Kategorie: Blog

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  • 2014 wird das Jahr der Cyborgs

    2013 haben allerlei Cyborgs von sich Reden gemacht: Menschen, die aus verschiedenen Gründen Technik in ihren Körper implantieren. Plötzlich wird vielen bewusst: Cyborgs gibt es längst und sie haben nichts mit Filmen à la Terminator zu tun. Wird 2014 das Jahr der Cyborgs?

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  • Links der Woche

    • Eine Weihnachtsgeschichte:

      „Nach weniger als einer Sekunde ist der Spuk vorbei und es herrscht innerhalb dessen, was vom Gebäude noch übrig sein mag (wenn es ein großes Gebäude war), wunderbar weihnachtlicher Frieden.“

    • HH2112:

      „Leider habe ich auch einen Fehler gemacht. Ich nannte Herrn Werminghaus als Reaktion “Arschloch”. Davon möchte ich mich distanzieren und sagen…“ <3

    • That’s what democracy looks like?:

      „Wir standen zu Beginn der Demo gegen 15 Uhr an der Seite des ersten Demoblocks, weil wir uns dahinter einreihen wollten. Als die Demo losging, dauerte es keine fünf Minuten bis zur ersten Eskalation. Die Demo kam nur ca. 20 Meter weit, bis die Polizei diese gewaltsam stoppte. Nach meinem Kenntnisstand sowie den Videos dazu ohne für mich erkennbaren Grund. Zu dem Zeitpunkt flogen keine Gegenstände. Auch nicht von der Brücke.“

  • Präsingularität

    präsingualrität

    In welcher Epoche leben wir eigentlich? Wenn nicht „Postmoderne“ die Antwort ist, hätte ich da einen Vorschlag. Dazu muss ich zunächst sagen, warum nicht Postmoderne.

    Die Moderne wird allgemein mit dem Beginn der Aufklärung angesetzt. Sie ist gezeichnet von technologischem Fortschritt, Demokratie, Deklaration der Menschenrechte aber auch Totalitarismus, industrielle Kriege, Entfremdung des Menschen von sich selbst unter anderem durch Trennung der Sphären von Arbeit und Freizeit. Das Merkmal der Moderne ist die Utopie. Seit mit dem ausgehenden Mittelalter nichts mehr als gottgegeben angesehen wurde, haben wir Utopien entworfen. Jede einzelne kleine technische Erfindung, die das Leben erleichtert, war eine Mikro-Utopie, egal ob sie ihre Verwirklichung in sich trug oder nicht. Seit Humboldt und Marx entwerfen wir kaum noch neue Utopien mehr, sondern arbeiten an ihrer Verwirklichung. Zum Teil mit katastrophalen Folgen, wenn die Utopie zur Ideologie wird und ihr Durchsetzungsanspruch total.

    Das hat die Postmoderne aufgebrochen. Sie zeigte seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die inneren Lebenslügen unserer Utopien. Wer zum Fall der Mauer Thomas Morus las, fand darin eine recht detaillierte Vorwegnahme der DDR. All das galt es nun zu dekonstruieren. Kein Stein blieb auf dem anderen, aus einer Wahrheit wurden viele Wahrheiten. Wir sind in die Postdemokratie eingetreten und Fukuyama hat das Ende der Geschichte ausgerufen. Es war ein Gefühl, als ob wir der Historie live dabei zuschauen, wie sich sich in ein Nirvana auflöst.

    Diese Auflösungserscheinungen sehen wir immer noch und verstärkt. Wir sind also vielleicht noch in der Postmoderne. Wir sehen aber auch etwas anderes. Mit dem Internet erleben wir das Aufkommen einer sich rekonstruierenden Gesellschaft, die sich als vernetzt begreift. Debatten vergangener Zeiten leben im Netz wieder und wieder auf, scheinen aber nur Phasen zu sein, die mich an die evolutionären Phasen erinnern, die ein Embryo im Mutterleib durchmacht.

    Zugleich erleben wird die Verwirklichung einer ungedachten Utopie: Das Internet als vernetzte Kopiermaschine de- und rekonstruiert zahllose Fragestellungen. Egal ob es um Urheberrecht oder Postprivacy geht, um das Neu-Denken von Demokratie und die neue Definition des Freiheitsbegriffes. Nichts scheint mehr sicher, wir alle erleben bewusst oder unbewusst den Kontrollverlust. Es ist, als sei das vormalige Gefühl der Kontrolle eine Haut, die die Zivilisation gerade abstreift. Darunter wächst frische, rosige Haut nach.

    Plötzlich – und das ist der Unterschied zur Postmoderne – sind die Utopien wieder da. Wir verbringen die letzten Jahre in den Gefühl, dass zumindest technologisch Stück für Stück immer mehr von dem wahr wird, was früher nur als Science Fiction galt, und die Gesellschaft hinkt wacker hinterher. Politiker trauen sich beispielsweise plötzlich, das bedingungslose Grundeinkommen zu propagieren, ohne Angst zu haben, dafür ausgelacht zu werden. Wir denken die Linien weiter und sehen zahllose Möglichkeiten einer neuen Gesellschaft.

    Eine dieser Linien ist der Cyborgism – die Verschmelzung von Mensch und Maschine – bis hin zum Transhumanismus. Eng verwoben ist diese Linie mit der Frage nach dem Kontrollverlust und Postprivacy ist eine mögliche Antwort auf diese Frage, während über allem wegen NSA & Co. die orwellsche Dystopie schwebt. Meine Beobachtung ist, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass diese Linien auf einen Punkt zulaufen. Für den Transhumanismus wäre dieser Punkt das Eintreten der Singularität, der Moment, an dem die Computer(netze) intelligenter als wir selber sind und den Laden übernehmen, während wir noch in einem viel stärkerem Maße untereinander digital vernetzt sind.

    Die Zeit, in der wir leben, hat Züge von Moderne und Postmoderne, scheint aber beides nicht zu sein. Sie ist eine Achsenzeit in Erwartung von etwas kommenden, auch wenn es das Gefühl der zusammenlaufenden Linien sehr wahrscheinlich eine Illusion ist. Deshalb schlage ich vor, unsere Epoche „Präsingularität“ zu nennen. Ob die Singularität am Ende wirklich eintritt, etwas anderes oder gar nichts, und ob dieses Neue utopisch oder dystopisch werden wird, ist dafür irrelevant.

  • Ein Ohrenschmaus

    gitarre

    Die Tage ist es drei Jahre her, dass ich mich entschloss, mich operieren zu lassen und den ersten Termin mit der Charité vereinbarte. Der Rest ist Geschichte, aber die Geschichte nimmt und nimmt kein Ende. Am vorvergangenen Wochenende war ich in der Philharmonie. Das erste mal seit 1989.

    Auf Popkonzerten war ich schon öfters. Das ging auch mit Hörgeräten noch ganz gut. Zwar geht jede Dynanmik flöten, wenn man* an Taubheit grenzend schwerhörig ist und bei extremer Verstärkung durch die Geräte das leisest mögliche Geräusch sehr dicht an das lautest mögliche rückt; aber es geht irgendwie, um die Musik wenigstens entfernt genießen zu können. Auch wenn es Krach und Matsche ist, haben Krach und Matsche wenigstens Beat. Dass es mit Cochlea-Implantat viel besser geht, konnte ich schon vor einiger Zeit live bei Knorkator und besonders bei Gogol Bordello merken, wenn ich plötzlich aus dem lauten Riff die elektrische Geige heraushöre.

    Das ist aber alles nichts gegen die Philharmonie. Klassik war für mich spätestens ab etwa 1990 ein einziger Brei, aus dem ich kaum Strukturen heraushören könnte. Vor einigen Tagen hörten wir Schumans Szenen zu Goethes Faust. Ok, die sind abgesehen vom dritten Teil recht dröge. Man* sagt, Schumann sei derjenige Komponist, der am wenigsten am Stoff gescheitert sei. Aber das war egal. Ich war schon vom Klang überwältigt, als das Orchester noch die Instrumente stimmte. Ich kann all das wieder hören: Die gezupften Geigen zu rauschenden Chorälen, die dünne Oboe im Teppich der Streicher, die Solisten, die aus dem Chor heraustreten, und mitten im Brausen des Orchesters: Pling! Die Triangel.

    Ich wusste von Zuhause, dass ich wieder Klassik hören kann, aber nicht dass ich es so würde hören können. Direkt im Konzertsaal, ohne elektrische Klangquelle, in die ich mich einstöpsele. Mit Feinheiten, an die ich mich nichtmal aus meiner Kindheit erinnern kann (auch wenn es sie gegeben haben muss); und vor allem mit Feinheiten, die – über 20 Jahre lang für mich völlig undenkbar – aus dem großen Ganzen ganzen hervortreten. Ich konnte gar nicht meine Blicke überall hinrichten, von wo ich etwas hörte. Und das ganze klang noch nicht einmal irgendwie künstlich oder elektronisch. Es klang eibfach nur. Ein akustisches Fest.

    Übrigens spielte das Orchester ein wenig zu leise, sagte die Liebste. Das ist insofern lustig, dass ich schon nach fünf Minuten einfach mein Gehör etwas lauter gemacht hatte…

  • Total überbewertet. Und unterbewertet.

    catsmas

    Weihnachten ist total überbewertet! Ein Fest des Konsumrausches, an dem wir dem Kapitalismus frönen und Geschenke verteilen, die keiner will. Für ein paar Tage verreisen und mit Menschen zusammenhocken, die Kommunikation zum Minenfeld machen. Bei denen eins doofe Lieder hören muss und der Haussegen schief hängt, wenn der Baum schief steht. Überbewertet von denjenigen, die auf Twitter klagen, wie man nur an „Heilig Abend“ in den Club gehen könne oder überhaupt an Weihnachten.

    Und Weihnachten ist total unterbewertet. Von denen, die auf Anti-Weihnachtsparties gehen und jedem, der nicht bei Drei auf dem Weihnachtsbaum ist, erzählen, wie sehr sie Weihnachten verachten und all die dumme Schafe, die noch so blöd sind und den ganzen Stress mitmachen.

    Weihnachten ist total über- und unterbewertet von denen, die finden, dass „Die Hard“ ein oder kein Weihnachtsfilm sei. Oder wie man überhaupt Filme an Weihnachten gucken könne. Oder wenn, dann „Der kleine Lord“, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Peter’s Friends“, „Bad Santa“ oder „A Christmas Carol“. Weihnachten ist völlig über- und unterbewertet von denjenigen, die sich öffentlich darüber aufregen, dass Menschen an Weihnachten in die Kirche gehen, oder nicht in die Kirche gehen oder nur an Weihnachten in die Kirche gehen aber sonst das ganze Jahr nicht.

    Egal auf welcher Seite ihr steht: Woher kommt eure Wut? Ist es der Stress? Ist es die Unsicherheit, nicht eindeutig vorgelebt zu bekommen, was richtig und was falsch ist? Ob ihr völlig untervögelt seid oder einfach nur an der Schlechtigkeit der Welt leidet, es interessiert uns heute mal nicht. Haltet einfach mal drei Tage den Rand und hört auf, anderen Leute zu belehren, wie Weihnachten zu verbringen sei und was alles geht und was gar nicht. Genießt, dass die halbe Welt mal für eine runde Woche Pause macht und ihr das auch dürft. Arbeitet doch einfach trotzdem oder geht in den Club, wenn euch sonst die Decke auf den Kopf fällt, überfresst euch und lasst die Seele baumeln. Seid alleine oder feiert in der Familie.

    Wenn Menschen, die ihr lieb habt, gerne Weihnachten feiern, warum freut ihr euch nicht einfach, wenn sie sich freuen, springt über euren Schatten und feiert mit ihnen? Wenn Menschen, die ihr lieb habt, gestresst sind, ein paar ruhige Tage brauchen und euch lieber ein paar Wochen später besuchen möchten, warum gönnt ihr ihnen nicht einfach ein wenig Erholung ohne Reisestress? Und wie könnt ihr denken, dass ihr Menschen lieb habt so wie sie sind, wenn ihr ihnen ausgerechnet zum „Fest der Liebe“ eure Welt- und Weihnnachtssicht aufnötigt?

    Weihnachten ist nicht überbewertet. Und auch nicht unterbewertet. Sondern einfach nur zu bewertet. In diesem Sinne: Schöne Feiertage, wie immer ihr sie auch verbringt, und kommt gut ins Neue Jahr!

  • Links der Woche

    • Verpiss dich, wenn du mir so kommst!:

      „Es ist ja nicht so, dass es Missbrauch bei geringfügiger Beschäftigung gibt, weil die Leute nicht wüssten, was ihnen rechtlich zusteht. Sie wissen es im Regelfall ganz genau. Aber der Druck am Arbeitsmarkt oder der Arbeitsvermittler im Nacken machen sie gefügig. Sie nehmen hin, dass sie als Arbeitnehmer zweiter Klasse behandelt werden.“

    • Blackface bei „Wetten, Dass…“:

      „Jedes Mal, wenn ein schwarzgeschminkter Weißer irgendwo auftritt, sagt das: Schwarze können das nicht. Schwarze kennen wir nicht. Schwarze gibt es in unserer Mitte nicht. Was Schwarze von dieser Rolle halten würden, wenn es sie in unserer Mitte gäbe, interessiert uns nicht.“

    • Wie ich zum Cyborg wurde:

      „Heute gründen ein paar Nerds, Hacker, Wissenschaftler und Künstler einen Verein. Der ist nicht so exotisch, wie es sich anhört. Cyborgs e.V. soll er heißen. Seit einigen Jahren bin ich nämlich selber ein Cyborg.“

  • Links der Woche

    • Misstrauensbasis:

      „Meiner Erfahrung nach ist Vertrauen und guter Wille die beste Basis für Beziehungen mit anderen Menschen, gleich welcher Art. Es erfordert viel weniger kognitiven Aufwand, sich Warnungen für die paar Menschen zu merken, die Vertrauen enttäuscht haben, als sich für alle Menschen zu merken, was man ihnen wann weshalb gegeben hat.“

    • Laughing inclusively at disabled people:

      „I think maybe at some point in the future, when there’s lifts and ramps and a really high Behinderte-Quote and we’ve all forgotten about our weird Nazi-perfect body fetish, then yeah, great. Then laughing at disabled people will be morally fine. But until that point, the decision to laugh at a disabled person because of their disability will be a morally unacceptable one.“

    • Gegen Windmühlen:

      „Wenn man bei Piraten einmal am Infostand 50 Luftballonsäbel geknetet hat, ist man quasi sakrosankt, denn man “macht ja so viel” und wer sich fleißig engagiert, darf nicht kritisiert werden. Und auch bei Piraten verteidigt man sich gern gegen nie geäußerte Vorwürfe nach dem Muster: “Das war antisemitischer Mist” – “Aber er ist doch kein Nazi!”.“

    • Stickers on cameras:

      „While many privacy technologies and schemes are too complicated or cumbersome to reach mainstream penetration (PGP, OTR and similar things) there is an approch that you can see on hacker conferences just as much as you see it on the machines of people who wouldn’t be considered tech-savvy: Small patches stuck on webcam lenses.“

  • Links der Woche

    • Der vielleicht wichtigste Unterschied überhaupt:

      „Der Siegeszug des Faxgeräts in den Achtzigerjahren zum Beispiel beruhte darauf, dass es erfogreich zu verheimlichen wußte, dass es eigentlich ein Modem ist.“

    • 23andme and tante:

      „I have always perceived this body as a cage, as the broken hardware my mind (software) runs on and is deeply impacted by in regards to what it can do, what it can perceive and when I have to stop doing what I want to do to sleep/eat or whatever.“

  • Links der Woche

    • Ich war jung und brauchte das Wort:

      „Alle Welt redet heute über das „Jugendwort des Jahres“, das der Verlag von Mario Barths „Deutsch-Frau Frau–Deutsch“ gegen jede himmlische Gerechtigkeit jedes Jahr wählt. Lesen Sie exklusiv im Sprachlog die geheime Geschichte dieses Wörterwahl gewordenen Scheiterns lexikografischen Sachverstands.“

  • Links der Woche

    • Anschluss und Ausschluss:

      Ich stelle Links ja gerne ein Zitat aus dem Text voran. Bei diesem Text von Michael Seemann weiß ich allerdings nicht, welchen Absatz ich dafür nehmen soll. Dafür sind einfach zu viele äußert spannende und prägnante Aussagen drin.

    • Dann soin’s hoid Kuchn essn …:

      „Ich fragte sie, warum sie für diese Weisheit Habermas, Ralws oder Rorty gelesen habe, wo eine Presseerklärung des Arbeitgeberverbandes gereicht hätte.“

    • Gedeih und Verderb des deutschen Wortschatzes:

      „Der Wortschatz des Deutschen (und damit auch die Ausdruckskraft) wächst kontinuierlich, und zwar in allen vier Textsorten.“

    • Amok Mama: Why we won’t ban Laterne:

      „Laterne hasn’t been renamed, nobody wants it to be renamed, nobody thinks it should be renamed, nobody has suggested it be renamed. But Bild seem pretty keen on telling us it will be renamed and a lot of white people seem pretty enthusiastic – or maybe desperate is the right word – to believe it.“

    • Menschenverachtende Therapie gegen Krebs – Die Arroganz der Homöopathen:

      „Im Zuge der Recherche zum Narayana-Verlag, über dessen Stand wir auf der Frankfurter Buchmesse gestolpert sind, habe ich mich eingehender mit deren Bücherkatalog beschäftigt. Ich bin auf einen “Kracher” gestoßen, der mir den Atem verschlagen hat. Daraufhin habe ich mir den Autor und dessen Umtriebe genauer angesehen und bin zu erschütternden Erkenntnissen gelangt.“

    • Hirnforscherin über Folgen von Armut: „Flucht- oder Kampfverhalten“:

      „Wir haben neuronale Mechanismen entdeckt, die als Vermittler die Verbindung zwischen Armut in der Kindheit und späteren Gesundheitsproblemen herstellen. Wir haben herausgefunden, dass Erwachsene, die mit neun Jahren in armen Familien lebten, geringere Aktivitäten in bestimmten Gehirnregionen gezeigt haben, nämlich dem ventrolateralen und dem dorsolateralen präfontalen Cortex, der für die Regulation negativer Gefühle wie Wut oder Traurigkeit wichtig ist. Andererseits zeigten Erwachsene, die als Neunjährige in armen Verhältnissen lebten, größere Aktivität in der Amygdala, die Flucht- oder Kampfverhalten als Antwort auf Stress in Gang setzt.“