Diamond Head: Lightning to the nations

Habe heute diese grenzgeniale Platte von Diamond Head (auch bekannt als die ewig unterschätzten Led Zeppelins der 80er Jahre und Metallicas Lieblingsband) endlich mal auf CD bekommen. Echte Rarität. Mein Tape war kaputtgegangen. Nun höre ich das seit Monaten zum ersten mal und mir wird ganz anders. Diese Musik hat mich seit über 10 Jahren beim Autofahren begleitet und mir immer wieder über Sachsen-Anhalt hinweggeholfen. Jetzt läuft gerade diese meditative schwebende Sequenz in „Sucking my love“ und ich fühle ich wie durch Salzwedel fahrend. Gänsehaut…

Coleiny

Ist ein Wahnsinn, Löwin fährt, ich versuche zu schlafen und umgekehrt, immer holterdipolter durch kleine Dörfer oder auf der Zielgerade an endlosen Kolonnen von LKWs vorbei. Über das Autoradio haben wir uns etwas zu früh gefreut: Mangels Antennenkabel kein Signal, aber wir dachten, wir haben ja CDs. Nur auf polnischen Straßen ist essig mit CDs hören… :-/ Bei Posen gibts sogar eine Autobahn, die aber wegen der Mautstelle leer ist. Fahre den Passat aus, was in Deutschland so wohl kaum möglich wäre, und bin mit dem erreichten Tempo sehr zufrieden. Zu spät fällt mir ein, dass noch Allwetterreifen drauf sind. Zwischen Frankfurt und Berlin können wir nicht mehr und schlafen beide eine Weile auf einem Parkplatz. Irgendwann abends nach 22 Std. Fahrt sind wir zuhause und finden sogar noch irgendwie die Kraft, das Auto auszuräumen und geordnet zu Bett zu gehen. Seit dem wir den Wagen haben, haben wir also in ca. 2 Wochen über 4000 km runtergeleiert. Feuerprobe bestanden. Leicht deprimierte Stimmung: Fällt immerzu auf, dass das Zwergkalb nicht mehr da ist. Aber auch Erleichterung: Überstanden. Morgen muss ich ins Büro: Aber erst am Nachmittag! ;-)

Abschied

Sehr lange geschlafen. Nach dem Aufwachen war mein Magen noch immer so voll wie am Abend. Nochmal was für den Magen rein und nachschlafen. Dann gehts. Lerne Esteras Opa kennen, Kapitän, ganz begeistert, dass mein Opa auch zur See ging. Fotoalben und Gastgeschenke, wie schön es doch sei, dass Litauer und Deutsche sich ohne Krieg und Hass wieder begegnen würden und die Versicherung, dass mir sein Haus für immer offen stehe. Außerdem schenkt er mir einen wirklich schönen Bildband über die die Architektur von Vilna. Abschied. Ich fahre nach Kaunas, während die Löwin im Auto schläft. Dort packen wir alles im Auto um und ruhen uns noch ein wenig aus. Und wir bekommen endlich ein Autoradio. Nochmal Abschied. Gegen 22.00 Ortszeit fahren wir ab, gegen Mitternacht werden wir die Grenze überqueren.

Kurische Nehrung

Während man wartet, kann man zusehen, wie die vielen Angler bergeweise Fische aus dem Hafen von Klaipeda ziehen. Die Autofähre ist umsonst, dafür muss man ein paar km hinter dem Anleger eine „Umweltschutzgebühr“ bezahlen, wenn man weiterfahren will. Ich fühle mich gar nicht richtig wie am Meer. Zuviel Nadelgehölz bis an den Strand. Da wird mir klar, was fehlt: kein Salz in der Luft, kein Salz im Boden. Fühle mich (nicht erst hier auf der Nehrung) immer wieder wie in einem mystischen Land, Irland oder Cornwall vielleicht. Auf dem Gipfel des Hexenberges in Schwarzort warten viele Gestalten unter Sonne oder Schatten. Du kannst sie verspotten, mit ihnen spielen oder Dich auch gruseln. Auf dem Gipfel erwartet Dich dann Satan selbst. Bei Nida steigen wir auf die höchste Düne und sehen uns um. Das litauische Festland ist kaum mehr zu erahnen, der Landstreifen ist beängstigend schmal. Trotzdem: links Meer, rechts Meer, das wirkt alles irgendwie sehr befreiend. Den Abend verbringen wir zu viert im vielleicht besten Restaurant Litauens in Palanga bei Live-Musik und mehr Essbaren, als ein gewöhnlicher Magen fasst. Wieder zu voll, noch an Gripsholm zu denken.

Danket dem Herrn

Kaunas: Quarkbällchen, Kaffee mit Satz, Fotobände, Ansichtskarten, Sonnenbrille, Eheringe, Schuhe, Hochzeitskleid, Teufelsmuseum, Plünnen, Benzin Altstadt: Es gibt hier eine Kathedrale, die wir uns ansehen. Denke spontan: Danket Gott für unsere Sünden. Abend: 220 km nach Klaipeda, Wiedersehen mit Andrius und Estera, Degtine und viel zu Essen.

Blogging

Wer polnische Klos schlimm findet, sollte mal ein litauisches „Internet-Café“ aufsuchen. Mich überkommt noch immer ein leichter Ekel beim Gedanken, dass ich die Maus angefasst habe. Brautkleidanprobe. Lenkt die Löwin vielleicht ein wenig vom Zwergkalb ab. Ich spaziere durch Kaunas, abends dasselbe nochmal mit Löwin und Vidmis. In dieser Stadt könnte ichs aushalten. Ein Open-Air-Konzert fast vor der Haustür vermag uns nur vorübergehend zu fesseln, im Pub bleiben wir auch nicht so lange. Vidmis meint: Wenn wir jetzt eine Zitrone hätte, könnte ich zuhause einen „Kalashnikow“ bekommen. Die Zitrone beschaffen wir. Der Kalashnikow ist ein riesiger Schritt in Richtung pangalaktischer Donnergurgler. Soviel zur Theorie. Die Praxis auf meiner nächsten Party. Ich habe Bock auf Pizza und frage, ob es einen Bringdienst gibt. Vidmis: Ja aber dann könne er auch gleich eine Frau kommen lassen. Ich: Was ist denn teuerer? Vidmis: Die Pizza. Ich: Ich nehm die Pizza? Vidmis: Warum? Ich: Die gibts auch ohne Pilze.

Degtine

Abseits der Autobahn Kaunas-Vilnius machen wir, nach dem Abschied von Nijole, eine wunderschoene Landpartie. Trecker scheinen hier nur auf der Strasse zu fahren, vielleicht sind sie zu schade fuers Feld? Dort jedenfalls wird der Pflug noch von Pferden gezogen. Wir lernen Paulius kennen, der eine kleine Firma hat und mehrmals die Woche auf die Jagd geht. Wir testen Zwergkalbs verhalten bei Schuessen und wie er mit Voegeln umgeht. Die Gaense verbellt er, wie es sich gehoert und die Schuesse machen ihn neugierig. Dora, Paulius Huendin, versteckt sich lieber unter dem Auto. Bei Paulius ist es Liebe auf den ersten Blick. Trotzdem fahren wir noch zu einer Bauernfamilie, die auch gerne einen Hund haette. Aber als ich dort einen Koeter an einer Kette sehe, ist diese Familie fuer uns gestorben. Unter Traenen laesst die Loewin das Zwergkalb bei Paulius. Wir wissen, dass er es wunderschoen haben wird, auf die Jagd gehen wird, streunen kann, keine Angst vor Autos haben muss und dass wir weniger Stress haben werden. Trotzdem sind wir unheimlich traurig. Es ist vernuenftiger so. Abends kommen wir in Kaunas an, diesmal werden wir hier bleiben. Mit Vidmis, Loewins Bruder, vernichte ich eine huebsche Menge Degtine, das ist Vodka, waehrend wir uns auf Englisch unterhalten. The floor makes silly noises when I am trying to stand still.

Traenen

Wieder in Vilnius holen wir uns frisches Quellwasser etwas abseits von einer Landstrasse, das hervorragend schmeckt. Endlich kommen wir dazu, uns Vilna anzusehen. Der Unterschied zu Kaunas ist wie Dresden zu Leipzig. Vilna hat eine wundervolle Innenstadt, die aber sehr kulissenhaft wirkt und wo drumrum nur Dreck, Strassen und Hochhaeuser sind. Kaunas als Ganzes ist da schon eine schoene und ueberwiegend gepflegte Stadt. Als wir abends nach Hause kommen, hat das Zwergkalb archaeologische Ausgrabungen im Garten vorgenommen. Gintas ist sauer, die Loewin macht sich Vorwuerfe und ist ueberfordert und ich kann nicht helfen, weil alle drumrum Litauisch sabbeln. Irgendwann kommt die Idee hoch: Es gibt da doch einen Jaeger, der gerade keinen Hund hat… Nein, nein, das geht nicht! Aber je laenger wir darueber nachdenken, litauisches Landleben im vergleich zur Lueneburger 50-qm-Wohnung fuer einen Jagdhund… Das Ergebnis: Traenen und ein Entschluss.