!

    Dieser Artikel von Felix Schwenzel brachte mich auf den Gedanken, dass es an der Zeit sein könnte mich zu outen. Ja, ich gebe es zu: Auf Rolltreppen bin ich ein asoziales Linksfahrerschwein. Dazu hatte ich gestern erst folgenden Dialog mit meinem Therapeuten:

    Ich: Niemand mag mich, weil ich auf Rolltreppen links fahre.

    Therapeut: Du kompensierst einen tiefen Minderwertigkeitskomplex.

    Ich: Ich halte nur in der rechten Hand meinen Latte2Go oder mein Handy zum Twittern und will mich mit der linken festhalten. Wie kommen Sie darauf?

    Therapeut: Du kannst Dir keinen Benz leisten, mit dem Du sonntags auf der linken Autobahnspur kriechen könntest. Du kompensierst das.

    Ich: Ich einen Benz? Niemals! Links fahren ist für mich auch ein politisches Statement!

    Therapeut: Die Zeit ist um…

    Ich: Außerdem ist die alte Regel „rechts stehen, links gehen“ doch längst überholt. Die Avantgarde steht oder fährt, wann und wo sie will!

    Therapeut: Die Zeit ist um!

    Ich: Wer unbedingt steppen will, soll halt die normale Treppe nehmen!

    Therapeut: Halt’s Maul!

    Ich gebe es ja zu: Er hat recht. Nichts liebe ich mehr, als die riesigen Beförderungbänder im Supermarkt mit leerem Einkaufswagen zu befahren. Da kann mich keiner überholen. Da gehören die zwei Quadratmeter für zwei Minuten ganz und gar mir. Dann bin ich der König der Rolltreppe.

    rolltreppe

    Aber wie das so ist in der sozialen Marktwirtschaft, hat jedes noch so ennomanische Verhalten auch einen sozialen Nutzen. So helfe ich grundsätzlich jungen Damen mit Kinderwagen beim Befahren der Rolltreppe. Ich beneide sie und stehe kurz davor, mir selber so einen Kinderwagen zu kaufen und damit immer nur Rolltreppe zu fahren. Dann kommt wirklich niemand an mir vorbei.

  • Aaron Koenig und das Ding mit den Plebisziten (Update)

    In einer perfekten Welt stimmen wir einfach über alles demokratisch ab. In einer perfekten Welt haben wir dabei keine Eigeninteressen im Blick, sondern das Allgemeinwohl und vermeiden emotionale Bauchentscheidungen. In einer perfekten Welt sind wir stets informiert genug, eine fundierte Entscheidung zu treffen, wenn wir über etwas abstimmen. Leider leben wir nicht in einer perfekten Welt, und so pulverisiert sich gerade ein Kernstück piratischer Politik: Die Forderung nach möglichst weitgehenden Plebisziten (die neuerdings auch von SPD und Grünen aufgenommen wurde.)

    Dass Plebiszite in die Hose gehen können, zeigt wiederholt die Schweiz. Im Mai stimmten die Schweizer dafür, so genannte „Komplementärmedizin“ in der Verfassung zu verankern. Das bedeutet zum Beispiel, dass homöopathische Medikamente, deren Wirkungslosigkeit in zahllosen Studien belegt ist, in Krankenhäusern angewendet und allgemein von den Krankenkasse bezahlt werden sollen. Rationale Entscheidung fürs Allgemeinwohl?

    Am gleichen Tag stimmten die Schweizer übrigens dafür, dass künftig biometrische Daten in ihren Personalausweisen gespeichert werden. Dass solche elektronischen Ausweise keinesfalls fälschungssicher sind, eine Reihe von Problemen aufwerfen  und zudem noch enorme Kosten verursachen: War das allen Abstimmenden klar? Rationale Entscheidung fürs Allgemeinwohl?

    Rund ein halbes Jahr später: Die Schweiz stimmt ab und ein Verbot, Minarette zu bauen, erhält dadurch Verfassungsrang. Diese Abstimmung hat eine andere Qualität. Sie ist nicht nur gesetzgeberisch blödsinnig, sondern hier diskriminiert eine Mehrheit direkt eine religiöse Minderheit. Felix Neumann hat das bereits so gut auf den Punkt gebracht, dass ich dem auch nichts hinzufügen kann.

    Wir lernen: Plebiszite sind problematisch. Sie sind durchaus wünschenswert, bringen die Politik wieder näher an den Bürger, aber sie sind kein Allheilmittel. Demokratie bedeutet nicht die Herrschaft der Mehrheit, sondern die Herrschaft des Volkes. Dazu gehören unantastbare Grundrechte und der Schutz von Minderheiten. Gleichbehandlung vor dem Gesetz würde im Falle der Schweiz zum Beispiel bedeuten, dass ein ebensolches Verbot für die Errichtung von Kirchtürmen in die Verfassung aufzunehmen ist.

    Hier hat die Piratenpartei ein Problem: Direkte Demokratie gehört für viele Piraten zu den wichtigsten Grundforderungen überhaupt. Doch wie weit kann die Forderung reichen? Piraten beschweren sich über zahllose Gesetze und Grundgesetzänderungen, die einen Abbau an Bürgerrechten mit sich brachten. Man stelle sich vor, diese Grundgesetzänderungen seien durch Plebiszite zu Stande gekommen: Wer könnte noch etwas gegen sie sagen?

    Anders gefragt: Was ist nach Logik der Plebiszit-Anhänger ein Sachargument noch wert gegen den Willen der Mehrheit?

    Im Grunde wurde das Problem erkannt: Die Piratenpartei experimentiert gerade mit Liquid Democracy, die eben keine direkte Demokratie ist, sondern die Wahl von Parteien ersetzt durch die Wahl von Experten für Sachthemen. Es gibt also keinen Grund, die direkte Demokratie zur heiligen Parteikuh zu erklären, wo doch schon etwas besseres in Aussicht steht.

    Was das ganze mit Stefan „Aaron“ Koenig zu tun hat: Der hat auch über das Thema gebloggt, aber die schweizerische Entscheidung gerechtfertigt:

    In der Mehrheitsentscheidung der Schweizer drückt sich vielmehr ein Unbehagen gegen eine politische Bewegung mit Allmachtsanspruch aus, die die Gleichberechtigung der Geschlechter, die pluralistische Gesellschaft und die Demokratie explizit ablehnt. Diese politische Bewegung enthält auch religiöse Elemente und beruft sich daher auf die Religionsfreiheit.

    Stefan Koenig gibt also offen zu, dass es um Unbehagen geht. Nun kann man den Islam beim besten Willen nicht als „politische Bewegung“ beschreiben. Das träfe allenfalls auf Islamisten zu. Schließlich sind auch nicht alle Christen Mitglied in der Partei bibeltreuer Christen… Aber vor allem: darf statt Rationalität wirklich Unbehagen eine Rolle spielen, wenn es um eine Gesetzgebung geht, die sich auch noch gegen eine Minderheit richtet?

    Zum Glück muss ich mich nicht über meine Partei ärgern: Stefan Koenig bekommt gerade massiv Gegenwind. Das hat ihn zu einem weiteren Blogpost veranlasst, der sich über weite Strecken wie ein Dementi liest. Aber weiter unten schreibt er:

    In der Schweiz ging es aber offensichtlich nicht nur um die Bauwerke – dahinter liegt die grundlegende Skepsis, ob eine Religion, die sich selbst „Unterwerfung“ nennt, mit den Werten der Aufklärung kompatibel ist.

    Zack. Nochmal Islam-Bashing. Dass „Unterwerfung“ eine sehr freie, kontextlose und entstellende Übersetzung des Wortes „Islam“ ist – geschenkt. Die Frage, wieviel vom weiter oben im Text erwähnten Galileo und der Renaissance überhaupt stattgefunden hätten, wären riesige Teile antiken Wissens nicht ausgerechnet im Orient übers Mittelalter gerettet worden – ebenfalls geschenkt.

    Nicht Islamisten, nicht Fundamentalisten, nicht die Al Quaida oder sonstwer, nein der Islam als Ganzes sei mit der Aufklärung nicht kompatibel. In der Welt des Stefan Koenig schließen sich Moslem-sein und Europäer-sein also aus. Das ist nicht bloß Xenophobie, das ist kultureller Chauvinsmus. Unpiratiger geht es nicht.

    Update: Als sei das alles nicht genug, schrieb Stefan Koenig noch einen dritten Blogpost:

    …die TAZ berichtet, dass es linke, feministische Frauen waren, die mit ihrer Zustimmung zum Schweizer Minarettverbot den Auschlag gegeben haben.

    So falsch könne ein Minarettverbot gar nicht sein, wenn doch die Feministinnen auch dafür seien – ein Argument, wenn  man keine Argumente mehr hat. Langsam reicht’s…

    Update 2: Er bloggt sich um Kopf und Kragen: Heute Abend legte er den 4. Blogpost zum Thema nach, in dem Stefan „Aaron“ Koenig sich u.a. als ästhetischer Liebhaber von Sakralbauten aller Religionen outet. Das ganze liest sich, als sei alles nur ein großes Missverständnis:

    Ebenso wäre es schade, wenn liberale islamische Gemeinden, die die Gleichberechtigung der Geschlechter respektieren und religiöse Schriften, die zur Tötung Andersdenkender aufrufen, als historisch überholt ansehen, keine Moscheen und Minarette mehr bauen dürften.

    Doch nicht etwa eine Art Dementi? Zurückgerudert und Ruhe im Karton? Leider nicht, es gibt wie immer einen letzten Absatz:

    Ich verstehe den Volksentscheid in der Schweiz, der ja durch Stimmen aus dem linken, feministischen Lager entschieden wurde, als symbolisches Statement für die Werte der Aufklärung und gegen totalitären Fanatismus.

    Wir fassen zusammen: Symbolische Statements via Volksentscheid sind für ihn eine prima Sache, wenn sie sich gegen Fundamentalisten richten. Dass dabei eine Minderheit vorverurteilt, diskriminiert und diffamiert wird, während ein paar absolute Rechtsgrundsätze über Bord geworfen werden nur für ein Bisschen Symbolpolitik, scheint einfach keine Rolle zu spielen. Stefan Koenig dementiert weiterhin gar nichts, sondern frisst nur Kreide.

  • Medienmode Depression

    Der depressive Fußballer Enke nahm sich das Leben und das einzig Gute, das sein Tod bewirkt haben mag, ist dass die Krankheit Depression jetzt vielleicht ein Bisschen weniger tabubehaftet ist.

    SPON berichtet über einen Unternehmersohn, der bis 40 vom Geld seines schwerreichen Vaters leben musste, bis er sich selbst und sein Glück im Bücherschreiben fand. Außerdem über die berühmte Schauspielerin Brooke Shields, die sich mal das Leben nehmen wollte. Und schließlich berichtet ein Redakteur von seiner eigenen Depression, die er zu einem Artikel verarbeitet. Die Süddeutsche berichtet über den Fall einer Londoner Fondsmanagerin, die von ihren Kollegen gemobbt wurde. Die Frankfurter Rundschau bringt den ehemals depressiven Olympia-Sieger Matthias Behr, während der Tagesspiegel den uns den Schriftsteller Adrian Naef vorstellt, der ein Buch über seine Depression geschrieben hat.

    Ich will das Schicksal dieser doch recht privilegierten Menschen nicht im geringsten relativieren. Wirklich nicht. Ich weiß nur, dass ich mir nicht vorstellen kann, was sie durchgemacht haben müssen.

    Ich habe nur eine Frage an die Redaktionen: Wo bleibt die Geschichte des einfachen Arbeitnehmers, welcher zusätzlich zum Schicksalsschlag Depression nach Monaten in der Psychiatrie keine Arbeit mehr findet und den Rest seines Lebens als Aussortierter von Hartz IV vegetiert, wenn er sich nicht doch das Leben nimmt? Ich frag ja nur…

  • SPD-Parteitag oder: Ignoranz der neuen sozialen Frage

    Hier und da wurde er schon als „historisch“ angekündigt, der Dresdner Bundesparteitag der SPD. Endlich wieder klar Schiff machen. Back to the roots und all das. Die SPD hat es nötig. Sie ist genuin die Partei der sozialen Frage. Manche Leute denken, dass sich diese Frage nicht mehr stellt in Zeiten, in denen es einem Hartz-IV-Empfänger besser geht als einem Industriearbeiter der 60er Jahre. Ist dem so, die SPD wäre überflüssig geworden.

    Oder gibt es vielleicht eine neue soziale Frage? Vielleicht nicht beim fast ausgestorbenen klassischen Arbeiter, sondern im Prekariat? Bei den vielen Kleinselbstständigen, die sich trotz hoher Qualifikation permanent um die nächste Mietzahlung sorgen? Oder die Studenten, denen man durch Bologna Freiräume nahm, neben dem Studium mehr oder weniger sinnvoll zu arbeiten, ihnen gleichzeitig das Studium drastisch verteuerte und ihren Abschluss entwertete? Oder bei Leiharbeitern, deren Chef sie eben nicht weiter bezahlt, wenn dessen Auftraggeber sie mal ne Woche lang doch nicht braucht? Oder bei Hartz-IV-Empfängern, die nicht nur ständig pleite sind, sondern auch noch permanent von den Behörden drangsaliert werden?

    Es ist kein Trost für die SPD, dass sich die Linkspartei diese Fragen offenbar auch nicht stellt. Die SPD hat 10 Jahre lang die neue soziale Frage nicht nur ignoriert, sondern eine neoliberale Politik gegen diese „neuen kleinen Leute“ gemacht. In dieser Zeit wurde sie von zwei autoritären Personen geprägt: Gerhard „basta“ Schröder und Franz Müntefering, welcher sich nicht zu schade war, vom Parteivorsitz zurückzutreten, nur weil sein Kandidat nicht zum General gewählt wurde. Autoritäre Führung und Ignoranz: Das passt zusammen. Das ist genau das, was wir meinen, wenn wir auf „die da oben“ schimpfen.

    Die SPD muss sich auf diese „neue soziale Frage“ ausrichten, wenn sie wieder sozialdemokratisch und wählbar sein will. Vom Dresdner Parteitag hätte ich erwartet, dass dem Rechnung getragen wird. Dort wird zwar ein Bildungssoli und die Vermögenssteuer gefordertert, aber gleichzeitig auch gesagt, die SPD wolle die „Interessen der breiten Arbeitnehmerschaft“ vertreten, also genau der Schicht, die neue Antworten auf neue Fragen braucht, weil sie ins Prekariat erodiert. Zu netzpolitischen Themen fand der Parteitag genau keine belastbare Aussage. Ich verstehe, dass die SPD nicht von heute auf morgen ein neues Programm aus dem Hut zaubern kann. Aber hey! Die SPD war gerade dabei, sich selbst überflüssig zu machen und hat eines der miesesten Wahlergebnisse ihrer Geschichte eingefahren. Da hätte ich eigentlich ein paar spannende Debatten erwartet. Echte Wahlen zwischen Alternativen. Einen Kampf um den Vorsitz. Einen Kampf um die Richtung.

    Von all dem ist weit und breit nichts zu sehen. Ein neuer Vorstand – mit Sigmar Gabriel und Andrea Nahles im Hinterzimmer ausgeklüngelt – wurde  ohne jede Alternative zur Wahl gestellt und abgenickt. Die 94,2% für Gabriel sind dadurch ungefähr soviel wert, wie die 99,74% für Erich Honecker 1986. Was von Gabriel zu halten ist, sieht man schon daran, dass er lang und breit darüber redet, die SPD zu öffnen, nur um am Ende seiner Rede zu Geschlossenheit aufzurufen. Und Andrea Nahles wurde mit 69,6% „abgestraft“. Glaubt man den Medien, ist sie unbeliebt, weil sie als Königsmörderin gilt – nur weil sie mal „demokratisch“ wörtlich nahm, als General kandidierte und gewann (und dann übrigens unter Druck ihrer „Parteifreunde“ dann doch verzichtete). Arme SPD. Leid tun mir dabei nicht nur die Sozialdemokraten selbst, sondern auch Leute wie Mspro, die den Parteitag besuchen, weil sie immer noch glauben, die SPD sei „irgendwie links“.

  • Eine Woche voller Palmtage

    Der Palm Pré kommt in einer sehr schön gestalteten Schachtel. Allein das Auspacken ist so sexy, dass man das Telefon mindestens einen Tag lang lieben muss. Dabei mutet es mit seiner Hochglanzoptik ein wenig wie ein „Frauenhandy“ an. So ist z.B. im Slider ein kleiner „Schminkspiegel“ integriert. Ja OK, eigentlich ist der für Selbstportraits gedacht.

    Aufschieben tut man das Gerät ansonsten, weil man Tippen will: Obwohl es einen Touchscreen hat, fehlt die Bildschirmtastatur und man hackt auf winzigen QUERTZ-Knöppen herum. Die sind allerdings so gestaltet, dass Tippen mit westeuropäischen Händen tatsächlich möglich ist. Mit Winztastaturen im Blackberry oder beim Palm Treo bin ich nie klargekommen. Auf dem Palm Pré geht’s, aber trotzdem ist meine Tippfehlerquote z.B. auf Twitter sehr viel höher als zuvor mit klassischem Handy und Zifferntastatur. Speziell einhändiges Tippen ist ziemlich fummelig, aber ich gewöhne mich langsam dran. Das Pré ist immerhin das einzige Handy mit QUERTZ-Tastatur auf dem ich überhaupt einhändig mit nur einem Daumen tippen kann, während ich das Gerät in der gleichen Hand halte. So ein kleines Detail ist in beim Herumtragen von Einkaufstüten oder bei Stehplätzen in der U-Bahn einfach wichtig.

    Als Anfänger schiebt man das Telefon außerdem noch auf, um die Tastensperre aufzuheben, aber nur, bis man verstanden hat, dass dafür der Ein-Ausschalter oben rechts gedacht ist. Ein- und ausschalten kann der natürlich auch, dafür muss man allerdings etwas länger drücken. Und Geduld haben. Das Handy braucht fast 2 Minuten zum Booten. Das ist schlecht, wenn man wie ich die Angewohnheit hat, es während der Arbeit längere Zeit auszuschalten und es in den Pausen zwischendurch dann doch benutzen möchte. Ausschalten tue ich, um Strom zu sparen: Die Akkulaufzeit ist unzureichend. Ich will mindestens von 8 bis 20 Uhr mein Handy benutzen können. Das Nokia N86 z.B. schafft bei intensiver Nutzung locker 24 Stunden bis mehrere Tage. Angeblich soll Update auf Web OS 1.3.1 helfen, was ich nicht getestet. Es erscheint in den nächsten Tagen für deutsche Prés.

    Das Gehäuse insgesamt ist sehr handschmeichlerisch verarbeitet, die Rückseite aber ein wenig zu glatt. Kauft man sich jedoch einen Touchstone zum drahtlosen Laden via Induktion dazu, braucht man auch ein anderes Gehäuseteil, welches matt ist und sehr viel angenehmer in der Hand liegt. Überhaupt der Touchstone: Einfach nur sexy. Ich verspürte spontan das Verlangen, mir ein paar passende Designermöbel dazu zu kaufen. Der Zukauf eines Touchstone ist allerdings kein reiner Luxus: ich empfehle ihn dringend, weil die Ladebuchse sich hinter einer  Abdeckung verbirgt, die äußert friemelig abgefummelt werden muss und nicht den Eindruck macht, als ob die das lange überlebt. Beim induktiven Laden über den Touchstone gibt es noch einen anderen Stolperstein: Es sollten keine metallischen Gegenstände wie z.B. ein Schlüsselbund in unmittelbarer Nähe liegen. Wenn doch, könnte man am nächsten Tag merken, dass der Pré gar nicht (richtig) aufgeladen wurde…

    Palm Pre lädt induktiv auf dem Touchstone

    Das Display ist von äußerst guter Qualität und sogar einen Tick besser als das des iPhone. Es lässt sich auch bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesen. Auch wenn es etwas kleiner als beim iPhone ist, hat es die gleiche Auflösung. Dadurch ist das Handy insgesamt kleiner, was ich sehr angenehm finde.

    Wenn wir schon beim Design sind: Oft wurde die scharfe Unterkante als „Käsemesser“ verspottet oder gar als Gefahr angesehen. Das ist albern. Das Palm Pré hat einige Schwächen und Nachteile, aber die Gehäusekante gehört definitiv nicht dazu. Insgesamt ist die Verarbeitung sehr gut, kommt aber nicht an die Wertigkeit eines iPhone heran. Der Slider hat geringfügig Spiel, was aber nicht der Rede wert ist – schon gar nicht im Vergleich zu den meisten anderen Slider-Geräten.

    Bleibt an Hardware noch die Kamera: Die Bildqualität ist gerade eben so akzeptabel, vergleichbar mit der vom iPhone. Videos kann man nicht aufnehmen. Vom N86 aus ein klarer Rückschritt, vor allem, wenn man wegen der einigermaßen guten Qualität vieler Fotohandys auf eine separate Digicam verzichtet, weil man die sowieso nie dabei hat. Wenn die Kamera schon nichts kann und niedrig auflöst, so hat Palm sich wohl gedacht, kann auf einen Steckplatz für Speicherkarten zu verzichten. OK, mit den 8 GB komme ich prima hin. Schade ist es aber trotzdem. Wer z.B. viel Musik auf dem Handy mitnimmt, füllt den Speicher im Handumdrehen an die Schmerzgrenze.

    Die Software

    Da ist zunächst das Betriebssystem WebOS von Palm, welches wirklich gelungen ist. Es läuft auf einem Linux-Kernel, welcher sich leicht rooten lässt, sodass man mit dem Handy tatsächlich jeden Mist per Shell anstellen kann. So gibt es z.B. schon eine Anwendung für Tethering, was das Palm Pré offiziell gar nicht kann. Vermutlich wird auch eine Video-App nicht lange auf sich warten lassen.

    WebOS ist allen Smartphone-Systemen, die ich bisher persönlich testen konnte, überlegen. Die Darstellung der verschiedenen Programme als Karten, zwischen denen man per Fingerwisch umschaltet, ist schlichtweg genial. Obwohl WebOS im Detail einige Kinderkrankheiten hat, ist es meiner Meinung nach dem OS X des iPhone überlegen, auch wenn einzelne Dinge im iPhone besser gelöst sein mögen.

    Grundsätzlich, unabhängig vom Modell, hat das Konzept „Touchscreen“ durchaus Schwächen, da der Anwender kein unmittelbares Feedback erhält, wenn er etwas angeklickt hat. Das Feedback muss die Software sofort liefern, oder das Gerät ist nicht benutzbar. Die bis heute einzigen brauchenbaren Touchscreen-Geräte sind deshalb nach wie vor das iPhone und das Palm Pré. (Besonders enttäuscht war ich in diesem Zusammenhang übrigens wegen hoher Latenzen vom Nokia N97.)

    Also: Der Touchscreen ist sexy, aber fummelig. Er reagiert z.B. oft auf die dicke Stelle meines Daumens, obwohl ich eigentlich mit der Spitze klicken will. Ein Touchscreen erfordert Aufmerksamkeit des Anwenders: Man muss schon hinsehen, wenn man das Gerät bedient. Bei klassischen Handys lernt man schnell die Abfolgen von „Rauf-runter-links-rechts-Zahlentasten-OK“ auswendig, was eine quasi-blinde Bedienung ermöglicht. Geräte mit Touchscreen sind also in manchen Situationen prinzipiell weniger praktisch. Editiert man z.B. einen Text, ist es immer eine fummelige Angelegenheit, den Curser nachträglich an einen bestimmte Stelle zu setzen. Hier vermisst man Pfeiltasten wirklich schmerzhaft. Allerdings verbringt man am Anfang auch ein wenig Zeit damit, die sichere Bedienung zu erlernen. So empfand ich das Palm Pré als umständlich gegenüber dem N86, bis ich das N86 doch wieder einen Tag in Benutzung hatte…

    Eines der Highlights von WebOS ist die sehr gute E-Mail-Software. Leider konnte ich sie nicht dazu überreden, via SSL auf meinen IMAP-Account zuzugreifen. Und man sollte vorsichtig sein: Eine Mail löscht man, in dem man sie mit dem Finger nach rechts hinauswischt. Dabei ist es mir schon zwei mal passiert, dass ich versehentlich die falsche Mail gelöscht habe. In einem Fall konnte ich sie aus dem Papierkorb fischen, in einem anderen Fall nicht. (Warum, weiß ich bis heute nicht.)

    Je nach Mentalität ein Nach- oder Vorteil ist, dass der Pré permanent Mails abholt. Die Möglichkeit, das nur bei Bedarf zu tun, wenn man den E-Mail-Client startet, besteht nicht. So wird man immer über eingehende Mails informiert, verbraucht aber auch ein wenig Traffic. Eine UMTS-Flatrate ist aber bei Geräten wie dem Pré sowieso Pflicht. Update: Wie Tom und in den Kommentaren schreibt, kann man dem E-Mail-Programm sagen, wie oft es syncen soll. Dass Nutzer eines Pré eine Datenflaterate haben sollten, gilt aber trotzdem. Mit der nach 200 MB auf GPRS gedrosselten UMTS-Flat von O2 komme ich als Intensiv-Nutzer übrigens prima hin.

    Wichtigste Anwendung nach SMS ist auf meinem Handy natürlich Twitter. Der kostenlose Client „Tweed“ ist sehr luxoriös und hat allerlei Funktionen, die ich sonst nur vom Desktop-Client kannte. Als Twittermaschine macht der Pré sehr viel Spaß.

    Tweed auf dem Palm Pré

    Enttäuschend sind die Business-Funktionen. Gut, dafür gibt es eigentlich andere Geräte, aber trotzdem: Gerade von Palm mit seinen tollen Handhelds und dem immer noch ausgezeichneten Palm Desktop hätte ich da mehr erwartet. Ich kann den Pré nicht ohne Zusatzsoftware mit den Daten auf meinem Mac oder PC abgleichen. (Stattdessen wird ständig ein Backup in der Cloud gespeichert, was sich aber abschalten lässt.) Lustigerweise hat O2 es auch versäumt, seinen ziemlich brauchbaren „Communication Center“ so anzupassen, dass man damit seinen Pré syncen könnte, was etwas seltsam ist, da das Pré in Deutschland exklusiv von O2 vermarktet wird.

    Termine und Aufgaben sind dazu da, sich an sie zu erinnern. So hat eigentlich jedes Telefon einen Startscreen, das die aktuellen Todos und Termine als erstes und immer anzeigt, wenn kein anderes Programm läuft. Das vermisse ich beim Pré schmerzlich und hoffe auf eine entsprechende App, die ich standardmäßig laufen lassen würde. Das einzige, was der Startscreen bietet, ist eine Art Programmstarter für die 5 wichtigsten Programme, was mir eigentlich zu wenig ist. Ein Druck auf einen Pfeil öffnet eine mehrseitige Übersicht über alle Programme, ähnlich wie man sie vom iPhone kennt.

    Kalender und Aufgabenlisten schwächeln noch in anderer Hinsicht. Starte ich die Aufgabenliste, so muss ich als nächstes zwischen verschiedenen Unterlisten wählen. Alles in einer Liste wäre da doch erheblich übersichtlicher, zumal es keine erkennbare Sortierung à la „das wichtigste/dringendste zuoberst“ gibt. Die Aufgabenlisten im Palm Pré sind da eher wie mehrere Notizzettel, die im Portemonnaie herumfliegen.

    Der Kalender ist etwas besser, zeigt aber morgens nicht unbedingt an, dass abends ein Termin ansteht, je nachdem, welcher Bildschirmausschnitt angezeigt wird. Die berühmte Ziehharmonika-Optik wird erst sichtbar, wenn mindestens 2 Termine angezeigt werden. Auch kann der Kalender Termine nicht jährlich wiederholen. Das hatte mich wegen der Geburtstage sehr geärgert, bis ich gemerkt habe, dass man die Geburtstage in den Kontakten speichern kann. Dann werden sie auch im Kalender angezeigt. Viele solcher Kleinigkeiten bekommt man erst mit der Zeit z.B. im Webforen heraus, weil das beiliegende Handbuch ein Witz ist und die Online-Hilfe leider auch. Nicht einmal alle Gesten, die das Gerät erkennen kann, werden dem unbedarften Neuanwender vorgestellt.

    Als großer Vorteil von WebOS wird oft genannt, dass es Daten aus allen möglichen Online-Quellen zusammenführt. Das wird zwar viel gelobt, ist aber in der Praxis irrelevant, weil ich z.B. einen Großteil meiner Facebook-Kontakte nicht unbedingt im Handy speichern will, umgekehrt aber massenhaft Kontakte im Handy stehen, die nicht auf irgendwelche Webseiten gehören. Was auch fehlt, ist eine offene API, damit Anbieter wie Xing einfach auch ihre Kontaktdaten zum Abgleich bereitstellen können. Ich synce meinen Pré also weder mit Google noch mit Facebook oder sonst wem, sondern via Missing Sync mit einem lokalen Rechner.

    Ausgezeichnet hingegen ist der Browser, der wie beim iPhone auf Webkit basiert und sich ganz ähnlich bedienen lässt. Surfen ist mit dem Pré eine Freude. Dass es in Details besser geht, zeigt aber Opera Mini, der zwar spartanischer ist, aber z.B. beim Zurückgehen zur vorherigen Webseite diese einfach fertig gerendert aus seinem Cache liest, während Pré und iPhone da umständlich Sachen nochmal laden und neu rendern. Die Browser im iPhone und im Pré sind da etwas langsamer, aber natürlich schöner und in der Darstellung nicht mobil-gerechter Webseiten anderen Handy-Browsern weit überlegen. Beim Pré versucht der Browser übrigens, Text so intelligent wie möglich lesbar dazurstellen. Das kann manchmal dazu führen, dass Überschriften auf Webseiten kleiner sind als der eigentliche Text. Auf Geräten wie Pré und iPhone erwarte ich eigentlich, dass Webseiten wirklich genau so dargstellt werden wie auf einem PC.

    Das iPhone wurde ja oft belächelt wegen des zunächst fehlenden Copy&Paste, was das Pré von Anfang an konnte. Hier muss man aber relativieren: Copy&Paste ist auf dem Pré leider wesentlich schlechter gelöst als auf dem iPhone. Und es steht nicht systemweit zur Verfügung. So ist es z.B. nicht möglich, einen Absatz aus einer Webseite in eine E-Mail einzufügen. Auch hier soll aber das kommende Update Besserung bringen.

    Dafür ist das Pré aber nicht nur durch sein Multitasking und seine GUI anderen Touchscreen-Smartphones wie dem iPhone überlegen, sondern auch durch eine andere nette Kleinigkeit: Systemmeldungen aller Art (z.B. eine eingehende SMS) unterbrechen den Anwender nicht bei dem, was er gerade tut, sondern werden dezent am unteren Rand eingeblendet. Hier hat Palm mal wirklich darüber nachgedacht, was Benutzer anderer Telefone nerven könnte.

    Fazit

    Das Palm Pré ist das einzige Touchscreen-Smartphone, das es ernsthaft mit Apples iPhone aufnehmen kann. In manchen Punkten ist es unter-, in anderen aber überlegen und bügelt viele Schwächen wie den nicht wechselbaren Akku oder die feste Vertragsbindung an T-Mobile aus. Technisch gesehen und vom reinen Nutzwert her ist es besseren klassischen Telefonen wie dem Nokia N86 deutlich unterlegen. Eigentlich war ich deswegen schon drauf und dran, den Pré wieder zu verkaufen und weiterhin das Nokia zu nutzen. Problem nur: Das N86 macht mir einfach keinen Spaß mehr. Die Meckerei am Pré oder iPhone ist also Vergleichbar mit der Haltung derer, die permanent ihre Linux-Shell benutzen und Windows- oder Mac-Anwender als Mausschubser bezeichnen.

    An die Touchscreen-Bedienung kann man sich dermaßen gewöhnen, dass man normale Handy nur noch als Elend empfindet, wenn man mehr damit macht, als bloß zu telefonieren. Übrigens das einzige, was ich mit dem Pré noch nicht gemacht habe. Die Klangqualität soll aber sehr gut sein.

  • Wohnung in Berlin gesucht

    Das hat sich zum Glück alles jetzt erledigt.

    Ich suche eine kleine Wohnung bis 450 € warm in Berlin Mitte, Prenzlauer Berg, Pankow, Wedding, Friedrichshain oder Kreuzberg. Wichtig wäre mir eine gewisse U/S/Straßenbahn-Bahn-Nähe sowie eine vorhandene (Einbau)Küche. Sehr gut wäre (teil-)möbliert.

    Alternativ nehme auch gerne ein Zimmer in einer netten WG, wenn es altersmäßig halbwegs passt (36) und die berühmte „Chemie“ stimmt. Da ich schlecht höre, bitte ich um Kontaktaufnahme via Mail. Dadurch bin ich auch selbst recht krachunempfindlich und nehme auch gerne eine etwas lautere Wohnung. Ich besitze übrigens keine fette Hifi-Anlage, keinen Fernseher, keine frisierte Mofa und keinen Rasenmäher o.ä. ;) Geregeltes Einkommen (Festanstellung) vorhanden. Phantastisch wäre, wenn der Vermieter nichts dagegen hat, wenn ich mittelfristig wieder einen Kater adoptiere (bzw. wenn sich in einer WG bereits Katzencontent tummelt).