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  • Ein paar nette jQuery-Plugins

    JavaScript-Hackereien machen ja eigentlich Spaß, arten aber in grausamste Mühsal aus, soll der Code in wirklich allen Browsern laufen. Nix neues: Da hilft jQuery mit seinen vielen schönen Plugins ungemein weiter, wenn man bereit ist, sich darin ein wenig einzuarbeiten. Die wichtigsten und leckersten Plugins liefert natürlich jQuery UI, hier aber ein paar weitere, die sehr nützlich waren:

    jFeed

    Einfacher Parser für RSS- und Atom-Feeds.

    jQuery AlphaNumeric

    Überwacht Eingebefelder darauf, dass nur vorab definierte, erlaubte Zeichen eingegeben werden können, noch bevor der Input an den Server gesendet wird.

    jQuery.ScrollTo

    Hat man in einem Container Inhalte, die größer sind, als der Container selbst, kann man diese über Scrollbalken zugänglich machen. Lästig ist das für den Anwender, wenn dieser bestimmte Stellen anspringen möchte. Mit diesem PlugIn lassen sich verdeckte Bereiche mit einem butterweichen Scroll einblenden.

    Form

    Verdrahtet mit kleinstmöglichem Aufwand Formulare direkt via Ajax mit einem serverseitigen Script, z.b. PHP.

    XMLObjectifier

    Mit nur einem Methodenaufruf XML-Dokumente in Objekte verwandeln, die anschließend wie anderen JavaScript-Objekte auch direkt angesprochen werden können, ohne dass weiteres Parsen o.ä. nötig wäre. Besonders schön daran, ist dass die hohe Cross-Browser-Kompatiblität.

    jQuery BlockUI Plugin

    Wenn im Hintergrund eine Ajax-Abfrage läuft, kann der Benutzer normalerweise weiter an der Seite arbeiten. Mit diesem PlugIn kann man die Bedienbarkeit der Seite blockieren, bis die Abfrage vollständig erledigt ist, und zwar ohne den Browser als ganzes zu blockieren.

    jQuery Taconite Plugin

    Hiermit lassen sich gleich mehrere DOM-Updates der Webseite in nur einem einzigen Ajax-Aufruf kapseln. Benötigt allerdings eine XML-Dokument, in welchem definiert ist, wie die DOM-Struktur zu aktualisiseren ist. Die Idee ist toll, die Umsetzung aber bei komplexen Seiten sehr nervig. Wollte bei mir nur mit einfachen Beispielen funktionieren.

  • Und alle so: Yeah!

    Ein kleiner politischer Witz, geschmiert auf ein Plakat, machte die Runde im Web:

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    Der schrie natürlich danach, in die Praxis umgesetzt werden, also zwischen zwei Terminen schnell rüber zum Gänsemarkt und tatsächlich: Frau Merkel redet und nach jedem einzelnen Satz ruft die Menge voller Überzeugung Yeah! Zu Anfang scheinen sich die CDU-Politiker auf dem Podium zu freuen, während Frau Merkel sich während ihrer Rede nichts anmerken lässt. Eine wunderschöne Abwandlung des guten alten Bullshit-Bingo, und eine verdammt lustige: Wir können bald nicht mehr vor lachen.

    Link: Und alle so Yeah! (1) Pointe am Schluss: Kurz nach Ende der Rede rief ich laut „Zugabe!„, was sofort aufgenommen und von vielen Stimmen wiederholt wurde und einen wunderschönen Chor ergab – ein einmaliges Gefühl… Leider kam Frau Merkel dem Wunsch nach Zugabe nicht nach.

    (Das zweite Video ist nicht von mir)

  • Piratenabenteuer: Die Durchwatung des braunen Sumpfes

    Eigentlich wollte ich mich ja momentan aus einer Reihe von Gründen mit politischen Artikeln zurückhalten. Eigentlich…

    Was ist passiert? Vizevorsitzender der Piratenpartei, Andreas Popp, gibt der rechtskonservativen (bisweilen auch rechtsradikalen) „Jungen Freiheit“ ein Interview. In diesem Interview sagt er klar, was er von Rechtsextremismus hält: Gar nichts. Sagt klar, mit wem er keinesfalls koalieren würde: rechten Parteien.

    Darauf folgte ein klassischer Shitstorm: Mit denen reden? Wie kann man nur? Es führte dazu, dass Andreas Popp sich für das Interview entschuldigte und Bundesvorsitzender Jens Seipenbusch ihn in Schutz nahm, mit dem nicht ganz abwegigen Argument

    Wenn wir diese Menschen nicht für würdig befinden, mit ihnen über Politik zu reden, dann geben wir sie verloren. Wenn wir sie zurückholen wollen ins demokratische Spektrum, dann müssen wir mit ihnen reden, ihnen klarmachen, warum die rechte Ideologie menschenfeindlich ist. Sie zu verachten, sich von ihnen zu distanzieren, mag den Linken dabei helfen, ihre eigene Identität zu definieren – in der angesprochenen Sache ist es eher schädlich.

    Zum einen: Das Interview mit der Jungen Freiheit war ganz klar ein Griff ins Klo. Das Blatt versucht, mit unverfänglichen Interview-Partnern den Eindruck zu erwecken, nicht rechtsradikal zu sein. Wer diesem Blatt ein Interview gibt, hilft ihnen dabei. Wäre ich Amtsträger, ich hätte ein Interview verweigert. Alles andere ist politisch naiv.

    Aber genau diese politische Naivität ist es, die mich begeistert. Da erdreisten sich doch die Piraten, einfach nicht mitzumachen, wenn es darum geht, zu definieren, was politisch korrekt ist, und was nicht. Wie Mspro richtig erkannt hat, hat die Piratenpartei kulturell überhaupt nichts mit der alten linken, mit Beißreflexen, Palituch und Antifa zu tun.

    Die Piratenpartei ist Ausdruck eines Zeitgeistes, der um die Jahrtausendwende Gestalt annahm, als sogar junge Menschen plötzlich wieder CDU wählten, ohne sich zu schämen, weil sie die Rituale als reine Pose durchschauten. Ein Zeitgeist, der sich müde und desinteressiert von alten politischen Grabenkämpfen zwischen Links und Rechts abwendet, weil diese Grabenkämpfe nichts mit seiner Lebensrealität zu tun haben. Ein Zeitgeist, der sich stattdessen bei Attac oder im CCC manifestiert, weil die etablierten Parteien nur noch als irrelevant angesehen werden. Pragmatik geht vor Ideologie. Deshalb will die Piratenpartei weder links noch rechts sein.

    Die Naivität der Piraten ergibt sich aus ihrer Unschuld. Sie haben keine Angst davor, mit rechten Medien zu reden, weil es für sie außer Zweifel steht, dass sie selbst nicht rechts sind. Rechtes, autoritäres, völkisches, rassistisches, homophobes usw. Denken ist den Piraten schlicht und ergreifend fremd. Solches Denken passt nicht in die Welt des „jeder mit jedem“ und „jeder nach seiner Fasson“. Piraten werden niemals eine autoritäre (also rechte) Politik gutheißen, weil sie selber eine Bewegung sind, die sich gegen Versuche wehrt, ihren Lebensraum autoritär zu reglementieren. So konnte auch die Gender-Debatte nicht verfangen: Piraten haben etwas gegen Feminismus, weil sie niemals auf die Idee kämen, frauenfeindlich zu sein und gedanklich schon längst im Postfeminismus angekommen sind, der einfach nur jeden Menschen unabhängig vom Geschlecht betrachten will.

    Ein wesentlicher Bestandteil der piratischen Ideologie ist, Ideologien als solche abzulehnen. Das ist Dekonstruktion in reinstform. Moderner geht es nicht.

    Aber zum braunen Sumpf: Wenn ich etwas in meiner Zeit in Sachsen gelernt habe, dann dass man die NPD-Wähler nicht mit Nazis gleichsetzen darf. Darunter sind äußerst viele Menschen, die vom politischen Spektrum enttäuscht sind. Die Protest wählen oder gar den Parolen der Rattenfänger glauben. Natürlich ist es ein äußerst schwieriges Unterfangen, diesen Menschen mit reiner Aufklärung begegnen zu wollen. Aber wie Jens Seipenbusch schon schrieb: Es nicht zu tun, hieße diese Menschen aufzugeben.

    Sollen die Piraten in der Genderdebatte einen feministischen Standpunkt einnehmen? Rechtsradikalen gegenüber die Rituale der Kontaktverbote einhalten? Sollen sie sich auch in allen anderen Fragen nach dem politischen Mainstream der etablierten Parteien richten? Was bliebe dann noch übrigen für die Piraten? Welche Existenzberechtigung hätte die dadurch entstandene Grünliberalsozialchristdemokratische Linkspartei?

    Man sollte den Shitstorm, der gerade läuft, als das sehen, was er ist: Als Kampagne der politischen Gegner unter Ausnutzung eines Verstoßes gegen die Political Correctness.

  • Das perfekte Smartphone (gibt es nicht)

    Ich mache so ziemlich alles mit meinem Handy, außer es ans Ohr zu halten: SMS, Twitter, Web, Google Maps oder GPS, PDFs und andere Dokumente lesen, Notizen verwalten, Kalender, Kontakte. Nur die Telefonie ist ziemlich unwichtig, und wenn, dann muss ich meine Hörhilfe als Bluetooth-Headset koppeln können.

    Unter diesen Vorzeichen wäre ich eigentlich der Smartphone-Typ. Vorletztes Jahr hatte ich mit dem Toshiba G900 schon schlechte Erfahrungen gemacht und es nach kurzer Zeit für ein Nokia N95 wieder verkauft. Windows Mobile ist in der Bedienung ungefähr das frikelligste, das ich kenne. Das extrem hoch aufgelöste Display ist zwar toll zum Betrachten von Webseiten, macht aber Bedienelemente so winzig, dass der Finger nicht reicht und man den Stylus benötigt. Die Bildschirmtastatur lässt sich ebenfalls nicht vernünftig per Finger bedienen: Egal, wie man das G900 nutzt: Man braucht beide Hände. Dass es ein Problem ist, merkt man erst, wenn man eine Einkaufstüte trägt oder sich in der U-Bahn festhält und gerne einhändig SMS schreiben möchte. Es nervt.

    Leider hat das (gebraucht gekaufte) N95 den Geist aufgegeben, sodass ich mich erneut auf die Suche nach einem passenden Smartphone gemacht habe. Grundregel: Touchscreen, wenn QUERTZ, dann nur zusätzlich, kein Windows Mobile, mindestens brauchbare Kamera, UMTS/Edge und überhaupt alle Online-Funktionen.

    Den Maßstab setzt das iPhone. Kein Gerät ist flüssiger zu bedienen und es bietet genau die Funktionen, die ich brauche. Leider hält die Akku-Ladung keinen ganzen Tag durch, wenn man das Gerät intensiv nutzt. Das geht allen Smartphones so, aber fürs iPhone kann ich keinen Ersatz-Akku im Portemonnaie parat halten. Ebenfalls unschön: Ich wäre auf den Appstore angewiesen und könnte nicht einfach darauf installieren, was ich will, oder gar selber z.B. eine J2ME-Anwendung schreiben. Das hätte ich zähneknirschend noch in Kauf genommen, wären nicht die Folgekosten: Der obligatorische T-Mobile-Vertrag würde meine monatliche Handyrechnung im Vergleich zu O2 glatt verdreifachen – bei gleicher Nutzung. Lifestyle und Sexyness hin oder her: Das muss einfach nicht sein.

    Alternativ wird das Nokia N97 sehr beworben: Ebenfalls ein Touch-Screen-Handy, das allerdings noch eine seitlich ausklappbare QWERTZ-Tastatur mitbringt. Das Gerät hat in jeder Hinsicht gute Noten und die wohl umfassendste technische Ausstattung, die man sich wünschen kann, und führt die Bestenliste bei Chip.de an. Ich hatte mich schon darauf gefreut, es zu erwerben, bis ich es im Laden in der Hand hielt und bedienen wollte. Die Benutzerführung ist unpraktisch und inkonsistent. Der Button zum Schließen einer Anwendung ist beispielsweise mal oben rechts, mal am unteren Rand. Besonders schwerwiegend: Der Touchscreen reagierte nicht flüssig (was mich bei Windows Mobile schon genervt hatte). Das ist aber ein Muss: Bei einem Touchscreen gibt es kein mechanisches Feedback wie bei einer echten Taste. Wenn ich klicke oder wische, muss ich die Reaktion des Gerätes sofort auf dem Display sehen. Weiteres kann man in der detaillierten Kritik von Felix Schwenzel nachlesen, die vollkommen meinem ersten Eindruck entspricht.

    Bleibt die Android-Richtung wie das G1 oder das HTC Hero. Ich habe mal kurz damit herumgespielt. Es ist sicherlich ein schönes Gerät, aber um es vollständig nutzen zu können, muss ich über Google syncen(*). Und ich bin der Auffassung, dass Google bereits genug Daten über mich gesammelt hat. Ebenfalls angesehen habe ich mir das Blackberry Bold und das Nokia E71. Beide Geräte haben sehr gute Kritiken und mögen auch wirklich gut sein, allerdings wollen meine Daumen einfach nicht zu den winzigen Mini-Tasten der zusammengequetschten QUERTZ-Tastatur passen. Diese Bauform ist einfach nichts für mich. Besser geeignet wäre da schon das Samsung Galaxy oder LG Arena und die vergleichbaren „iPhones für Arme“ dieser beiden Hersteller. Beim durchsehen der Modelle fiel mir auf: Entweder ist Android drin, oder aber die Bedienung via Touch-Screen beschränkt sich auf ein paar Gags und ist allenfalls rudimentär umgesetzt. So hatte ich ein Samsung-Gerät in der Hand, bei dem ich zwar Programme auf Fingerdruck starten konnte, aber nicht per Wischen durch eine Liste scrollen (genaues Modell vergessen).

    Mein persönliches Fazit: Alle Smartphones stinken. Leider. Ich bin sehr gespannt auf das kommende Nokia N900, ich hätte Spaß daran, mit einem Open Moko herumzuspielen und ich würde wohl auch gerne ein Palm Pre nehmen, wenn die deutsche Version nicht nach Hause telefoniert. Alle diese Handys kommen jedoch erst in den nächsten Monaten. Ich habe mich schließlich für ein Nokia N86 entschieden. Das ist kein Smartphone, sondern im Grunde nur ein besseres N95. Auf die ersten Tage bin ich äußerst zufrieden damit, wenn man davon absieht, dass ich weiterhin auf einer Zifferntastatur herumhacke. Wie seit 10 Jahren.

    (*)Update:

    Benjamin hat mit seinem Kommentar recht: Das HTC-Hero ist anscheind das erste „google-freie“ Android-Handy.

  • Störteblogger III

    Schiff [Konvertiert]

    Wie jeden 15. des Monats trifft sich das Hamburgische Bloggertum – dieses mal zum Grillen um 15.00 Uhr auf der großen Wiese am Altonaer Balkon. Bei schlechtem Wetter findet das Treffen ein paar Meter weiter im Hafenbahnhof-Café (Große Elbstraße 276) statt. Und falls jemand unsicher ist oder uns nicht finden kann, gibt es sogar eine Handy-Nummer, um kurzfristig nachzufragen.

    Balkon

  • Schlecht hören im Job

    Dass ich schlecht höre, wissen viele, weil ich schlicht kein Geheimnis daraus mache. Warum auch? Manche Leute sind erstaunt, wie offensiv ich damit umgehe, obwohl ich gerade auf Stellensuche bin. Aber warum versuchen, etwas zu verbergen, das sich gar nicht verbergen lässt?

    Mir ist völlig klar, dass mich viele Firmen wegen meiner Behinderung nicht einstellen werden, schon weil dieses Wort so abschreckend klingt. Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle das eigentlich für meine Arbeit spielt. Mein Handicap bringt nämlich durchaus auch Vorteile mit sich – zum Beispiel wenn ich meine Hörgeräte ausschalte, dadurch fast völlige Stille schaffe und mich ohne jede Ablenkungen auf meine Arbeit konzentrieren kann. Das finde ich recht passend für jemanden, der schreibt, denkt, tüftelt und programmiert.

    Interessant sind die Auswirkungen auf das kommunikative Verhalten. Ich meide Telefone, wo ich kann, und wäre sicherlich eine Fehlbesetzung am Kundentelefon. Wenn ein Sinn ausfällt, führt das aber auch dazu, dass sich die anderen schärfen. Bei mir ist das der Sehsinn: Ich nehme häufig Details wahr, die andere übersehen, und lese schneller. Grafisches Arbeiten, sich schnell irgendwo reinfuchsen, thematische Rollenspiele wie Usability oder Marketing liegen mir deshalb einfach.

    Mein Leben verschriftlicht sozusagen. Ich bin ein Early-Adopter des Internet und betrachte es mittlerweile als meinen natürlichen Lebensraum, kenne all die Moden und unausgesprochenen Standards, habe ein Gefühl dafür, wann Unternehmenskommunikation im Web echt und wann aufgesetzt wirkt – gerade auch im Social Web. Online-Marketing kann ich schon deshalb, weil ich es unbeabsichtigt und von Natur aus in eigener Sache betreibe.

    Bleibt die Offline-Welt: Auch hier bin ich wirklich kommunikativ, muss aber die Störfaktoren Telefon und laute Umgebung ausschalten. Das normale Teamwork im Büro funktioniert immerhin so gut, dass einige gar nicht merken, dass ich schlecht höre.

    Aber mein Handicap hat mich noch auf andere Weise beeinflusst: Ich lebe in verschiedenen Welten zugleich: im Internet, in der Stille, aber auch in der ganz normalen, bisweilen ziemlich lauten Welt. Da hinterlassen ein und dieselben Dinge ganz verschiedene Eindrücke, je nachdem, in welcher Welt ich mich gerade befinde. Ich bin quasi gezwungen, vieles aus ganz verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Man sieht nicht nur über den einen Tellerrand, sondern erlebt mehrere sich überlappende Tellerränder. Ich behaupte: Gerade weil ich schlecht höre, kann ich sehr gut zuhören.

    Auf der letzten Cebit machte mir ein Freund – Projektleiter in einer IT-Firma – am Ende einer Diskussion ein sehr schönes Kompliment: Er meinte, ich könne gut moderieren und verschiedene Standpunkte auf einen Nenner bringen. Das mache ich in Gesprächen sehr häufig und oft unbewusst. Seitdem frage ich mich, warum ich mich eigentlich auf ausführende Tätigkeiten beschränken sollte und nicht auch die Teamleitung übernehmen könnte.

  • SPIEGEL vs. SPON: Das doppelte Spiel

    Heute erschien im „Spiegel“ (ganz altmodisch aus Papier) eine Titelstory, die sich mit dem Internet auseinander setzt. Das klingt dann ungefähr so:

    Während an der Oberfläche des digitalen Reichs tausend bunte Blumen blühen, …wuchert im Wurzelwerk darunter ein Pilzgeflecht aus Intrigen, Täuschungen und Terror.

    Das Netz … bedroht den Frieden der Welt. …

    Soziale und moralische Verwahrlosung erstickt … den Freiheitsgeist.

    …enthalten Pöbeleien, Vulgäres, das die Bürger … sich nicht einmal unter vier Augen sagen würden.

    In dieser Parallelwelt haben sich junge Leute … an Umgangsformen gewöhnt, die früher nur als Unterschichtenphänomen … besorgt beobachtet wurden.

    …Massenspeicher für alle Übel, die Menschen sich ausdenken, vom schlichten Schmutz bis zu den schlimmsten Auswüchsen der Phantasie.

    Der Spiegel, 10. August 2009

    Dies sind Kostproben aus nur einer von 11 Seiten. Manches wird in dem über weite Strecken wirren Artikel relativiert, aber bloß nicht zu sehr, und nicht ohne gleich auf die nächste Ungeheuerlichkeit zu sprechen zu kommen. In welcher Parallelwelt die Autoren dieses Artikels leben, weiß ich nicht so genau. Das Internet, in dem ich mich bewege, sieht anders aus. Natürlich gibt es viel Schmutz und Dreck, aber den gibt es auch ganz ohne Internet auf den Straßen. Einmal mehr wird die Legende verbreitet, das Internet sei ein „rechtsfreier Raum“, die längst widerlegt ist: „Verglichen mit dem Netz ist das Leben ein rechtsfreier Raum.

    Randphänomene werden aufgebauscht. Voruteile kultiviert. Die Autoren unterschlagen einfach, dass sich eine neue Kultur und Ethik im Netz entwickelt. Dass es sehr wohl in der Lage ist, sich immer neu und im kleinen selbst zu regulieren, auch wenn nicht unbedingt alle Werte des Offline-Lebens geteilt werden.

    Eigentlich will ich diesen geistigen Ausfluss hier gar nicht rezensieren, sondern auf einen weiteren Artikel aufmerksam machen: einen Artikel, der ebenfalls heute erschien, ebenfalls im „Spiegel“ allerdings bei „Spiegel Online“: „10 Thesen zum Web: Warum die Dummheit des Internets ein Segen ist.“ Da wird beschrieben, warum es gut ist, dass das Netz nicht auf die Inhalte schaut, die es transportiert. Dass nicht das Netz an irgend etwas schuldig ist, sondern nur die Anwender, die es missbrauchen. Warum es albern ist, beim Benutzen des Social Web von Exhibionismus zu sprechen. Warum der Jugendschutz nicht über alles andere gestellt werden kann. Warum Kulturpessimus nicht weiterhilft und so weiter, und so weiter und so weiter. Also in jeder Hinsicht das komplette Gegenteil.

    Der erste Artikel erschien ausschließlich im gedruckten Heft, aber nicht online. Der zweite Artikel erschien ausschließlich online, aber nicht im Heft. Auf dass die „Offliner“ ein weiteres mal ihre Vorurteile in krassester Weise bestätigt sehen dürfen.

    Da verstärkt sich ein Trend, der schon öfters zu beobachten war, z.B. als die „Zeit“ ein Streitgespräch zwischen Franziska Heine und Ursula von der Leyen online und offline in unterschiedlichen Fassungen veröffentlichte. Was die großen Verlage hier treiben, ist ein ekelhaftes Spiel. Anstatt für gegenseitiges Verständnis zu sorgen, anstatt zu informieren und damit die Grundlage für eine sachliche Debatte zu liefern, werden tiefe Gräben gerissen zwischen „Onlinern“ und Netzabstinenzlern. Hauptsache krass! Hauptsache Auflage!

    Eigentlich sollte mich das gerade beim „Spiegel“ nicht weiter wundern, weiß ich doch aus Erfahrung, wie sehr er Sachverhalte verdreht: Das bemerke ich immer wieder, wenn er über etwas schreibt, womit ich mich selbst gut auskenne. Und immer überkommt mich das gewisse Gruseln: Schreiben die über alle Themen so? Was habe ich da früher an Desinformation konsumiert? Aus diesem Grund lese ich den „Spiegel“ seit Jahren nicht mehr.

    Nein, eigentlich sollte es mich nicht überaschen. Aber dass sie auf derart infame Weise ein doppeltes Spiel treiben – das überrascht mich dann doch.

  • Zensursula will Internet-Sperren ausweiten (Update)

    Wie oft haben Ursula von der Leyen und ihre Befürworter eigentlich in den letzten Monaten wiederholt, dass es ihr bei den Internet-Filtern wirklich ausschließlich um dokumentierten Kindesmissbrauch und nichts anderes gehe. Wie zum Beispiel noch am 10. Juni im ZDF? Wie oft? Und dass alle, die sich Missbrauch und Ausweitung der Internet-Sperren befürchten, mehr oder weniger paranoid seien? Wie oft?

    Und was steht heute im Hamburger Abendblatt? „Nach der Sperrung kinderpornographischer Seiten will Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen gegen weitere rechtswidrige Inhalte im Internet vorgehen.

    Aber wie schon Adenauer wusste: Was interessiert schon ihr Geschwätz von gestern…

    Update:

    Ganz schnell ist die Ministerin zurückgerudert und hat über die Welt dementieren lassen, dass sie weitere Sperren plane. Ihre Äußerungen im Abendblatt stehen aber weiter im Raum. Wie Udo Vetter schreibt: Sie degradieren die Meinungsfreiheit zu Sondermüll.

  • Ich fühle mich diffamiert

    In diesem ganzen Kuddelmuddel, diesem Kulturkampf zwischen Netizens und Ausdruckern, taucht immer wieder der Kampfbegriff „Onlinesucht“ auf. Ich habe ihn mal auf der Wikipedia nachgeschlagen. Ich weiß nicht, welchen wissenschaftlichen Standards diese Definition von Sucht eigentlich genügt – ich weiß nur, dass ich mich dadurch diffamiert fühle.

    Ja, ich verbringe täglich viele Stunden mit dem Internet. Nach den gängigen Definitionen wäre ich wohl ein Schwerstabhängiger. Und ich leugne auch gar nicht, dass ich mich unwohl fühle, wenn ich längere Zeit meine Mail nicht überprüfen kann. Erlaube mir aber mal die Gegenfrage: Wie geht es Ihnen, wenn Ihr Telefon für – sagen wir – 2 Tage nicht geht? (Denken Sie bitte auch an früher zurück, als Sie noch kein Handy hatten.)

    Unter Sucht verstehe ich ein zwanghaftes Verhalten. Was ist aber daran zwanghaft, wenn ich mir den Weg in die Bibliothek spare und online für meine Diplomarbeit recherchiere? Was ist zwanghaft daran, den Fahrplan des HVV im Netz aufzurufen, statt umständlich in einem dicken Papierwälzer herumzublättern, der ständig veraltet? Oder einen Online-Stadtplan anstelle eines Faltmonsters aus Papier zu benutzen?

    „Im Internet sein“ ist nicht diese eine Sache, von der man abhängig sein könnte. Sie setzt sich aus vielen verschiedenen einzelnen Tätigkeiten zusammen. Arbeit, Freizeit, Alltagsdinge, Freundschaften… Wonach man vielleicht süchtig werden kann, sind bestimmte Dinge im Internet. Zum Beispiel Multiplayer-Spiele oder Online-Poker um echtes Geld vielleicht. Dinge, die es auch schon vor dem Internet gab. Aus der Tatsache, dass jemand viel und lange im Netz unterwegs ist, lässt sich gar nichts schließen, solange man nicht auf darauf schaut, was er eigentlich da macht.

    Besonders schwer wiegt aber die Frage: Was sind soziale Kontakte im Netz wirklich wert? Menschen, die keine Ahnung vom Netz haben, nennen es gerne „virtuell“. Aber das Netz ist keine Scheinwelt. Normalerweise fährt der nächste ICE nach Berlin tatsächlich um 14.53 und nicht bloß „virtuell“, nur weil ich auf bahn.de nachsehe, statt den Fahrplan im Bahnhof zu studieren.

    Alle Menschen da draußen, mit denen ich kommuniziere, sind echt. Die Kommunikation ist echt. Genauso wie die langsam auf diese Weise entstehenden Freundschaften echt sind. Oder meine Arbeitsergebnisse echt sind. Oder die Pizza echt ist, die mir der Bringdienst auf meine Internet-Bestellung hin liefert.

    Manche sagen, ihnen würde es fehlen, von Angesicht zu Angesicht miteinander zu reden. Ich halte das für eine kulturelle Frage. Schon das Telefon schafft eine technische Distanz, die wir emotional mühelos überbrücken. Tatsächlich führt Gruppenbildung im Internet fast immer dazu, dass die Mitglieder der Gruppe sich auch mal real treffen wollen. Gamer verabreden sich zu LAN-Partys. Twitterer veranstalten Tweetups. Xing-Gruppen treffen sich zu Visitenkartenpartys. Und Hamburger Blogger monatlich zum Störteblogger.

    Eines aber schenkt mir das Internet, das mir das Offline-Leben nicht ersetzen kann. Da ich nunmal schlecht höre und sich das besonders in lauter Umgebung und Stimmengewirr bemerkbar macht, brauche ich viel länger, um Bekanntschaften und Freundschaften zu schließen. Gehe ich zum Tweetup, Piratentreffen oder Störteblogger, wo ich viele immer schon aus dem Netz kenne, bin ich sofort mittendrin. Und wenn ich dann mal irgendwas nicht richtig mitbekomme, ist das kein Drama. Wir klären das einfach später per Mail.

    Ich halte das Internet für die größte technische Errungenschaft der Menschheit seit sehr langer Zeit. Es hat ein gewaltiges Potential, was Wissen, Kommunikation, Kultur, Politik, und, und, und betrifft. Das Internet ist keine Sucht und keine Tätigkeit, es ist Teil (nicht nur) meiner Welt. Mein Lebensraum. Und ich werde sehr leicht bösartig, wenn Internet-Ignoranten versuchen, dilletantisch in diesen Lebensraum einzugreifen.

  • Linkverbot

    Beim Lesen eines Artikels über Gabriele Paulis „Freie Union“ im Kölner Stadtanzeiger musste ich sehr an mich halten, nicht den Kaffee über den Schreibtisch zu prusten:

    In Celle kursierte auch noch eine andere Variante für den Fall, dass es nichts werden solle mit all den hochfliegenden Plänen. „Dann könnten die Piraten Pauli ins Boot holen. Die Piratenpartei ist eine Männerpartei, und die Gabi, nun Sie wissen schon. Da könnte was gehen.“

    Wie bitte? Ausgerechnet die Pauli bei uns? Sowas kann nur jemand raunen, der absolut, aber auch wirklich gar keine Ahnung von den Inhalten und Zielen der Piratenpartei hat. Um zu zeigen, dass Frau Pauli vollkomen inkompatibel ist, muss man im Parteiprogramm der Freien Union gar nicht nach konkreten Aussagen stochern wie nach Fleischfasern in der Fastensuppe. Es genügt, das Impressum auf www.gabriele-pauli.de aufzurufen. Dort verbietet sie mir und der gesamten zivilisierten Welt, ihre Website zu verlinken. Bis zur Stunde heißt es (ich traue mich ja kaum, es wörtlich zu zitieren), dass alle Inhalte Eigentum der Firma Dr. Gabriele M. Pauli (DGMP) und des Dr. Pauli-Teams International (DPTI) seien. Neben Kopieren, Vervielfältigung, Nutzung auf anderen Webseiten sei auch die Verlinkung ausdrücklich untersagt.

    Deutlicher kann niemand zeigen, wie wenig er das Internet verstanden hat – und nebenbei auch, was von der „Freiheitlichkeit“ zu halten ist, mit der die „Freie Union“ wirbt. Eigentliche wäre die ganze Chose die Aufmerksamkeit nicht wert, wenn da nicht die Frage bliebe: Darf sie das eigentlich, so ganz grundsätzlich das Verlinken zu verbieten?

    Als erster beantwortete freundlicherweise Tobias Bier, Fachanwalt in der Kanzlei Kähler Kollegen, Hamburg, meine Anfrage. Und zwar mit einem ganz klaren nein – sie kann es nicht verbieten. Als Beleg sandte er mir noch eine Zusammenschau der Rechtsprechung in dieser Frage, von der ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich sie an dieser Stelle veröffentlichen darf. (Das liebe Urheberrecht…)

    Später am Abend meldete sich dann auch noch Peter Schmitz von der c’t-Redaktion:

    Nein, das kann man nicht wirksam verbieten. Man kann ein solches „Verbot“ zwar auf eine Webseite schreiben in der Hoffnung, dass sich möglichst viele Leute davon beeindrucken lassen, aber es gibt keine rechtliche Handhabe, dies durchzusetzen.

    Das Verlinken von Web-Angeboten wird in der Rechtsprechung vom Grundsatz her als ein Wesenszug des World Wide Web angesehen, der nicht der Erlaubnis des Urhebers der verlinkten Inhalte bedarf. Es gibt jedoch Spezialfälle, in denen eine bestimmte Art von Verlinkung Rechte des Inhabers der verlinkten Seite verletzt. So ist bereits anerkannt worden, dass es eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Web-Autors darstellen kann, wenn auf seine Inhalte von Seiten aus verlinkt wird, die rechtsextremen Zielen dienen. In einem solchen Fall kann eine Verlinkung geeignet sein, den Ruf des Autors zu beeinträchtigen. In bestimmte Urheberrechte kann auch das unerlaubte „Deep-Linking“ eingreifen, wenn dieses gezielt eine vom Autor geschaffene Struktur zur Leserführung umgeht und die betreffenden Inhalte dadurch ihres Zusammenhangs entkleidet. Wenn es gezielt dazu eingesetzt wird, um etwa Werbezugriffe abzufangen, kann es auch als unlauteres Wettbewerbshandeln aufgefasst werden. In einem ähnlichen Zusammenhang steht das umstrittene „Framing“, das zumindest dann als Wettbewerbsverletzung gelten kann, wenn sich derjenige, der fremde Inhalte so geschickt auf seiner Seite einbaut, dass sie wie eigene wirken könnten, gewissermaßen mit fremden Federn schmückt.

    Dem ist wohl nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht einen Link zur Pauli. ;)

    P.S. Ein wörtlich identischer Disclaimer steht im Impressum der Website der „Freien Union“. Interessant, dass deren Inhalte also offenbar den oben genannten Firmen der Frau Pauli gehören – und nicht der Partei selbst.