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Schulen sperren Schulkinder zur Sonnenfinsternis in verdunkelten Räumen ein:
„Einen Moment lang war ich sprachlos, Mademoiselles Schule habe ich nämlich in den letzten 4 Jahren als unaufgeregte, reflektierte und intelligente Einrichtung kennengelernt. Also frage ich zunächst einmal „warum“ mit dem Ergebnis: Man sei von besorgten Eltern angesprochen worden die der Presse entnommen hätten, es bestünde Gefahr, und man wüsste ja nicht wirklich, weshalb es besser wäre, auf der sicheren Seite zu irren.“
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Behindertenbeauftragte zum Thema Inklusion: „Separierung hat in Deutschland Tradition“:
„Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im März 2009 hat sich die Bundesrepublik zu einem inklusiven Schulsystem bekannt. Das wird von den Ländern aber sehr unterschiedlich umgesetzt, sagt Verena Bentele, die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung.“
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Ethikproblemumfahrungsalgorithmus:
„Da es doch eher unangenehm ist doch ständig drauf gewappnet sein zu müssen, dass die Software keinen Bock mehr hat, werden die Hersteller das Problem in Folge outsourcen: anstatt den Passagier zu belästigen wird die Aufgabe des schnellen Einschreitens an Menschen in einem Callcenter ausgegliedert. So wie sie uns jetzt durch die Einrichtung unserer WLAN-Routers leiten, werden sie in Zukunft das unser Auto für uns durch Baustellen fernsteuern, damit wir nicht von unseren Smartphones aufschauen müssen.“
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The ultimate physical limits of privacy:
„Does living in a black hole provide privacy? Couldn’t they follow you into the hole?“
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Alte Leipziger:
„Ob ich denn zu ‘so einem Feministenverein’ gehören würde, sagte er.“
Blog
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Links der Woche
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Datenschutz ist ein seltsames Konzept
tl;dr: Datenschutz als Konzept ist „broken beyond repair“ (oder: Warum ich schon länger kein Pirat mehr bin)
Ich weiß, Postprivacy ist seit Snowden out. Trotzdem beobachte ich das Treiben der Datenschützer (längst nicht nur der Piratenpartei) mit Befremden. Je länger ich über Datenschutz im Allgemeinen und den deutschen Datenschutz im Speziellen nachdenke, desto weniger verstehe ich das Denken dahinter.
Datenschutzgesetze sollen vor Diskriminierung schützen. Das tun sie leidlich, aber um den Preis, dass sie auch Verbrechen schützen. Privatsphäre bedeutet halt nicht nur, in Ruhe zu onanieren, sondern auch unsichtbare Gewalt in Familien. Diskriminierung mit Datenschutz zu bekämpfen wird absurd, sobald man darüber nachdenkt, wieviel Diskriminierung aufgrund nicht schützbarer Daten passiert. Wir können weder unser Geschlecht verheimlichen, noch unsere Hautfarbe. Allein dadurch, dass wir vor die Tür gehen, geben wir permanent Daten von uns Preis. Die jüdische Gemeinde verschickt ihr Magazin „Jüdisches Berlin“ jetzt in neutralen Umschlägen, aus Angst vor Übergriffen. Ist das wirklich die Antwort, die wir den Juden in Deutschland anbieten wollen, oder wollen wir lieber Antisemitismus bekämpfen? Datenschutz konsequent zu Ende gedacht, würde bedeuten, dass wir alle eine Burka tragen müssten – nicht nur die Frauen.
Vollkommen desillusionierend finde ich, dass sehr viele (ich betone: viele, längst nicht alle!) Datenschützer aus der Nerd-Szene sich nur für sich selbst zu interessieren scheinen. Sexismus, Rassismus und diverse andere Formen der Diskriminierung sind für sie kein Thema. Wer laut „Datenschutz“ schreit, ohne gleichzeitig gegen Diskriminierung vorzugehen, will in Wirklichkeit nur seinen eigenen, privaten Datenschutz zur Verteidigung meist männlicher, weißer Privilegien. Sehr viele dieser Nerd-Datenschützer agieren sogar selbst diskriminierend, wenn sie trollend im Netz unterwegs sind, und Datenschutz bietet ihnen dafür einen Schutzraum.
Und dann ist da noch der Kult um die „freiheitlich demokratische Grundordnung“, im Rahmen dessen Menschen schonmal das Grundgesetz heiraten. Als ob das Grundgesetz in Stein gemeißelt wäre. Es enthält in der heutigen Form eine menschenfeindliche Asylgesetzgebung. Das Grundgesetz verhindert weder einen Striptease im Jobcenter noch das Ehegattensplitting und andere Formen sexistischer Diskriminierung. Es verhindert kein Racial Profiling und keine Hausdurchsuchung wegen einer harmlosen Hanfpflanze auf dem Balkon. Die FDGO verhindert sehr vieles nicht, wogegen Datenschutz schützen soll. Ich bin kein Jurist und kann nicht beurteilen, wieviele Gesetze grundgesetzwidrig sind und an welchen Stellen das Grundgesetz selbst repariert werden müsste. Klar ist nur: Zum Götzen sollte man es nicht machen.
Aus dem Grundgesetz abgeleitet ist die „informationelle Selbstbestimmung“. Auch dieser Gedanke ist längst ad absurdum geführt, es sei denn, wir schalten das Internet ab. Sie setzt voraus, dass wir überblicken und kontrollieren könnten, wer wann welche Daten über uns gewinnt. Das ist ein absolut hoffnungsloses Unterfangen. Michael Seemann hat dazu das Wort „Kontrollverlust“ geprägt und in seinem Buch „Das neue Spiel“ dargelegt, wie wir damit umgehen könnten. Im Rückblick muss ich aber sagen: So etwas wie „informationelle Selbstbestimmung“ definieren zu wollen, zeugt selbst für die kaum digitalisierten 80er Jahre von rührender Ahnungslosigkeit. Selbst analog erzeugen wir ständig Informationen über uns und haben wenig Einfluss darauf, was unsere Mitmenschen aus diesen Informationen machen – sprich, wie sie über uns denken oder ob sie uns sogar diskriminieren.
Dementsprechend katastrophal ist es um den Datenschutz in Deutschland bestellt. Wer irgendwo ein Cookie setzt und dabei Opt-Out-Regeln nicht bis aufs i-Tüpfelchen befolgt und als Totem eine von niemandem je gelesene Datenschutzbelehrung unters Impressum tackert, riskiert Ärger mit Behörden und abmahnenden Konkurrenten, während althergebrachte Printverlage das Listenprivileg genießen und einen schwunghaften Handel mit den Daten ihrer Abonnenten treiben dürfen. Ein Handel übrigens, den weder Google noch Facebook betreiben, weil die Daten für ihr Geschäftsmodell viel zu wertvoll sind. Deutsches Datenschutzrecht verhindert weder, dass Jobcenter-Mitarbeiter Zahnbürsten in „Bedarfsgemeinschaften“ zählen (was einer Hausdurchsuchung gleichkommt) noch dass „Bild“ Menschen an die Öffentlichkeit zerrt. Wer will in einer Gesellschaft leben, in der Datenschutzgesetze dermaßen streng und umfangreich sind, dass keine Information mehr durchtröpfelt, aufgrund derer diskriminiert werden könnte? Leben in der Einzelzelle? Das Sammeln und Auswerten von Daten verhilft uns zu Erkenntnisgewinn. Dass jemand Daten nutzt, um anderen zu schaden, ist nicht die Schuld der Daten sondern dieses Jemand. Datenschutz ist die Anwendung eines Konzeptes aus dem vergangenen Jahrhundert auf eine Welt, zu der er nicht mehr passt und kann nicht die politische Stoßrichtung sein. Sondern die Bekämpfung von Diskriminierung. Nicht Daten schützen – Menschen schützen!
P.S.: Und die NSA? Die NSA, GCHQ und natürlich auch der BND sind ein Problem für sich. Kein Datenschutzgesetz dieser Welt wird sie davon abhalten, das zu tun, was sie tun. Übrigens auch kein Antidiskriminierungsgesetz. Ich weiß nicht, was wir dagegen tun können, ich weiß nur: Die aktuellen Datenschutzdebatten der letzten Jahre helfen hier kein Stück weiter.
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Links der Woche
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Audio „Kiezdeutsch?! Auf deutschem Boden?!:
„Für Heike Wiese ist Kiezdeutsch ein Dialekt, wie Bayerisch oder Schwäbisch – mit eigenen Regeln. Klaren Regeln. Ihre Forschung passt manchen selbst ernannten Sprachbewahrern gar nicht in den Kram.“
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Shitphone: A Love Story :
„Off-brand electronics are, like their branded counterparts, interesting for a limited amount of time: The highest-end branded version of a product offers a chance to taste the luxurious future of technology; the shitworld version lets you preview a more practical future — the future most of the global electronics-buying public will actually enjoy.“
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Das Gesetz der kleinen Zahl oder wie man Unverantwortlichkeit als Gerechtigkeit verkauft:
„So, jetzt der Stuss, den Nichtmathematiker daraus machen. Wenn Leistungen mehrerer Leute bewertet werden müssen, glauben irgendwie alle, die Noten müssten nach einer Glockenkurve verteilt sein. In einer Klasse von 25 Schülern müssen also viele Dreier oder Vierer haben, nur wenige Einser oder Fünfer. Es gibt – so die Meinung – immer viel Durchschnitt und dazu wenige Spitzenleistungen und wenige Ausfälle. Es wird glatt nicht geglaubt, dass in einer Klasse mal viele Spitzenleute sein könnten und in einer anderen viele Minderleistungen.“
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aus müll trash machen:
„ich wiederhole mich natürlich, wenn ich hier wieder meine abneigung gegen deutsche synchronfassungen aufschreibe. aber weil ich mich gerne wiederhole: ich halte das für eine unsitte.nicht nur weil es uns alle davon abhält uns an den klang von fremden sprachen zu gewöhnen, sondern auch, weil ich es teilweise für einen unerhörten eingriff in die künstlerische freiheit der serien- oder filmemacherinnen ansehe.“
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Der Sport zum Järgerzaun
Meine Freunde haben eine Kegelbahn in Berlin-Wedding reserviert. Ausgerechnet Kegeln, der Sport zum Jägerzaun und Dackel. Höre ich das Wort »Bundeskegelbahn«, denke ich unwillkürlich an die holzgetäfelte Vereinsheimspießigkeit der westdeutschen Nachkriegszeit. Leider kannten die Freunde mein dunkles Geheimnis: Ich war als Kind mal in einem Kegelverein.
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Von Datenbrillen und Smartwatches
tl;dr:Langsam zeichnet sich ab, wie wir in ein paar Jahren Wearables soziale markieren könnten.
Heute gab es zwei interessante Meldungen. Die erste: Apple stellt seine Smart Watch vor. Die andere: VW kündigt an, dass Datenbrillen zukünftig in der Logistik des Wolfsburger Lagers eingesetzt werden sollen. Warum das spannend ist: Ich erahne hier einen Trend. Wearables scheinen sich in zwei Richtungen zu entwickeln:
Auf der einen Seite die Datenbrille. Sie ist in der Geschmacksrichtung „Google Glass“ gnadenlos gefloppt. Schaut man sich die Use-Cases von Google und Mitbewerbern an, geht der Markt abgesehen vom Gaming in Richtung Industrie, Logistik und gelegentlich Polizei. Eher Postzusteller als Firmenlenker. Datenbrillen sind für Handlanger, Arbeiter und Menschen mit ausführenden Tätigkeiten.
Ganz anders die teuere Uhr. Sie war schon immer ein Statussymbol, das selbst in der Variante der fetten Rolex dezent im Ärmel verschwinden kann. In der sozialen Hackordnung könnte die Apple Watch in Zukunft in etwa bedeuten: „Seht her, ich bin privilegiert und muss keine Datenbrille tragen.“ Man braucht nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie das Tragen einer Datenbrille in gewissen Kreisen geradezu verpönt sein könnte. Joe Sixpack kann sich nur die Plastikvariante leisten, die es zweifelsohne sehr bald zu ähnlichen Preisen geben wird wie japanische Digitaluhren in den 80ern.
Und dann gibt es noch die Outlaws. Für sie könnte die Datenbrille zum Ramones-Shirt des 21. Jahrhunderts werden. Ein paar Künstler, Literaten und Intellektuelle – bzw. ihre Entsprechung in der Nerdkultur, also ein paar Hacker und Cyberpunks – könnten diese Datenbrillen als Assesoir tragen, um ihre Intellektualität zu unterstreichen – ähnlich wie früher schon bei klassischen Brillen.
Und am Ende kommt noch die Phase, in der Kinder reicher Smartwatch-tragender Oberschicht-Eltern anfangen, Datenbrillen zu tragen und das Punk nennen.
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Links der Woche
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Warum bald niemand mehr Arno Schmidt lesen wird:
„Ich bin über einen wirklich schlimmen Text gestolpert. Der Text heißt “Warum es Arno Schmidts Texte nicht als E-Book gibt” und wurde geschrieben von Friedrich Forssman, der – wenn er nicht gerade gegen E-Books rantet – die Totholzausgaben der Publikationen der Arno Schmidt Stiftung gestaltet. Aber selbst wenn man diese Voreingenommenheit berücksichtigt, bleibt der Text rätselhaft.“
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Die Impfgegner und die Krise der Institutionen:
„Was nämlich passiert, wenn unter sonst gleichen Bedingungen das kritische Denken fehlt, kann man derzeit in Berlin und schon länger in den USA beobachten. Impfgegner machen mit Verschwörungstheorien, Selbstdiagnosen und anekdotischer Evidenz gegen das Impfen mobil. Längst ausgestorben gedachte Krankheiten brechen wieder aus, in Berlin gibt es jetzt den ersten Masern-Todesfall.“
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Zum Totlachen:
„Ein deutsches Medium, dessen Namen ich hier nicht nennen möchte, um nicht schon wieder in die Tastatur brechen zu müssen, nutzt diese fünf Gefühlszustände, um das Feedback seiner Leserschaft einzuholen. (…) Ich habe willkürlich sieben Stichproben gezogen und in fünf von sieben Fällen dominierte bei diesen Texten die Emotion „Lachen“. Unter anderem bei einem 43-minütigen Todeskampf.“
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It´s not Wahrheit, stupid. Anmerkungen zu Google Knowledge Vault.:
„Gleich zwei Texte heute zu einem Novum bei Google: „Google-Suchmaschine setzt auf Fakten“ heißt es bei Faz.net, und in der Welt Online „Google will niemals wieder lügen“. Beide Texte enthalten nicht nur fachliche Fehler, sondern sie führen auf die falsche Fährte mit Begriffen wie „Wahrheit“ oder „Unseriös“ und „Plausibilität“.“
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Is the Many Worlds hypothesis just a fantasy?:
„We should resist not just because MWI is unlikely to be true, or even because, since no one knows how to test it, the idea is perhaps not truly scientific at all. Those are valid criticisms, but the main reason we should hold out is that it is incoherent, both philosophically and logically. There could be no better contender for Wolfgang Pauli’s famous put-down: it is not even wrong.“
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Gehörlos durch Masern
Zu meiner Geschichte gehört natürlich auch die Frage, wie es eigentlich kam, dass ich mein Gehör verloren habe. Ursache waren nach allem, was sich nach zahllosen Untersuchungen der letzten Jahrzehnte sagen lässt, die Masern bzw. ihre Spätfolge. Nachdem ein Tweet dazu die Runde machte, habe ich Spiegel Online und Radio Eins kurze Interviews dazu gegeben. Im Moment finde ich keine Zeit, da ausführlicher drüber zu bloggen. Man* kann sich vorstellen, dass ich Impfgegner besonders gerne habe, weshalb ich über das ganze Thema Masern, Impfung, Impfgegner, ihre Szene und die Mails, die man von denen bekommt, wenn man* sich als Betroffener in die Öffentlichkeit stellt, einen Artikel für die Jungle World geschrieben habe.
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Gefährliche Ignoranz
Wer sich für eine Impfpflicht ausspricht, setzt sich derzeit dem geballten Hass der Impfgegner aus. Mit wissenschaftlichen Fakten sind Menschen, die einen Glaubenskrieg führen, nicht zu erreichen.
Weiterlesen in der Jungle World
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„Mich haben die Masern nur das Gehör gekostet“
Die Masern sind nicht harmlos. Im Interview erzähle ich, wie die Infektion mir geschadet hat und sage, wie ich über eine Impfpflicht denke.
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Links der Woche
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Wie ein Franzose in Berlin Kirchensteuern zahlt:
„Als ich in Berlin ankam, musste ich mich beim für Bürgeramt anmelden, das ist ein ganz normales und obligatorisches Verfahren für jeden Neuling. Während der Registrierung werden Sie nach Ihrer Religion gefragt. Atheist aus Überzeugung und hatte noch nie was mit der Kirche zu tun – außer meiner Taufe (für die ich nicht verantwortlich bin) habe ich „Keine Religion“ angekreuzt. Wenige Monate später erhielt ich einen Fragebogen von der Kirchensteuerstelle Berlin (Finanzamt). Grob gesagt wurde ich gefragt, ob ich sicher bin, Atheist zu sein (Katechismus? Nein! Religiöse Heirat? Nein! etc.). Ich bestätige, dass ich mit Sicherheit Atheist bin. Ich fand das Formular sehr aufdringlich und glaubte aber, dass sie mich nun zumindest in Ruhe lassen. Ein schwerer Irrtum.“
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Dresden: Der 13 Februar zwischen Opfermythos und „Danke Bomber Harris“:
„Was vielen Deutschen als „Apokalypse“ erscheint, rettete einigen ihrer Opfer das Leben und wurde von anderen ihrer Opfer begrüßt. (…) Um die Bombenangriffe auf Dresden wurde in den letzten Jahrzehnten ein Opfermythos aufgebaut, der sich hartnäckig hält.“
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