Schlagwort: Merkel


  • Links der Woche

    Ich hatte ja schon eeeeewig keinen Katzencontent mehr: 2 Katzen und 1 Spinne…

    https://www.youtube.com/watch?v=lF9fcIqX9XQ


  • Sparen

    Merkel spart und sagt – wir können es nicht mehr hören – das sei ohne Alternative. Da muss ich ihr ausnahmsweise beipflichten: Es gibt nichts mehr zu verteilen, gab es eigentlich schon lange nicht mehr. Wer da Brüning! schreit und Binnennachfrage! übersieht, dass das Ende der Fahnenstange bei über 1600 Millarden Euro Staatsverschuldung schon längst erreicht ist. Es steht ganz außer Zweifel: Wir müssen sparen.

    Dass die Regierung ein Massaker im Sozialhaushalt veranstalten würde, war vorher klar. (Schließlich hieß es doch schon seit Monaten: Nach der NRW-Wahl kommen die Grausamkeiten auf den Tisch.) Dass die linken Parteien, Gewerkschaften uns Sozialverbände auf die Barrikaden gehen würden, war ebenso vorher klar und wäre nicht mal eine Fußnote wert, wenn an diesem Sparkpaket nicht etwas seltsames fehlen würde: Der Protest der  „Wirtschaft“.

    Die „Wirtschaft“ und die Wohlhabenden sollen ja schließlich auch ihren Teil zu den Einsparungen beitragen, was sie aber fast nur auf dem Papier tun: Mit einer einer Brennelemente-Steuer, einer Luftverkehrsabgabe, Abschöpfung von Gewinnen bei der Bahn und einer Bankenabgabe. Protest bleibt natürlich aus, denn der „Wirtschaft“ können alle diese Dinge egal sein: Sie reicht die höheren Kosten einfach an den Verbraucher weiter und gut ist.

    Einer Familie mit Kleinkind, die von Hartz-IV lebt (das könnten zum Beispiel auch arbeitende Aufstocker in mies bezahlten Jobs sein!), werden also nicht nur mal eben 300 Euro monatlich an Elterngeld gestrichen. Übrigens 300 Euro monatlich: Gibt es überhaupt irgendwo eine gesellschaftliche Gruppe, der dermaßen hart vom Sparpaket getroffen wird wie mittelose junge Familen? Also – diese junge Familie muss nicht nur plötzlich mit 300 Euro weniger auskommen, sondern darf künftig höhere Preise zahlen, wenn sie – teuer genug – einmal im Jahr mit der Bahn oder dem Flugzeug die Oma besuchen fahren will, zahlt künftig höhere Zinsen auf das Konto, das natürlich gerne mal im Minus ist, völlig anders als bei Besserverdienenden, denen es egal sein kann,  wenn der nächste Toskana-Urlaub 100 Euro teurer kommt.

    Nicht das Sparen an sich, aber die Absolute Einseitigkeit diese Sparpaketes zeigt, wen wir da eigentlich im letzten Herbst gewählt haben. Nicht nur die FDP fährt ihren sozialen Ellenbogen raus, so weit sie kann, wenn sie Steuererhöhungen kategorisch ablehnt, auch beispielsweise die christliche Familienministerin Christina Köhler zeigt, wie sehr ihr das Wohlergehen von Familien am Herzen liegt. Und als sei das alles noch nicht genug, wird schon kräftig Lobby dafür gemacht, die Mittel für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses doch nicht zu streichen. Können wir bei der Gelegenheit nicht Hartz IV noch weiter senken? Das eine oder andere wieder aufzubauende Baudenkmal wird sich für die frei gewordenen Mittel schon finden.

    Aber wie schon eingangs gesagt: Sparen müssen wir. Das Wort vom „über die Verhältnisse leben“ ist mit Blick auf die kleinen Leute geradezu perfide, aber das Land als ganzes tat es. Die beiden größten Posten im Staatshaushalt sind Soziales und Schuldendienst. Wirklich Angst habe ich vor dem Tag, an dem die Regierung nur noch die Wahl hat, in einen von beiden richtig tief einzuschneiden. Ob dann mal eben Hartz IV drastisch gekürzt wird, oder Deutschland die Zinszahlungen an seine Gläubiger einstellt – wir können uns vorstellen, was dann los ist.

    Also 70 Millarden in vier Jahren braucht Schäuble von uns. Schaun mer mal:

    • Eine geplante Transaktionssteuer können wir nicht zu Grunde legen, weil die in einen Bankensicherungsfonds fließen soll. Dass ausgerechnet die Banken ungeschoren davon kommen, ist allerdings höchst ärgerlich. Zu erwarten wäre, dass die Banken aus ihren künftigen Gewinnen prozentual einen zusätzlichen Soli zahlen, bis die in der Krise gezahlten Finanzhilfen abgegolten sind. Das lässt sich an dieser Stelle nicht kalkulieren und sollte deshalb nicht Teil des Sparpaketes sein.
    • Alberne 6 Monate Wehrpflicht können wir uns auch gleich schenken: Die Bundeswehr ist als Armee  mit mehreren Hunderttausend Soldaten ein Anachronismus. Natürlich kann man den Laden nicht von heute auf morgen dicht machen, also legen wir mal den Plan von Guttenberg zu Grunde: 6 Milliarden Euro bis 2014.
    • Die Luftfahrtabgabe können wir ebenfalls meiner Meinung nach ruhig drin lassen, das wäre wenigsten so eine Art Ökosteuer. Also 3 Milliarden.
    • Der Staat subventioniert die Gehälter von kirchlichen Würdenträgern zusätzlich zur Kirchensteuer mit etwa 440 Millionen Euro. Es ist wohl nicht zu viel verlangt von den Kirchen, ihre Bischöfe selber aus Kirchensteuermitteln zu bezahlen. In vier Jahren kämen da schonmal über eine Milliarde zusammen.
    • Hilfreich wäre es, wenn überhaupt mal alle Steuern zahlen würden, die das müssten. Das ist zwar utopisch, aber der Personalmangel in den Finanzämtern verschärft das Problem. Schätzungen gehen auf bis zu 30 Millarden Euro jährlich. Kosten würden die 15.000 fehlenden Beamte nicht mal eine Milliarde im Jahr – die wir gerade bei den Kirchen eingespart haben. ;) Stimmt die Schätzung, kämen in den nächsten drei Jahren 90 Milliarden Euro zusammen und unser Ziel ist erreicht. Seien wir mal vorsichtig und legen die Hälfte zu Grunde.
    • Ich verstehe immer noch nicht, warum auf Schnittblumen und Hundefutter nur 7% Umsatzsteuer erhoben werden. Alles außer Grundnahrungsmitteln sollte dem gleichen Steuersatz unterliegen – auch Hotelübernachtungen. Angeblich bringt das 14 Milliarden Euro.

    Allein damit haben wir jetzt schon 68 Milliarden Euro beisammen, wenn ich mich nicht verrechnet habe. Dabei habe ich nur sehr grob gerechnet und gar nicht in den Ritzen und Ecken des Fiskus herumgekratzt, wo ich mich freilich nicht auskenne. Eine moderate Anhebung des Spitzensteuersatzes dürfte die restlichen 2 Milliarden locker einbringen. Und das ganze, ohne an der Erbschaftssteuer zu drehen oder eine Reichen- oder Vermögenssteuer einzuführen, was ich unter diesen Umständen aber trotzdem für geboten halte. Und dann erst – dann können wir nochmal darüber reden, ob und wieviel unter Umständen und mit welcher Begründung bei Hartz-IV-Empfängern einzusparen sei und ob wir uns das Berliner Stadtschloss gönnen sollten.

    Angesichts dieser Zahlen ist völlig klar: Die Regierung könnte sehr wohl anders – sie will aber nicht.

    Update:


  • Merkeldämmerung

    Nachdem Horst Köhler mangelnden Respekt vor dem Amt des Bundespräsditen zeigte, indem er  als letzterer zurücktrat mit der Begründung, man erbringe selbigem nicht den nötigen Respekt, ging das Geschacher los. Ich dachte ja kurzzeitig, durch die Wahl in Nordrhein-Westfalen hätten sich die Gewichte in der Bundesversammlung verschoben, und befürchtete einen weiteren Anlauf von Gesine Schwan, musste aber auch spontan an Margot Käßmann denken.

    Hat nicht sein sollen: CDU/CSU und FDP verfügen über eine klare Mehrheit und dürfen den  nächsten Präsidenten unter sich ausmachen. Sofort wurden mögliche oder eher unmögliche Kandidaten gehandelt. Von Seiten der CDU/CSU Wolfgang Schäuble, Norbert Lammert, Jürgen Rüttgers, Christian Wulff, Ursula von der Leyen oder Annette Schavan – ein einziges Gruselkabinet. Schnell fingen die Medien an, Ursula von der Leyen nach Bellevue zu schreiben, von der ich mir sofort sagte:

    Fällt mir schwer, mir eine Präsidentin vorzustellen, die von so vielen gehasst wird.less than a minute ago via TweetMe for Palm

    Natürlich zeugt das wieder von der Blase, in der ich mich samt Blogosphäre befinde, auch wenn es wir Blogger gewesen sein sollen, die Köhler „gestürzt“ haben. Für „die da draußen“ ist Ursula von der Leyen eine der beliebtesten Politikerinnen überhaupt. Unsereins sieht das eher wie Jens Berger bei Telepolis:

    Ein Fehler der deutschen Verfassung ist es jedoch, dass die Person, die der Tagespolitik geistige Leitplanken aufstellen soll, von eben diesen Politikern nominiert werden muss. Wer den Sumpf trocken legen will, sollte natürlich nicht die Frösche fragen. Fragt er sie doch, darf es auch nicht verwundern, wenn die oberste Unke statt der Trockenlegung die künstliche Bewässerung empfiehlt. Ursula von der Leyen, die sich stets als opportunistische Karrieristin hervorgetan hat, ist kein geistiger Leuchtturm für die Republik, sondern bestenfalls ein Teelicht.

    Dabei gibt es sehr gute Argumente für VDL als Präsdidentin , auch wenn ich so zynisch nicht denken mag. Egal, sie wird es nicht, sondern Christian Wulff wurde nominiert. Schwiegermutters Liebling. Der Richard Claydermann der Politik. Ein paar Leute regen sich auf, weil das Blog Esowatch den Katholiken (!) als Evangelikalen bezeichnet und ihm vorwirft, die christliche Propaganda-Organisation „ProChrist“ zu unterstützen – reine Windmacherei gegen einen, über den man im guten wie im schlechten kaum etwas sagen kann. Oder wofür steht Christian Wulff? Welche Debatte hat er je angestoßen? Vor allem dürfte man dann auch Joachim Gauck nicht unterstützen, der immerhin mal Pfarrer war.

    Nach den Abgängen von Öttinger, Jung, Rüttgers und Koch der letzte wichtige Kopf des Andenpaktes, Merkels letzter Konkurrent, der nicht schon am Kabinettstisch sitzt. Ausgerechnet ihn ins Präsidentenamt zu hieven, fühlt sich arg nach „Wegloben“ an. Das Bild von Angela Merkel als Schwarze Witwe im Kanzleramt hat sich sowieso schon gefestigt. Nachdem die Union gerade erst Koch verloren hat, würde Wulffs Abschied aus der Tagespolitik das Vakuum nochmal verstärken. Gestern beim Küchentischgespräch waren wir uns einig: Dass sie den Wulff nominiert hat, wird der Merkel nochmal auf die Füße fallen.

    Heute ist es schon so weit. SPD und Grüne haben Joachim Gauck aufs Schild gehoben. Das ist ein äußerst respektabler und angesehener Kandidat, der zudem noch überparteilich höchstes Ansehen genießt. Gauck hat sich durch seine Rolle bei der Wiedervereinigung, als Aufarbeiter kommunistischen Unrechts und als Leiter der zeitweilig nach ihm benannten Behörde zur Verwaltung der Stasi-Akten wirklich Meriten erworben.

    Ausgerechnet nach dem Abgang des oft als farblos empfundenen Köhlers einen noch farbloseren Wulff nach Bellevue zu schicken, wo man doch ein intellektuelles Kaliber wie Gauck dort haben könnte, schmeckt auch vielen in der Union und vor allem beim Koalitionspartner nicht. Besonders in der FDP werden Stimmen laut, die sich für Gauck aussprechen. Das ist nicht einfach nur ein Streit sondern zeigt den Autoritätsverlust von Angela Merkel – und zeigt ihr Unvermögen, zumindest einen für die eigenen Leute 100%ig respektablen Präsidenten aus dem Hut zu zaubern. Die Nominierung von Wulff ist gerade zu symptomatisch für den Zustand von Schwarzgelb.

    Als sei das nicht genug, springen die Medien, allen voran der SPIEGEL auf den Gauck-Zug auf, der titelt: „Joachim Gauck: Der bessere Präsident“. Merkel ist in eine klassische Lose-Lose-Situation geraten. Wenn Union und FDP zähneknirschen doch den weniger beliebten Wulff wählen, wird das den Unmut in der Bevölkerung gegenüber Merkel und ihrer Regierung noch einmal steigern, obwohl die Umfragewerte sowieso schon im Keller sind. Sollte sich wider erwarten tatsächlich Gauck durchsetzen, geht Angela Merkel als Verliererin mit Autoritätsverlust aus der Sache hervor. Rotgrün ist es mit der Nominierung von Gauck gelungen, Schwarzgelb zu spalten, auch wenn der Wahlsieger der Bundesversammlung am Ende doch Wulff heißen wird.

    Michael Seemann hat völlig recht, wenn er schreibt:

    gut, in der spiegelredaktion hält man merkel anscheinend für angezählt. so fing das bei schröder damals auch an…less than a minute ago via Echofon

    Dabei macht die Nominierung Gaucks auch Probleme am anderen Ende des Spektrums sichtbar: Die Linkspartei kann Gauck gar nicht wählen. Heute sitzen noch viele Leute in der Partei, die 1990 alles unternommen haben, um möglichst viele Stasi-Akten zu vernichten oder durch Entzug der internen Hauptkartei unbrauchbar zu machen, wie z.B. Wolf Biermann in „Über das Geld und andere Herzensdinge“ unmissverständlich klarmacht. Gauck war jahrelang der natürliche Feind von Dunkelrot und die Linkspartei ist im Osten bis heute von Altkadern durchsetzt. Joachim Gauck steht also auch dafür, dass eine rotgrünrote Koalition auf Bundesebene nur um den Preis einer Lebenslüge möglich wäre. Und auch das ist gut so.

    In dieser Situation bliebe für alle beteiligten noch der Ausweg, sich auf einen Kompromisskandidaten aus einer ganz anderen Ecke zu einigen. ;)


  • Das widerliche Verhalten von Regierungspolitikern in Zeiten des Krieges

    Am Freitag fand ein Gedenkgottesdienst für die toten deutschen Soldaten des Afghanistan-Krieges statt. Ich war nicht dabei. Ich habe keinen TV-Mitschnitt gesehen. Ich kann nicht beurteilen, ob Frau Merkel wirklich erst kurzfristig wegen des öffentlichen Druckes entschied, vor den Trauergästen zu reden, was sie laut Spiegel gar nicht wollte, dann aber als „persönliches Anliegen“ verkaufte. Ich kann mich nur auf diesen Spiegel-Artikel berufen und möchte auf die Seitenhiebe des Artikels nicht näher eingehen. Mir sind nur zwei Dinge aufgefallen.

    Das Völkerrecht bewerte die Lage in Afghanistan als nicht internationalen bewaffneten Konflikt, führt sie aus. Viele Soldaten aber sprächen von Bürgerkrieg oder Krieg. „Und ich verstehe das gut“, sagt Merkel.

    Wie kann diese Frau es wagen? Wie kann sie es wagen, in einer Trauerrede vor Angehörigen und Trauernden Ausführungen darüber zu machen, ob man den Krieg Krieg nennen könne? Was geht in einem Menschen vor, der eine Debatte über Propaganda und Deutungshoheit über den Krieg vor die Familien der getöteten zerrt? Von was für einem Menschen werden wir da eigentlich regiert?

    Das andere – von und zu Guttenberg:

    Seine kleine Tochter habe ihn gefragt, ob sie auf die Gefallenen stolz sein dürfe und ob diese Helden seien. „Ich habe beide Fragen nicht politisch, sondern einfach mit Ja beantwortet“, sagt Guttenberg. Die drei Fallschirmjäger seien von denjenigen getötet worden, „denen ein Menschenleben nichts, rein gar nichts zählt“, erklärt er mit Blick auf die Taliban.

    Geht das nur mir so? Empfinde ich als einziger Ekel vor der Heroisierung des Kriegstodes? Finde das nur ich so entsetzlich eiskalt, wie Guttenberg die Situation für Propaganda und Kriegsrhetorik ausnutzt? Wie er das Stichwort „Stolz“ verwendet und es mit dem Bild eines kleinen Mädchens verbindet? Spüre wirklich nur ich den beißenden Zynismus, der hinter einer solchen Rhetorik steht?

    Und: Was ist ein Menschenleben denjenigen Wert, die solche Reden halten?