Ein Geburtstagsgeschenk von Google (Update)

Google hat mich mit einem Geburtstagsgeschenk überrascht. Gleich zum zweiten mal wird mein Account gesperrt. Dieses mal läuft alles allerdings geringfügig „humaner“ ab: Google sagt mir klar, woran es liegt (mein Pseudonym) und setzt mir eine Frist bis zum 30. September, meinen Namen zu korrigieren. Erneut konnte ich Widerspruch einlegen, indem ich auf einen Link namens „Widerspruch einlegen“ klickte, der dann ohne weiteres Feedback verschwand.

Eine Möglichkeit, mit Google zu kommunizieren, wird mir erneut nicht angeboten. Passiv-aggressiv blendet Google den Warnhinweis jedes mal ein, wenn ich Google+ aufrufe. Die Sperre bei Google+ bedeutet, dass ich diesen Dienst ab Freitag nicht mehr nutzen kann. Das werden meine derzeit rund 4600 Leser dort wohl genauso schade finden wie ich. Außerdem bedeuetet es, dass ich Buzz und Picasa nicht mehr nutzen kann (meh!) und keine Artikel mehr im Google-Reader empfehlen kann, was mich wirklich ärgert, weil ich den schon sehr lange in Verbindung mit einer E-Mail-Adresse nutze, die absichtlich pseudonym gehalten ist.

Selbstverständlich habe ich nicht im geringsten vor, meinen Namen auf Google+ zu ändern.

Ich bin öfters gefragt worden, warum ich denn unbedingt „Die Ennomane“ statt Enno Park heißen will. Will ich eigentlich gar nicht. Es geht nicht um mich. Was ich möchte, ist ein Exempel statuieren. Ich halte die Nutzung von Pseudonymen für ein Online-Menschenrecht, das als solches noch zu deklarieren ist. Klingt pathetisch, aber darunter mache ich es nicht. Nicht nur, weil schwule Iraner gut daran tun, ihre Identität zu verschleiern, und es ein sehr berechtigtes anliegen von Lehrern auch hierzulande ist, dass ihre Schüler nicht jeden Pups im Netz nachlesen – sondern auch, weil die Hoheit über die eigenen Identitäten (ich verwende bewusst den Plural) Sache des Einzelnen sein muss. Diese ganze Diskussion müssen wir jetzt nicht wiederholen – ich habe das alles schon woanders aufgeschrieben.

Und ich bin mit meiner Meinung nicht allein.

Update: Obwohl es – wie der Screenshot belegt – zunächst hieß, ich habe Zeit bis zum 30.09. hat Google mein Profil heute, am 28.09., schon komplett gesperrt.

Offener Brief an Google: Lasst Pseudonyme zu!

Ihr erinnert euch – ich hatte ein wenig Aufmerksamkeit, als Google vorübergehend mein Profil auf Google+ gesperrt hatte. Ein paar Stunden und einen SPON-Artikel später durfte ich zwar wieder rein, was für mich aber kein Anlass ist, mich zufrieden zurückzulehnen, während andere weiter gesperrt bleiben. Ich bin eben nicht gerne gleicher als andere. So ließ ich mich natürlich nicht lange bitten, als Christoph Kappes mich fragte, ob ich hierzu einen offenen Brief mit unterzeichne.

Wir wollen Pseudonyme! Nicht nur weil Menschen die Hoheit über ihre (verschiedenen Identitäten) behalten sollten. Und auch nicht nur weil Pseudonyme Minderheiten, die freie Meinungsäußerung und zugleich die Privatsphäre schützen, sondern auch, weil es nach §13(6) TMG unser gutes Recht ist.

Der offene Brief kann hier nachgelesen werden. (Kommentare bitte dort, ich schließe die Kommentarfunktion ausnahmsweise mal hier.) Die übrigen Erstunterzeichner sind Christoph Kapppes, Christiane Schulzki-Addouti, Lars Klingbeil, Michael Seemann, Jürgen Kuri, Peter Tauber, Christiane Link, Stephan Uhrenbacher, Ulrike Langer, Dorothee Bär, Sascha Lobo, Markus Beckedahl, Nico Lumma, Teresa Bücker, Falk Lüke, Stefan Gehrke, Wolfgang Macht, Peter Glaser, Konstantin von Notz, Anke Gröner, Lars Hinrichs, Ingo Scholz, Manuel Höferlin, Jimmy Schulz und Antje Schrupp. Diese „Koalition“ aus Politikern und Netzaktivisten finde ich bemerkenswert. Aber darum geht es uns: Google zu zeigen, dass die Kritik nicht bloß aus einer bestimmten Ecke kommt, sondern breit aufgestellt ist. Ich fühle mich in bester Gesellschaft.