Nochmal Autismus

Liebe Journalisten,

bitte denken Sie kurz nach, wenn Sie das Wort „autistisch“ in Ihrem Text verwenden möchten. Und dann denken Sie nochmal nach.

Autismus ist eine angeborene Wahrnehmungsstörung, die – stark vereinfacht – dazu führt, dass Autisten Schwierigkeiten haben, intuitiv Emotionen aus Körpersprache, Gesichtsausdrücken und „zwischen den Zeilen“ zu lesen. Viele haben außerdem Probleme mit der Filterung von Umweltreizen und sind permanenter Überflutung ausgesetzt. Für Autisten ist es deshalb äußerst anstrengend, in unserem normalen Alltagsleben zu bestehen, weshalb sie dazu neigen, sich zurückzuziehen, was Nicht-Autisten gerne falsch deuten.

Autismus ist keine psychische Störung. Autisten sind auch keine Psycho- oder Soziopathen. Sie haben die gleichen Gefühle wie alle anderen auch und sind genauso empathisch wie alle anderen auch.

Autismus hat nicht das geringste mit Egoismus, Egozentrik, Selbstbezogenheit, Ignoranz oder Narzissmus zu tun. Leider wird „autistisch“ in den meisten Fällen synonym zu genau diesen Begriffen verwendet. Wenn der Begriff „Autismus“ zur abwertenden Beschreibung mit moralischem Unterton verkommt, ist das verständlicherweise ein Problem für Autisten. Deshalb sollten Sie das Wort nur verwenden, wenn Sie wirklich über Autismus schreiben wollen.

Es taugt auch nicht zur Metapher, selbst wenn der Autor sie im Sinne seiner Wortbedeutung verstanden wissen möchte. Sie wird von den allermeisten Lesern falsch verstanden.
In den meisten Fällen ist die metaphorische Verwendung solcher Fremdworte sowieso Kennzeichen von Schwafelei, Wichtigtuerei oder soll verdecken, dass der Autor gar nicht so genau weiß, was er sagen will.

Es ist verständlich, dass Sie nur selten über Autismus aufklären können, da noch viele andere Themen ins Blatt wollen. Sie können aber dazu beitragen, das Leben von Autisten angenehmer zu gestalten, indem Sie das Wort nur in seiner korrekten Bedeutung verwenden. Ganz nebenbei werden Ihre Texte klarer und verständlicher.

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