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- Kristian Köhntopp konstruiert ein Grundrecht auf Netzneutralität und entkernt damit den Pudel
- Autocompleted: Ein sehr schönes Blog von @jovelstefan darüber, was Google an abstrusen Autovervollständigungen liefert. Immerhin wurden die ja alle mal von Nutzern eingegeben…
- Michael Seemann mspro Michael Seemann über das Verschwinden der Identität
- Mahas Blog legt sehr schlüssig dar, warum die Piratenpartei anfällig für (Rechts-)Populismus ist
- TwitterVenn ist ein nettes Tool um die Häufigkeit von Stichwörtern auf Twitter zu vergleichen
- Bohemian Muppetsody:
Blog
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Links der Woche
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Käßmann ist kein blauer Engel
Das war mal eine Schlagzeile heute: Käßmann fährt mit 1,5 Promille über ne rote Ampel. Die Käßmann. Bischhöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands. Auch wenn es seit langem Pastorinnen gibt und die evangelische Kirche liberal sein will: Die Frau ist ein Novum. Dass eine geschiedene Frau Ratsvorsitzende sein kann, ist ein wundervolles Statement, dass eine Religionsgemeinschaft in der Mitte der Gesellschaft und auf der Höhe der Zeit sein kann.
Man sieht an ihren Äußerungen, dass die Frau im höchsten Maße zerknirscht ist. Käßmann ist keine Heilige, war sie nicht, und wird sie nie sein. Also behandelt sie bitte nicht wie den Papst sondern wie jeden anderen Menschen auch: Wer nicht gerade Fernfahrer ist, zahlt üblicherweise eine saftige Strafe, bekommt Punkte in Flensburg, muss eventuell zum Idiotentest und verliert seinen Lappen – aber nicht seinen Job!
Spiritualität kann so wenig genormt und vorausgesetzt werden wie Musikalität, weshalb ich eine starke Abneigung gegen jede Form organisierter Religion habe. Hätte ich sie nicht, würde gerade dieser Lapsus, der ausgerechnet einer hohen Kirchenfrau unterläuft, mir die Kirche besonders sympathisch machen. Tatsächlich war mein erster Gedanke:
Jedenfalls ist mir diese Art der Allzu-Menschlichkeit 1000 mal lieber als die dutzenden Fälle sexuellen Missbrauchs in katholischen Kinderheimen und Internaten und man sollte in der Angelegenheit Käßmann einfach mal das Minarett in der Schweiz lassen. Amen.
Update: Nun ist sie doch zurückgetreten.
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Mitleid mit der FDP (Update)
Es vergeht kein Tag, an dem Spiegel Online nicht auf Westerwelle und die FDP eindrischt. Man kann sich geradezu vorstellen, welchen Spaß die Redakteure in ihren Büros gerade haben müssen. Ich selber habe das ja auch mit Genuss getan und finde Westerwelles Äußerungen zu Hartz IV unterirdisch. In der Debatte hat er sich vollkommen verrannt – und das nicht erst, seit er Arbeitslose Schnee schippen lassen will, also ob die etwas damit zu tun hätten, dass Hausbesitzer ihrer Pflicht zum Räumen nicht nachkamen.
Im Grunde muss einem die FDP schon ein wenig leid tun. Nehmen wir die Umsatzsteuersenkung für Hoteliers: Ich konnte es nicht glauben, aber sie wurde in den letzten Monaten auch von der CDU, der SPD, den Grünen und der Linkspartei gefordert. Kann natürlich sein, dass die anderen Parteien auch alle gemövenpickt worden sind, aber trotzdem rief das so genannte „Wachstumsbeschleunigungsgestz“ allgemeines Kopfschütteln hervor, noch bevor die Spende überhaupt bekannt wurde.
Die FDP steckt in einem Dileamma:
- Rot-Grün und Schwarz-Rot haben kaum etwas übrig gelassen, das man privatisieren kann
- Der Spitzensteuersatz ist schon von den vorherigen Regierungen drastisch gesenkt worden
- Basteleien am Steuerrecht sind angesichts der Folgen der Finanzkrise gerade kein Thema
- Für die Kopfpauschale in der Krankenversicherung müsste der Spitzensteuersatz auf 73% angehoben werden
- Mit ihrer Forderung nach „weniger Staat“ steht sie einer weitgehend staatsgläubigen, tendenziell autoritären CDU gegenüber
- Mit der CSU sitzt eine Quasi-SPD mit in der Koalition und gibt Kontra in der Sozialpolitik
- In der Familienpoltik hat Ursula von der Leyen einen guten Teil von FDP-Forderungen bereits umgesetzt.
Sicher, in ihrer Umsetzung entsprechen all diese Punkte nicht exakt den Forderungen der so genannten Liberalen, aber hätte die letzten Jahre Schwarz-Gelb regiert, man würde sich fragen, was denn heute anders wäre. Vieles, wogegen die FDP jetzt poltert, hätte sie uns in Koalitionsverhandlungen als Erfolg verkauft. In all diesen Politikfeldern hat die FDP kaum gestalterischen Spielfraum. Gab es so etwas wie ein neoliberales Projekt – es wurde schon von Schröder und Merkel umgesetzt.
Die FDP hat jetzt durchaus Chancen, sich in anderen Bereichen zu profilieren: Westerwelle hat als Außenminister den Posten, in dem ein fähiger Minister die besten Aussichten hat, sich langfristig zu profilieren und hohe Beliebtheitswerte einzufahren. Davon ist leider bisher nicht viel zu sehen, es erfordert allerdings auch einen Diplomaten.
Bleiben da noch die Bürgerrechte. Netzsperren nicht mittragen zu wollen, war nach der Bundestagswahl ja offensichtlich Dünnbrettbohrerei. An der Vorratsdatenspeicherung arbeiten sich FDPler weiterhin auf juristischem Wege ab, statt nun, wo sie an der Macht sitzen, etwas zu bewegen. Die FDP hätte anscheinend kaum Widerstand gegen das SWIFT-Abkommen geleistet, wenn es nicht auf anderem Wege zu Fall gebracht worden wäre. Die Gesundheitskarte wird einmal mehr verschoben, aber nicht abgelehnt. Zu Elena, dem neuen Jungendmedienschutzgesetz und Nacktscanner hört man von der FDP gar nichts. Oder auch nicht von den bürgerrechtlichen Einschränkungen, mit denen viele Hartz-IV-Empfänger leben müssen. Anstatt hier mal konsequent liberal zu sein, drischt Westerwelle lieber dämagogisch auf die schwächsten in der Gesellschaft ein. Anstatt intelligente Politik zu machen, wird der Stammtisch bedient. Sollte in der Partei auch etwas anderes laufen: Sichtbar ist es nicht. Man könnte fast Mitleid mit der FDP bekommen.
Update:
Interessanter Link: „Der wahre Geist der FDP“ Auch wenn das wohl nur ein Trollpost ist, freue ich mich auf die nötigen Dementis…
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Wir wählen, was vor 10 Jahren Zeitgeist war
Wenn ich über die Politik und die Ergebnisse der Bundestagswahlen der letzten Jahrzehnte nachdenke, fällt mir ein interessantes Phänomen auf: Wir wählen um 10 Jahre zeitversetzt.
Nehmen wir beispielsweise die Friedens- und Anti-Atomkraftbewegung, die 1979 in die Gründung der Grünen gipfelte, aber auch in die so genannte „geistig moralische Wende“ des Jahres 1982. Zehn Jahre später, 1988 war es Zeitgeist und Common Sense, Kohl & Co vollkommen abzulehnen. Die Medien waren sich darüber einig, dass er abgewirtschaftet hatte und nur die deutsche Vereinigung der CDU 1990 noch einmal extremen Auftrieb gab. Sonst hätten wir 1990 wohl schon ein rot-grüne Regierung bekommen, was sich freilich nicht beweisen lässt.
Erst 1998 war es dann soweit: Schröder wurde Kanzler; das allerdings zu einem Zeitpunkt, als junge Menschen sich gegen ihre 68er-Eltern absetzten und konservativer wurden. Was ein paar Jahre zuvor undenkbar war – als Abiturient offen die CDU toll finden, ohne dabei ein pickeliger Stahlbrillengestell-Außenseiter zu sein, wurde irgendwann um das Jahr 2000 herum Normalität. Umgekehrt: Linke galten als verstaubt. Wir wissen aber alle, dass Stoiber die Wahl 2002 nicht gewann und es Rot-Grün war, die eine neoliberale Politik machte.
2009 dann endlich vollzog sich dieser Wechsel. Die schwarz-gelb Regierung steht nun da und kann gar nicht die Politik machen, für die sie steht, weil der Haushalt keine Spielräume zulässt, weil der Spitzensteuersatz längst gesunken ist, Hartz IV eingeführt und öffentliche Einrichtungen exzessiv privatisiert wurden. Also wird herumlaviert, bis vielleicht eine Regierung in 10 Jahren die Themen aufnimmt, die heute auf der Straße liegen: Bildung, Automatisierung und Rationalisierung auch intellektueller Tätigkeiten, Neudefinition von Arbeit, bedingungsloses Grundeinkommen, Bürgerrechte, staatliche und private Überwachung, Datenschutz und überhaupt alle Verwerfungen, die das Internet mit sich brachte. Zusammengefasst: die neue soziale Frage.
Natürlich ist das nur eine vage Beobachtung, für deren Untersuchung wohl eine Dissertation nötig wäre. Aber zwei Dinge interessieren mich dann gerade doch: Korreliert das dieser Intervall irgendwie mit der Verbreitungsgeschwindigkeit von Memen (speziell bei abgeschaltetem Internet-Turbo) und: Wo die Piraten 2020 wohl stehen werden?
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Zensursula 2.0 oder: Kopfschütteln über Köhler
Bundespräsident Köhler hat unterschrieben: Das „Zugangserschwerungsgesetz“, untrennbar verknüpft mit „Zensursula“ von der Leyen. (Die meisten meiner Leser können zum Ende dieses Absatzes springen.) Das Gesetz will Kinderpornographie im Web bekämpfen, indem es Zensurmechanismen errichtet, die brandgefährlich für Demokratie und Meinungsfreiheit sind und leider gar nichts gegen Kinderpornographie ausrichten. Das Gesetz kam unter dubiosen Umständen zu Stande: Nach der 1. Lesung im Bundestag wurde es schnell noch geändert und dann in 2. und 3. Lesung zugleich durchgewunken, obwohl eine neue erste Lesung hätte stattfinden müssen. Dann wurde es nicht rechtzeitig an die EU gegeben, weil verschiedenerlei Bedenken bestanden. Und schließlich möchte die neue Regierung das Gesetz, so es denn in Kraft tritt, einfach nicht mehr anwenden. Unter politischen und staatsrechtlichen Aspekten hätte Köhler ohne Probleme seine Unterschrift verweigern können und darauf verweisen können, doch bitte erst das Kuddelmuddel zu klären, völlig unabhängig vom Inhalt des Gesetzestextes. Hat er aber nicht. Warum?
Das wird jetzt ein wenig abstrus, aber ich träume mal laut: Zensursula war verantwortlich für die erfolgreichste Petition seit Bestehen der Bundesrepublik. Es hat der Piratenpartei und etlichen Initativen einen enormen Aufwind beschert. Zahllose unpolitische Menschen fingen plötzlich wieder an, sich politisch zu engagieren. Dann kam die Bundestagswahl, die Regierung schwenkte auf „Löschen statt Sperren“ – die Kernforderung von AK Zensur über Mogis bis Piratenpartei – und wollte ein neues „Löschgesetz“. Trotz vieler bürgerrechtlicher Brandherde wie z.B. der immer noch auf Verhandlung wartenden Vorratsdatenspeicherung, dem SWIFT-Abkommen, der Gesundheitskarte, ELENA, Nacktscanner, Kindernet, ACTA usw. schlaffte die Bewegung ab. Das Gefühl des „Sommers 2009“ war irgendwie futsch. Nun hat Köhlers Unterschrift alle wieder alarmiert. Die Piraten demonstrieren vor dem Präsidialamt. Verschiedene Gruppen hecken Proteste alle Art aus oder wollen Verfassungsbeschwerde einlegen. Twitter und die Blogosphäre brodeln. We’re back. Konnte Köhler der Bewegung einen besseren Gefallen tun?
Leider bleibt es wohl beim abstrusen Traum. Denn das BKA pflegt ja weiterhin Zensur-Listen aufgrund der Verträge, die es im Frühjahr 2009 mit einigen Providern getroffen hat. Das wäre ohne gesetzliche Grundlage illegal. Und ich fürchte, genau deshalb musste Köhler unterschreiben. Jetzt kommt Zensursula 2.0. Mein Traum wäre mir lieber.
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Links der Woche
- ARD- Magazin Plusminus über den Wert der Arbeit
- Google Buzz aus der Sicht einer Frau mit gewalttätigem Ex-Mann
- Die Absurdität der Homo-Ehe wird durch ein kleines Experiment entlarvt. (Das heißt nicht, dass sie nicht heiraten dürfen solle, aber wenn dann bitte ganz, oder gar nicht.)
- Das seltsamste Blog der letzten Zeit dreht sich um Tom Selleck, Wasserfälle und Sandwiches
- Der ZEIT-Artikel „Karriere mit Behinderung“ zeigt, dass eine Behinderung nicht an allem hindern muss.
- Und nochmal die ZEIT: Die Geschichte eines Identiätsdiebstahls
- Nicht mehr ganz neu, aber trotzdem gut: Das schweizer Offiziersmesser und die Kommentare bei Amazon
- Die Gruppe F.A.T. hatte das in Berlin rumkurvende Streetview-Auto mit einem GPS-Sender versehen. Dadurch kann man dessen Weg durch die Stadt auf Google Maps verfolgen. Was natürlich gleich wieder zu schönen Protestaktionen anregte – für Google die Hosen runterlassen. Am hieß es dann aber leider: Alles nur ein Fake.
Google Street Car In Berlin from Evan Roth on Vimeo.
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Aaron und der Iran (Update)
Stefan „Aaron“ König fordert in seinem Blog „Politicool“ die Bombardierung des Iran, um die dortigen Atomanlagen auszuschalten. Dafür bekommt er gerade einmal mehr ziemlich viel Ärger innerhalb der Piratenpartei. Doch auch die Beschimpfungen, denen er ausgesetzt ist, sind mir oft zu platt. Es ist wert, sich die Lage einmal etwas genauer anzusehen.
Konstitutionell gibt es außer der Türkei keinen Staat nur sehr wenige Staaten im muslimischen Raum, der unserem Verständnis von Demokratie näher kommen, als der Iran. Es handelt sich nicht um eine Diktatur, sondern eine Theokratie, in der der Wächterrat und die Ayatollahs eine ähnliche Rolle einnehmen wie der König in einer konstitutionellen Monarchie. Persien ist eine uralte Kulturnation mit regional beispielloser Bildungs- und Alphabetisierungsrate. Der Iran hat seit vielen Jahrzehnten keinen Krieg geführt, wurde aber im 1. und im 2. Weltkrieg von britischen und russischen Truppen besetzt und im 1. Golfkrieg vom Irak angegriffen. Umgeben von den Atommächten Israel, Russland, Pakistan, China und Indien (sowie dem Nato-Mitglied Türkei und den US-Truppen im Irak) ist es alles andere als verwunderlich, dass der Iran versucht, an Nukleartechnologie zu gelangen. Die Anreicherung von Uran auf 20% widerspricht nicht dem Atomwaffensperrvertrag und reicht auch nicht für militärische Zwecke, wofür das Uran auf über 90% angereichert werden müsste. Es gibt eine Resolution der UNO gegen den Iran, die Sanktionen gegen das Land vorsieht, aber gleichzeitig einen Passus enthält, der militärische Maßnahmen gegen den Iran verbietet. Rein rechtlich sollte eine UNO-Resolution für deutsche Politiker bindend sein.
Von 1979 bis 2009 sind Wahlen und Machtübergaben im Iran friedlich verlaufen. Im Sommer 2009 kam es zu Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen. Es gab Indizien für Wahlfälschung, worauf Demonstrationen, Aufstände, staatlicher Terror gegen die Opposition, Unterbindung der Meinungsfreiheit und anderer Grundrechte, Zensur des Internet usw. folgten. Das ganze muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Menschenrechte in der iranischen Rechtsordnung fundamental missachtet werden, und zwar nicht nur nach westlichen Maßstäben sondern auf teilweise barbarische und mittelalterliche Art und Weise – man denke nur an Steinigungen von „Ehebrecherinnen“. Die iranische Führung steht deshalb der eigenen Bevölkerung gegenüber unter erheblichem Druck. Der Aufbau eines äußeren Feindbildes bis hin zum Krieg ist ein klassisches Mittel, um die Bevölkerung wieder hinter die Führung zu bringen. Ahmadinedschad war schon aus seiner Zeit als Bürgermeister Teherans als radikaler Fundamentalist und Antisemit bekannt. Er kokettiert mit Holocaust-Leugnern. Juden werden im Iran diskriminiert, allerdings auch Christen und nicht schiitische Moslems. Ahmadinedschad ist unberechenbar in der Frage, ob er nur pokert oder wirklich tun würde, was er sagt, wenn er Israel „aus der Geschichte tilgen“ möchte. Dass Israel sich in dieser Lage bedroht fühlt, ist wahrlich kein Wunder. Die Israelis üben seit 2007 Luftschläge auf iranische Atomanlagen. Niemand kann sagen, warum noch keine durchgeführt wurden und sie können täglich passieren. Besonders gefährlich an der Situation ist, dass anscheinend einige iranische Nuklearanlagen dermaßen gut gegen Bombardements abgesichert sind, dass man Atomwaffen einsetzen müsste, um sie zu vernichten. Sollte das stimmen, impliziert die Forderung nach einem Militärschlag gegen den Iran einen Atomschlag. Verzichtet man auf diesen, riskiert man einen Krieg mit allen folgen, ohne das Ziel des Angriffes zu erreichen.
Ich widerspreche denjenigen, die die Situation mit 2003 vergleichen, als die so genannte „Koalition der Willigen“ Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen andichtete. Niemand behauptet, der Iran habe Atomwaffen und im Gegensatz zum Irak 2003 gibt der Iran offen zu, ein Atomprogramm zu besitzen und dieses ungeachtet von UNO-Sanktionen fortsetzen zu wollen, wenn auch angeblich zu zivilen Zwecken. Während der Iran wahrscheinlich keine biologischen Kampfstoffe hat, so scheint er doch über chemische Waffen aus den 70er Jahren zu verfügen. Das ist eine völlig andere Lage.
Die einzige Antwort in dieser äußerst komplexen Situation kann nur eine Entspannungspolitik sein, die beide Seiten ernst nimmt. So lange Ahmadinedschad regiert, muss unter allen Umständen versucht werden zu verhindern, dass der Iran an Atomwaffen gelangt. Gleichzeit muss ein Krieg gegen den Iran vermieden werden, egal ob von Israel ausgehend oder irgendwelchen Allierten. Ein solcher Krieg würde nicht nur die Iraner sondern die ganze muslimische Welt hinter Ahmadinedschad einigen und weitere Kriege, bewaffnete Konflikte sowie Terroranschläge auf der ganzen Welt nach sich ziehen. Nach meinem Verständnis der Werte der Piratenpartei kann unsere einzige Forderung sein, dass man vollkommen ideologiefrei und unabhängig von bestehenden Sympathien beide Seiten dazu bringen muss, still zu halten und zwar auf Grundlage des internationalen Rechts.
Zum Schluss ein paar Anmerkungen zum Blogpost von Stefan „Aaron“ König. Dass er laut denkt und im Konjunktiv formuliert, ein Militärschlag gegen den Iran könne „einen weit größeren Schaden vermeiden“, fällt ganz bestimmt nicht unter den §80a des StGB sondern wohl eher unter Meinungsfreiheit. Auch wende ich mich gegen alle, die in Sympathien zu Isreal etwas verwerfliches sehen. Mich stört eher seine Wortwahl. Zum Beispiel redet er abwertend von „Appeasement-Politikern“ und zieht dabei bewusst oder unbewusst eine Parallele zur Münchner Konferenz von 1938 und diffamiert so den Versuch, sich politisch für eine Entspannung in der Region einzusetzen. Aussagen wie, dass „die Zeit für Verhandlungen und Kompromisse vorbei“ sei und „dass wir uns von ihnen nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen“ entlarven ein mindestens unsachliches Denken und erinnert mich ein wenig an das Säbelgerassel eines Wilhelm Zwo. Wird Zeit, dass der Stammtisch-Demagoge an selbigen zurückkehrt.
Update 21.02.
Bei der letzten Vorstandssitzung wurde Aaron zwar kein Maulkorb verpasst, aber er verzichtete darauf, weiterhin für die Partei zu sprechen. Das fand ich etwas mau, aber hinnehmbar – bis heute ein Artikel in der taz erschien samt ergänzendem Blogpost in Aarons Blog. Dort hält er an seiner Forderung fest und tut Appeasement-Poltik als „nett gemeint“ ab. (Gedanken hierzu von Frau Forschungstorte)
Damit ist die Schwelle endgültig überschritten, denn der taz-Artikel war als „Streit der Woche“ angelegt, bei dem auch Vertreter verschiedener Parteien zu Wort kommen sollten. Für den Außenstehenden muss sich der Eindruck einstellen, dass die Piratenpartei für einen Militärschlag gegen den Iran stehe, was absoluter Blödsinn ist.
Das Protokoll der letzten Sitzung des Bundesvorstandes lässt offen, ob Aaron das Interview der taz da schon gegeben und verschwiegen hatte, oder ob es erst danach stattfand. Beides ist einfach nur dreist. Das Interview mit der taz fand nach dieser Vorstandssitzung statt, was einfach nur noch dreist ist. Mittlerweile fordern viele Piraten einen Parteiausschluss. Parteischädigendes Verhalten liegt wohl vor, dennoch tue mich mich aus Gründen der Meinungsfreiheit schwer damit. Nur im Bundesvorstand hat er endgültig nichts verloren. Es kann einfach nicht sein, dass die Parteidiskussion dauernd nur daraus besteht, dass Aaron etwas sagt, und alle sich drüber aufregen. Ihm gegenüber hat eine „Appeasement-Politik“ langsam keinen Sinn mehr.
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Links der Woche
- Mspro nochmal zu Google vs. China
- Die „Initiative Nachrichtenaufklärung“ gibt jedes Jahr eine Liste derjenigen durchaus relevanten Themen heraus, die in den Medien und in der Berichterstattung nicht oder kaum vorkamen
- Facebook hat mit HipHop for PHP eine Technik veröffentlicht, mit der sich PHP-Code um 50% beschleunigen lässt.
- Besonders interessant aber: Was Facebook alles über Nicht-Mitglieder weiß
Es folgt ein Aufruf des österreichischen Heeres:
https://www.youtube.com/watch?v=KJV6ziVZYDk
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10 doch eher angelaufene goldene Twitterregeln
Update: OK, OK, mein Ironie-Dektektor war kaputt, alles Satire und ich knietief im Fettnäpfchen. Post löschen ist natürlich nicht…
Nico Lumma hat in seinem Blog 10 goldene Twitterregeln aufgestellt, die beim Lesen dann doch an einigen Stellen irritierten. Teilweise liegt es daran, dass Nico wohl den Einsatz von Twitter in der Unternehmenskommunikation (und zwar nach außen) meint, er redet ja auch von Kommunikationsmix. Trotzdem ist manches fraglich:
- Twitter ist kein Chat. Das stimmt natürlich. Nervtötendes Hin- und Hergechatte gerade auch bei vierstelligen Followerzahlen ist eine Zumutung für die Leser. Trotzdem zu kurz gedacht, denn manchmal sind die Chats durchaus vergleichbar mit Micro-Podiumsdiskussionen. Manchmal besteht der Witz eines Tweets auch nicht in seiner Eigenständigkeit, sondern darin, dass er auf Dialogen aufbaut. Ein guter Twitter-Client zeigt Reply-Ketten an.
- Die Wahl der Sprache: Ich hatte eine Zeitlang ein paar mehr US-Follower, als ich noch viel Katzencontent brachte. Ihnen zuliebe hatte ich teilweise auf Englisch getwittert. Mir ist aufgefallen, dass viele deutschsprachige Follower das eher irritierend fanden. Die Wahl der Sprache ist alleine meine Entscheidung. Ein einzelner ausländischer Follower, der sich in meinen Account verirrt hat, ist ganz sicherlich kein Grund, die Sprache umzustellen. Vielmehr sollte ich überlegen, ob ich auch ein internationales Publikum adressieren will und wenn ja, ob ich nicht mehrere Accounts in verschiedenen Sprachen verwende.
- Die Relevanz der Followerzahlen ist schlicht keine. Es gibt genügend Spamfollower mit fünfstelligen Followerzahlen, die vollkommen irrelevant sind. Interessanter ist da schon das Verhältnis Follower zu Followees. Man darf nicht vergessen: Twitter ist klein, klein, klein. 2000, 5000 oder 10.0000 Follower, von denen die meisten nur einen Bruchteil meiner Tweets wahrnehmen, sind im Marketing-Mix eines Unternehmens eine verschwindend geringe Zahl. Twittern zielt nicht auf die Masse sondern auf Multiplikatoren. Qualität geht eindeutig vor Quantität.
Den übrigen Regeln stimme ich weitgehend zu, obwohl ich hier und da noch meine Anmerkungen zu machen hätte. Aber eine ganz fundamentale Kritik: Wofür will ich Twitter überhaupt einsetzen? Privat? Selbstmarketing? Unternehmens-PR? Dialogisch? Verlautbarungsmedium? Geschlossener kleiner Nutzerkreis (privat oder im Büro)? Jede dieser Gruppen wird Twitter vollkommen anders verwenden.
Wesentlich sinnvoller finde ich dann doch die altbekannten sieben goldenen Twitterregeln.