Ich möchte den Tau von deiner Rose küssen (Jour Fitz 2)

Für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, reblogge ich an dieser Stelle mal die Texte, die ich auf der 6. Jour Fitz gelesen habe. Den Anfang machte die Reppenstedter Eintagsfliege und weiter ging es mit einem gnadenlosen Stück Schubladendenken:

Frau Typ A, B und C

Auf Online-Dating-Seiten gibt es tolle Profile: Ich kann meine Traumfrau von Schuhgröße bis Bildungsabschluss versandhausmäßig auswählen. Aber o Schreck: Ich muss selber ein solches Profil ausfüllen! Das Drama beginnt schon bei der Wahl des Fotos.

Ansonsten werde ich gleich zu Anfang nach einem Motto gefragt. Schwitzend entscheide ich mich gegen „Carpe diem“, das nun wirklich so ziemlich jedes Profil ziert und ein guter Indikator für absolute Einfallslosigkeit ist.

Also wird analysiert, welche Frauen denn mit einem solchen Motto anzusprechen sind. Frauen vom Typ A sind sehr zart besaitet. Sie wollen es möglichst romantisch. Man solle in lyrischen Sphären schwebend und zarte Bande knüpfend, unter dem Sternenhimmel romantisierend jedes Wort auf die Goldwaage legen.

Typ B hingegen ist durchaus nicht prüde, mag es gerne raffiniert und ist erotischem Gedankengut nicht abgeneigt. Solch eine Frau kann zwischen den Zeilen lesen und tut dies mit Vergnügen. Hier nun das ultimative Motto, mit dem man gleich beide Regionen der weiblichen Erfahrungswelt abdecken kann:

Ich möchte den Tau von deiner Rose küssen.

Dieses Motto ist „Work-in-progress“, denn es deckt noch nicht Typ C ab. Typ C hat es gerne derb und vulgär. Ich weiß nicht so genau, ob mir daran liegt, Typ C kennen zu lernen. Doch bei Bedarf und der Kombination bestimmter Attraktivitätsmerkmale bin ich zu Statements nicht öffentlicher Natur gerne bereit. Denkbar wäre:

Ich möchte den Tau von deiner geilen Rose küssen, du Sau.

Außerdem gibt’s Typ D. Typ D beschwert sich, wie ich es wagen kann, Frauen zu typisieren und regt sich über das Schubladendenken auf. Typ D empfehle ich, mich einfach in Ruhe zu lassen, weiterhin zum „FrauenLesbenCafé“ zu gehen, südamerikanische Ponchos auf Flohmärkten zu kaufen, weil die so einen dufte Wandschmuck abgeben und sich die taubetropfte Rose in eine humorfreie Zone ihrer Wahl zu stecken.

Ich suche meinen Traummann

Diese Aussage stammt von Frauen. Genauer: Frauen schreiben sowas in ihre Kontaktanzeigen. Das tun 90% und der Rest will „einfach nur nette Leute kennenlernen“. Das glaubst du nicht? Du bist dir sicher, dass auch Frauen mal den Spaß für eine Nacht suchen? Mag sein, aber würde eine das freiwillig zugeben? Eben! Deshalb existiert für den Ottonormal-Single nur eine Chance, überhaupt ein passendes Weibchen zu finden: Den Traummann markieren.

Hierzu solltest du erst einmal wissen, was das ist … ein „Traummann“. Wie jedes Traumwesen (und noch dazu eines weiblicher Einbildungskraft) ist der Traummann ein zutiefst unlogisches Wesen. Du sollst gleichzeitig Geld wie Heu verdienen aber trotzdem eine soziale Ader haben. Du sollst sportlich sein, aber wehe, du hast die Angewohnheit, samstags auf dem Platz bolzen zu gehen und mit stinkenden Stulpen nach Hause zu kommen. Vielleicht hat sie schon Kinder und du sollst der beste Freund ihrer Blagen sein, aber bilde dir bloß nicht ein, ihren Sprösslingen irgendwas zu erlauben oder zu verbieten.

Natürlich begreifen auch Frauen intuitiv, dass sie mit dieser Logik nicht weiterkommen. Manche jedenfalls. Und so versuchen sie, ihre Absichten hinter hübsch klingenden Sprüchen zu verbergen, die eine Menge verraten, wenn Du sie genauer unter die Lupe nimmst.

Hier ein kleines Vokabular der Frauensprache: „Dornröschen sucht Prinzen zum Wachküssen“ bedeutet soviel wie: verschnarchte Romantikerin. Sollte Sie wirklich beim Knutschen ein wenig wach werden, hast du schon sehr viel Glück. Manche bezeichnen sich selbst auch als „Aschenputtel“ oder zitieren zum tausendsten Mal den kleinen Prinzen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut …“. Das lässt sich direkt übersetzen mit: „Ich bin potthässlich und mir genügt es, wenn du selbst auch nur im Dunkeln tageslichttauglich bist.“ Diese Sorte hat niemals ein Foto auf ihrer Webseite und es ist allgemein schwer, an eines zu kommen. Das macht nichts: Du würdest es nicht sehen wollen.

Es gibt aber auch das Gegenteil der Romantikerinnen: Den Karriere-Vamp. Sie schreibt z.B. „Starke Frau sucht …“ und meint damit sowas wie: Ich suche nur deshalb einen Mann und keinen Hund, weil ich mit dem Hund täglich Gassi gehen müsste. Solche Powerfrauen schreiben auch gerne Dinge wie „Ich liebe das Außergewöhnliche“ und da frage dich einmal kritisch: Wie außergewöhnlich bist du? Und wie wäre es, mit einer Frau zusammen zu sein, die sich allerhöchstens mit Pitt oder Clooney zufrieden stellen ließe? Vergiss es!

Folgenden Spruch habe ich tatsächlich in einer Anzeige gelesen: „Lebe dein Leben, wie es dir gefällt, denn man hat dich ja auch nicht gefragt, ob du auf dieser Welt leben willst.“ Diese Frau hat also ganz grundsätzlich was zu meckern. Am besten du schreibst ihr nur, wenn du selber auch ein Misanthrop bist und dich schon heimlich darauf freust, mit ihr zusammen die Nachbarn eures Häuschens mit Klagen und Prozessen zu überziehen.

Da fragt man sich schnell: Lohnt sich das alles überhaupt? Wollen wir das wirklich? Oder einfach Single bleiben? Aber schon Woody Allen wusste: „Gute Selbstgespräche setzen einen interessanten Partner voraus.“

Sperrmüll und Beziehungskisten

Welcher geniale Dichter hat eigentlich das Wort von der „Beziehungskiste“ geprägt? Ich finde es so treffend, weil ich da immer an die „Tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ denken muss. Nur mit Spucke, Kaugummi und Isolierband bewaffnet geht es dann in 80 Tagen um die Welt. Anschließend enden solche Höhenflüge meistens als Bruchlandung. Das liegt nicht nur am mangelnden Zubehör, mit dem man nicht einmal einen Videorekorder wieder flott bekäme – das beginnt schon bei der Gebrauchsanweisung.

Die lesen Männer sowieso nicht. Ihnen fällt nicht einmal auf, dass gar keine beiliegt. Gelegentlich ist es vorgekommen, dass ein Mann tatsächlich nach der Gebrauchsanleitung gesucht hat – Stichwort: „Neuer Mann“ – aber nicht fündig wurde. Sie ist nämlich separat zu erwerben. Das ist gar nicht so einfach. Sie existiert in keiner Uni-Bibliothek (nicht einmal bei den Psychologen oder Sozialpädagogen). In Buchhandlungen werden diese Titel (z.B. „Die Prinzessin und der Horst“, „Mondscheintarif“, „Schokolade zum Frühstück“ oder das popelige „Moppel-Ich“) wegen verfehlten Marketings und stilistischer Zweifelhaftigkeit falsch einsortiert und von Frauen mit Unterhaltungsliteratur verwechselt.

Was da so drinsteht? Ein Beispiel: Ein Mann darf seine CDs oder DVDs nicht alphabetisch sortieren, weil er sonst ein Spießer ist und sowieso nicht der Typ, den eine Frau will. Für ordnungsliebende Männer hilft der Trick, die Filme einfach nach Erscheinungsjahr zu sortieren. Das ist in sich schlüssiger und wird vom Durchschnittsweibchen erst durchschaut, wenn es schon zu spät ist.

Bevor die Auserkorene jedoch Videos oder CDs inspiziert, wird ihr erster skeptischer Blick seinem Bad gelten. Dort darf sie (laut „Mondscheintarif“) keinesfalls „Cool Water“ von Davidoff vorfinden. Wem es Leid tut um das teure Zeug: In der Bowle – verrührt mit Fruchtresten, Sekt und ganz viel Wodka kann er sich damit in kürzester Zeit wirklich jedes haarige Mannsweib schön trinken. Das Tolle dabei ist, dass ihn der folgende Jahrhundertkater am nächsten Morgen ausreichend von den Schrecken der vergangenen Nacht ablenken wird.

Hat er sich nun perfekt den weiblichen Bedürfnissen angepasst, will sie früher oder später bei ihm einziehen. Platz muss er nicht mehr schaffen. Denn schon im Vorfeld landete die schwarze Satin-Bettwäsche, die er vor fünfzehn Jahren so cool fand und seitdem nicht gewechselt hat, auf dem Sperrmüll. Gleich neben der leeren „Cool Water“-Flasche, der Spielzeugeisenbahn, den Perry-Rhodan-Büchern, den Star-Trek-DVDs, dem alten Amiga 500 und der Pornosammlung …

Aber leider hat ihr niemand gesagt, was sie alles besser nicht mitbringen sollte: Meerschweinchen samt Käfige (wahlweise auch Chinchillas, Hauptsache flauschig), ihren fast zu Staub zerfallenen Teddy, drei unvollständige, aber gaaanz wichtige Kaffee-Services (offenbar von gleich drei verschiedenen Omas), einige „Sex-And-The-City“-DVD-Boxen, mehrere Regalmeter Romane von Tine Wittler, Susanne Fröhlich, Charlotte Link und Hera Lind, gepaart mit „Sachbüchern“ wie „Reiki und Sexualität“, „Sternzeichen und Partnerwahl“ oder „Homöopathie in der Liebe“. Außerdem wird das Bad mit mehreren Kubikmetern Kosmetika gefüllt.

Dort entdeckst du dann irgendwann auch noch eine alte Flasche „Cool Water“. Von ihrem Ex. Wenigstens ein kleines bisschen wie früher. Du darfst lächeln. Alles wird gut.

(Fotos: André „Bosch“ Krüger)

Jour Fitz (1)

Für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, reblogge ich an dieser Stelle mal die Texte, die ich auf der 6. Jour Fitz gelesen habe. Den Anfang machte die

Reppenstedter Eintagsfliege

Die Eintagsfliege hat mitnichten ein kurzes Leben. Ihr selbst erscheint es so lang, wie sie es fühlt: Ein endloses Leben im Licht. Und während sie so summt und fliegt, die kleine Reppenstedterin, radele ich vom Sport nach Hause, stramm zum Gut Schnellenberg; genieße die Sonne, die Luft und dass meine Muskeln sich erst morgen über die zurückliegenden Zumutungen beklagen werden. Unter dem Ich stelle man sich vor: ein gigantisch großes, schweres menschliches Wesen, welches auf seinem treuen Rade “Silbersofa” durch die Landschaft sprengt; ein Wesen, dessen Gewicht und Volumen das der winzigen Fliege millionenfach übersteigt.

Ich radle also, die Nase im Wind, die Glatze in der Sonne, den Blick schweifend über sanft geschwungene Rapsfelder und hinter Sträucher sich duckende Fachwerkhäuschen. Und die Fliege … nun ja fliegt, und zwar (wir können es fast ahnen:) ihre Fühler im Wind, ihre Flügel in der Sonne und in ihren Facettenaugen leuchten geschwungene Rapsfelder und sich unter Gräsern duckendes Eintagsfliegenfutter. Die Fliege und ich: Uns verbindet das unsichtbare Band des Schicksals.

Ich und die Fliege: Wir fliegen und radeln, radeln und fliegen, immer aufeinander zu. Und auf einer Anhöhe kurz vor der Teufelsküche, ja da komme ich doch glatt ein wenig außer Puste, der Steigung wegen; sperre meinen Mund auf und schon ist es geschehen. Die Fliege haucht ihr kurzes Leben aus, ist nun nichts weiter als ein knirschiger Krümel in einer Backentasche. Dort will sie nicht sein und dort will ich sie nicht haben, aber wie abstoßen diesen fremden Organismus? Diese Fliege loszuwerden ist mir so peinlich und so dringend wie dem Mörder seine Leiche. Ich puste und spucke und kaue und rotze, mal links und mal rechts, doch das störende Objekt will nicht weichen. Ich schnappe wie ein Karpfen. So wehrlos die Forelle dem Fliegenfischer ausgeliefert ist, eben so wehrlos zieht mich die Pein wie an der Rute gezogen heimwärts. Ich radle so schnell ich kann, ich strample und sause und darf dabei kaum atmen, damit sich das Malheur nicht wiederhole. Ich werfe das Rad ins Gras, springe in die Wohnung und spüle meinen Mund…

Der Eintagsfliege, der kleinen Reppenstedterin, ist es freilich wesentlich schlechter bekommen als mir. Es war noch lange vor dem Mittag; in der Blüte seiner Jugend musste das Tierchen sein Leben aushauchen. Ein tödlicher, tragischer Verkehrsunfall, den niemand wollte, und jetzt alle schnell vergessen möchten.

Achtbeiner

Seit einigen Tagen lebt eine Spinne auf meinem Fahrrad. Ich habe es längst aufgegeben, das Netz immer wieder zu entfernen. Sollen die Nachbarn doch denken, das Rad stehe da nur zu Dekorationszwecken. Das Netz spannt sich zwischen Lenkstange und Gabel, und die Spinne sitzt bevorzugt auf der Unterseite der Gangschaltung, macht aber bereitwillig Platz, wenn ich schalten will. So begleitet mich das possierliche Tierchen nun auf meinen Wegen und lernt wahrhaft exotische Orte wie den Sand, den Stint oder das rote Feld kennen. Kann eine Spinne kosmopolitischer Leben? Denn im Gegensatz zu ihren seidenspinnenden Schwestern in Auspuffrohren, Flugzeugturbinen und Spaceshuttle-Vakuumschleusen ist sie nicht nur in der Lage, die Reise zu überleben; sie kann sich am Ziel umsehen und neue kulturelle Eindrücke aufnehmen.

* * *

Eigentlich würde ich allzu gerne von weiteren Abenteuern mit dem Rad berichten, doch leider muss ich ehrlich gestehen: Also mit Silbersofa und mir, das ist vorbei. Wir verstehen uns nicht mehr. Es war einfach nicht mehr wie früher. Und Silbersofa hat sich auch verändert. Ist pummelig geworden und kommt nicht mehr recht vom Fleck. Traurig, aber so ist das Leben.

Und was macht man heutzutage, wenn man sich etwas einsam fühlt? Richtig, man meldet sich bei einer Online-Dating-Seite an. Für die jüngeren im Publikum: Online-Dating diente der Partnersuche, bevor es Twitter gab. Ich will mal erzählen, was ich dabei so erlebt habe.

(Fortsetzung folgt…)

ennomane live on stage

Die Dächer spatzen es schon länger von den Pfeifen: Ich gehe mit ennomane.de auf Lesereise. Hier mal die Tourdaten meiner Sommertournee:

  • 9. Juni – Berlin
  • 9. Juni – Berlin
  • 9. Juni – Berlin
  • 9. Juni – Berlin
  • 9. Juni – Berlin

Die Eröffnungslesung, der Abschlussvortrag sowie alle Gigs dazwischen finden statt im Rahmen der 6. Jour Fitz des Herrn Taubenvergrämer im HBC Berlin, Karl-Liebknecht-Str. 9.

Nähere Informationen gibt’s bei Facebook.