Schlagwort: Lord of the Rings


  • Identitätssedimente ausmisten

    Ich ertappe mich dabei, Dinge spontan auf Facebook zu schreiben, die durchaus gebloggt gehören. Das ist doof, schließlich trocknet so die Bloggerkultur aus. Deshalb wiederhole ich den Text noch einmal hier. Eigentlich ist es ein sehr persönlicher Text, nachts um drei in einer bestimmten Stimmung geschrieben, aber er zog dann eine schöne Diskussion nach sich, die auf Facebook nachgelesen werde kann.

    Die Desillusionierung schmerzt. Jahr für Jahr miste ich weitere liebgewordene Sedimente meiner Identität aus. Lord of the Rings: Aus heutiger Sicht eine technikfeindliche, rassistische, reaktionäre Geschichte, die immerhin toll erzählt war, was durch die verkitschte Verfilmung endgültig zerstört wurde. Pink Floyd’s The Wall: Freudianische Küchenpsychologie, die die Schuld an Gewalt, Faschismus und eigene Verkorkstheit auf Frauen im Allgemeinen und die Mutter im Speziellen schiebt. Heute ist Waters Antisemit, entschuldigung, „Israelkritiker“. Oder dann die Misogynie im eigentlich heiß und innig geliebten „Braindead“. Dass Jeff Hahnemann von Slayer einen Nazi-Tick hatte, ist ja schon länger bekannt, aber 2016 musste die Band auch noch Donald Trump auf Instagram endorsen. Die Rassismen in Star Wars und das Libertäre in „Ferris Buellers Day Off“. Oder die Rocky Horror Picture Show, einst Symbol für Subversion; doch Frank Furter, die Transe, ist kein Idol sondern das Böse, der verrückte Professor, des es wagt, Naturgegebenes in Frage zu stellen und dafür gemaßregelt wird: Das Musical ist in seiner Aussage genauso piefig wie all die moralingetränkten Horror- und Science Fiction-Filme, die es zu karikieren vorgibt. Das sind nur die Beispiele, die mir spontan einfallen. Teilweise kann man sowas noch genießen, es waren ja schließlich andere Zeiten. Teilweise ist der Spaß verdorben. Teilweise kann ich nicht anders als trotzdem eine Gänsehaut zu bekommen, wenn z.B. die ersten Takte von „Science Fiction Double Feature“ erklingen. Und immer fühlt es sich ein wenig an, wie von einem Freund betrogen worden zu sein. Sorry fürs Spaßverderben — sag ich mir dann manchmal selbst.