Emma und die Kinderpornos

Auch die Zeitschrift Emma befasst sich mit „Zensursula“ und veröffentlicht darüber einen bemerkensweren Artikel. Bemerkenswert ist er, weil er fast alle Argumente der Netzsperren-Gegner aufgreift, um am Ende doch zu einer – wie ich finde – üblen Polemik gegen die Bewegung und Franziska Heine zu mutieren. Besonders schlimm finde ich den letzten Absatz.

Dürfen wir demnächst mit einer Petition von Franziska Heine, der „Jeanne d’Arc des Internets“, für eine Aufstockung der  finanziellen und personellen Mittel des BKA zur Verfolgung von Kinderpornografie rechnen? Und wie viele UnterzeichnerInnen würde diese Petition wohl finden?

Das ist das alte Schlagetotargument. Genauso könnte man sagen: Wie kannst Du Dich für XY einsetzen, wenn in der dritten Welt Kinder hungern? Was ist so schlimm an XY, uns ging es damals viel schlechter? Wie kann Dir XY wichtig sein, wo Herr Jesus für Dich am Kreuz gestorben ist? Ich finde es traurig, dass die ehemals linke und kämpferische Emma so dermaßen in der Welt der Spießer angekommen ist. Es passt aber auch dazu, dass Alice Schwarzer sich nicht entblödet, ausgerechnet für die BILD Werbung zu machen.

Im folgenden der Kommentar, den ich im Emma-Forum hinterlassen habe:

Bisher hatten sich die deutschen Provider in diesem Fall auf den Standpunkt gestellt, den Vodafone-Sprecher Thomas Ellerbeck angesichts der tobenden Internet-Community jetzt noch einmal formulierte: „Wir sind keine Internet-Polizei.“ Will heißen: Man wusch seine Hände in Unschuld – und die Seiten blieben im Netz. „Damit“, so das Ministerium, „ist jetzt Schluss“. ine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen, aber…

Nein, das ist keine Selbstverständlichkeit. Ganz im Gegenteil: Internet-Provider sind Briefträger. Wollen wir die Post verpflichten, alle Briefe zu öffnen und zu kontrollieren, weil Kinderpornographie drin sein könnte? Ernsthaft?

Das BKA soll den Providern täglich eine Liste mit inkriminierten Pornoseiten vorlegen? Das nennt man Zensur.“ Wohlgemerkt: Wir sprechen hier von Seiten, auf denen Säuglinge und Schulkinder vergewaltigt und gefoltert werden.

Es ist trotzdem Zensur. Das BKA soll nicht im Hinterzimmer Listen führen, sondern ein Richter soll es anordnen. Und zwar keine Sperre anordnen (von der Sie selbst schreiben, dass sie wirkungslos ist), sondern eine Löschung. Dass das machbar ist, hat der kleine Foebud e.V. bewiesen und innerhalb von 12 Stunden 60 Kinderporno-Seiten aus dem Netz geworfen.

Seit Wochen ist die Ministerin gezwungen, wieder und wieder zwei Selbstverständlichkeiten auszusprechen. Erstens: Das Internet ist eben kein rechtsfreier Raum. Zweitens: Datenschutz darf nicht länger Täterschutz sein.

Nur weil Ihr es wiederholt: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die Gesetze gelten. Und sie können durchgesetzt werden. Zehntausende von Leuten, die Abmahnungen wegen Filesharing erhalten haben, werden Ihnen das bestätigen.

Datenschutz sei Täterschutz ist eine Meinung von Rechtsaußen in der CDU. Wollen Sie sich wirklich in eine Reihe mit Schäuble begeben? Datenschutz hat damit nichts, aber auch gar nichts zu tun. Im Gegenteil: Die Sperre ist Täterschutz. Was meinen Sie, wie schnell sich die Täter aus dem Staub machen, wenn sie merken, dass Ihre Website gesperrt wurde? Ein Script, dass die Abrufbarkeit einer Webseite mittels eines deutschen DNS-Server überprüft, kann ich in wenigen Minuten schreiben.

„Handeln statt Sperren!“ fordert auch der „Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur“. Handeln sollen aber offenbar die anderen. Zwar hackten die Internet-Cracks inzwischen die Seite der Deutschen Kinderhilfe und platzierten dort eine „Todesanzeige für die Meinungsfreiheit“. Auf CCC-Mitglieder, die ihre Computerkenntnisse nutzen, um Anbietern von Kinderpornos das Handwerk zu legen, wartet man dagegen vergebens.

Dieser Passus ist eine große Frechheit. Wir sind konstruktiv. Ich nenne obigen Versuch des FoeBud. Ich selbst habe (erfolglos) eine Petition zur Bekämfpung von Kinderpornographie eingereicht.

Ich komme zu dem Schluss, dass Ihr Artikel zunächst auf lobenswerte Weise die Argumente verarbeitet, dann aber in üble Polemik abgleitet. Wie Sie selbst schreiben: Die Sperren verhindern gar nichts. Sie ziehen aber einen Rattenschwanz von Problemen nach sich. Ich habe das hier mal leicht verständlich für Menschen erklärt, die sich nicht mit dem Internet auskennen.

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