Links der Woche

  • Längst überfälliges Plädoyer für das Alleine-Kochen:

    Die Gäste, die heute zum Essen kommen, bringen Salzflocken mit und wollen dem Gastgeber über die Schulter schauen, wenn er sich in der Küche ans Finishing macht. Seit Längerem gehört es zu den Basistugenden des kultivierten Mittelschichtsmenschen, dass er jederzeit und mit jedem über Ernährung reden kann, die Männer schauen sich Premiumfleisch nicht mehr im Playboy, sondern in Beef! an. Jeder hat etwas zu sagen, jeder sein Halbwissen immer dabei. Schon deswegen schmeckt das meiste Essen mittlerweile, als wäre es unendlich lang besprochen und anschließend im sozialen Netzwerk beschlossen worden. Egal, ob man nach Jamie Oliver, nach Tim Mälzer, nach Donna Hay oder nach einer dieser Rezeptwebsites kocht: Es ist immer dasselbe. Genderneutral, leicht, saisonal, aber nie verbissen, keine Innereien und sonstige Extreme, zum Schluss wird ein wenig Biozitronenschale darübergerieben, und alles ist so bekömmlich, als hätte noch eine Diätassistentin draufgeguckt. Gegen die Stammessen eins, zwei und drei, die von den Modeköchen kommen, schmeckt wahrscheinlich das Schlemmerfilet à la Bordelaise aus der Tiefkühltruhe wie eine kulinarische Offenbarung.

  • Martenstein: „In den Unterschichtswohnungen die Fernseher kaputtschlagen!“:

    »Wir müssen uns wehren«, sagte also der Kulturmanager. Er würde es gut finden, wenn kleine Gruppen, zwei oder drei Wohlhabende, tertiärer Sektor, nachts maskiert in die Unterschichtwohnungen einsteigen und dort die neuen, teuren Fernseher mit Eisenstangen kaputtschlagen. Wahrscheinlich würde das sogar Spaß machen. Anzünden sei leider zu gefährlich, man wolle ja keine Toten.

  • Ein Interview des FEED-Magazins mit Julia Probst (PDF, Seite 28):

    „BBC hat 100% Untertitel und Gebärdensprachdolmetschereinblendung. Wie auch die USA. Kanada. usw. Selbst die Niederlande ist bereits bei 80% Untertitel angelangt. Österreich hat 50-60%. In China wird alles auf mandarin untertitelt. In Japan war bei der Tsunami-Katastastrophe selbstverständlich alles mit Untertitel und Dolmetscher. In Australien bei der Pressekonferenz zu dem Zyklon Yasni stand selbstverständlich eine Gebärdensprachdolmetscherin bei der Pressekonferenz neben der australischen Ministerin. In Neuseeland ist die Gebärdensprache offizielle Amtssprache. Sogar bei der Revolution in Ägypten wurden im dortigen Fernsehen Untertitel und Gebärdensprachdolmetscher eingeblendet. Warum ist das in Deutschland nicht möglich, wenn das ein Schwellenland wie Ägypten hinkriegt? In Deutschland sieht es mit der Barrierefreiheit wirklich erbärmlich aus. Gehörlose können im Notfall die Polizei oder einen Krankenwagen nicht mal simpel über eine SMS bestellen.“

  • Die Ästhetik des Widerstands:

    Bei derart losen Verbindungen zwischen einzelnen Individuen erstaunt die Stringenz des öffentlichen Auftretens von Anonymous. Dabei fallen mehrere Gestaltungselemente auf, die stets wieder Verwendung finden.

  • Hartz IV: Den Leidensdruck erhöhen:

    Zuerst muss der Hartz-IV-Geschädigte sich das zusätzliche Geld von den Lippen absparen, um tatsächlich einen Nachhilfeunterricht für den Filius oder das Töchterlein zu bekommen, denn für 10 Euro im Monat läuft ja nichts. Hat er das getan, so ist das Problem nicht etwa erledigt, sondern es fängt erst an. In Frankfurt hatten Hartz-IV-Eltern ihrem Sohn eine Nachhilfe in Mathematik und Physik ermöglicht, aber seine Noten besserten sich nicht. Daraufhin forderte die ARGE das Geld zurück – eine ergfolglose Nachhilfe werde nicht bezahlt. Das Sozialgericht Frankfurt hat dies nun für rechtmässig erklärt.

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